Seiner kunstliebenden und energischen englischen Gemahlin ist es mit der Zeit jedoch gelungen, ihm die Bedeutung seiner Tätigkeit auf dem Gebiet von Kunst und Kunstgewerbe klarzumachen - zum Nutzen der Berliner Sammlungen. Die Kronprinzessin hatte auf Grund ihrer Erziehung und Begabung nicht nur ideelles Interesse an Kunstdingen. Sie war selbst über das im Hochadel Übliche hinaus künstlerisch tätig, machte Atelierbesuche, war Sammlerin, nahm Anatomie- und Zeichenunterricht und regen Anteil an Kunstfragen in ihrer alten wie ihrer neuen Heimat.4 "Kein irgendwie bedeutender oder einflußreicher Mann in der deutschen Kunstgewerbe-Bewegung, der nicht mit den Intentionen der Kronprinzessin in Berührung gekommen, in ihren Kreis gezogen wäre - kein grosses Kunstgewerbe-Atelier, dem sie nicht ihre Aufmerksamkeit geschenkt hätte - kein den kunstgewerblichen Zielen gewidmeter Verein, dem sie nicht ihr Interesse, wann es angerufen wurde, zugewandt."5 Allgemein wurden diese Anlagen auf den väterlichen Einfluß zurückgeführt.6 Von ihrem Vater hatte sie offenbar Begabung, Pflichtbewußtsein und Reformgeist geerbt. Nicht selten gelang es der Kronprinzessin, ihren oftmals eher zögerlichen Gemahl - auch er ein Bewunderer Prinz Alberts - für ihre Anliegen zu begeistern. Eines dieser Anliegen galt der Förderung des Kunstgewerbes, dessen Reform unter ästhetischen, marktwirtschaftlichen wie sozialen Gesichtspunkten seinerzeit vielfach diskutiert wurde. Das englische Vorbild: das South Kensington Museum und die Gründung des Deutschen Gewerbemuseums

Im Jahre 1865 gab Kronprinzessin Victoria dem Berliner Nationalökonomen Hermann Schwabe den Auftrag, in England den Erfolg der dortigen Kunstindustrie-Schulen zu studieren und zu untersuchen, inwieweit solche Einrichtungen auch für Preußens Wirtschaft gewinnbringend sein könnten. Schwabe studierte die Verhältnisse in London und die Schriften Henry Coles7 und legte ein Jahr später (1866) eine Denkschrift vor, die er der Auftraggeberin widmete und in der er derartige Schulen befürwortete. Schwabe ging sogar noch einen Schritt weiter und regte an, es müsse "auch in Berlin der wichtigste und nächste Schritt zur Förderung einer künstlerischen Bildung der gewerblichen Classen die Errichtung eines Museums für die industrielle Kunst sein".8