Victoria hatte es nicht nötig, wie Elizabeth I. ein Staatsportrait zu erlassen, um zu jener bemerkenswerten Uniformität ihres Portraitbildes zu gelangen, die die Endphase ihrer 60jährigen Regierung auszeichnete. Nach ihrer Heirat mit Prinz Albert im Jahre 1840 verzichteten die Künstler auf jene Portraits, die mehr mit zeitgenössischen Modedarstellungen als mit traditioneller königlicher Ikonographie zu tun hatten, und portraitierten Victoria als häusliche Herrscherin. Damit wurde ein Portraitbild kodifiziert, das durch den vorbildlichen Lebenswandel, den es präsentierte, zugleich das öffentliche Verlangen nach einer Reform des königlichen Familienlebens befriedigte. In den späteren Jahren ihres Lebens schuf das glückliche Zusammentreffen mehrerer Faktoren - ein prosperierendes Britisches Weltreich, ihre eigene Langlebigkeit und ihre vielfache Mutterschaft - die Grundlage für die Fortentwicklung dieses Bildes zur Ikone mütterlicher Standhaftigkeit und zum dauerhaften Symbol der imperialen Macht Großbritanniens im 19. Jahrhundert. Victorias spätere Portraits holten zwar das dynastische Bild in die königliche Ikonographie zurück, aber in ihrer bürgerlichen Verherrlichung der persönlichen Verdienste der Königin blieben sie genauso zeitgebunden wie das Bild der Königin Elizabeth I. in seinem aristokratischen Beharren auf dem monarchischen Absolutismus.Aus dem Englischen von Robin Cackett
1Bentley`s Miscellany, Bd. 4,1838, S. 240-248. 2 Ebd., S. 247. 3 Ebd., S. 243 und S. 247. 4 Ebd., S. 248. 5 Zu den Bildnissen EIizabeths I. siehe Strong, Roy: Gloriana, the Portraits of Queen Elizabeth 1. London 1987. 6 Blackwood's Magazine, Bd. 29, März 183 1, S. 517. 7 Bentley`s, S. 242. 8 The Court and Ladys Magazine, Januar 1838, S. 133. 9 Bentlcy's, S. 243, spezifiziert nicht, auf welches der beiden 1838 von Chalon gmalten Portraits Bezug genommen wird; beide sind jedoch gleichermaßen nichtssagend. Das andere Portrait aus der Königlichen Sammlung in Belgien zeigt Victoria in Staatsgarderobe bei ihrem ersten Besuch des Oberhauses und war so beliebt, daß die Stiche zur Vorlage für die ersten Briefinarkcn genommen wurden; siehe Ormond, Richard: Early Viciorian Portraits. 2 Bde., London 1973, S. 481. 1 0 Bentlcy's S. 243. 1 1 Ebd. Zu ihrem Platz in der Royal Academy siehe Cunningham, Allan: The 1ife of Sir David Wilkie. 3 Bde., London 1843, S. 244. Die Ausstellungsnummern der beiden Gemälde finden sich in Ormond, Richard: 1973, vgl. Anm. 9, S. 480.
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