Berliner Morgenpost, 03.04.1999

 

Vom Grauen der Flucht

Erschreckend aktuell: Deutsches Historisches Museum erwarb Ferrers "Exodus"

Das Bild zeigt Menschen auf der Flucht: Unter dramatisch verdüstertem Wolkenhimmel ziehen Frauen, halbwüchsige Jungen, Mütter und Kinder mit Planwagen und ein paar Habseligkeiten gebeugt und erschöpft einem ungewissen Ziel entgegen. Am fernen Horizont sind brennende Häuser zu sehen - ist das eine Darstellung des Flüchtlingselends im Kosovo?

Keineswegs. Der spanisch-republikanische Maler Horacio Ferrer de Morgado (1894-1978) malte sein Bild der Flüchtlingsleiden schon vor mehr als 60 Jahren während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-39). Der Krieg entbrannte, als der faschistische General Francesco Franco (mit militärischer Unterstützung durch Italien, Deutschland und Portugal) gegen die Republik Spanien putschte. Ferrer schildert die Massenflucht, die nach der Bombardierung andalusischer Küstenstädte durch die deutsche "Legion Condor" einsetzte.

Das Deutsche Historische Museum (DHM) stellt das lange verschollen geglaubte Ferrer-Gemälde jetzt als Neuerwerbung im Kronprinzenpalais vor. Ferrer schuf das Bild des ,Exodus" als Pendant zu seinem Kriegsgemälde "Schwarze Flugzeuge", das auf der Pariser Weltausstellung von 1937 starken Eindruck machte und mit Pablo Picassos Wandbild "Guernica" verglichen wird.

"Exodus" zählt zu den bedeutendsten Bildern aus der Zeit der spanischen Republik. Mit ihm endete auch die malerische Arbeit Ferrers, der unter dem Franco-Regime zu Berufsverbot und Zwangsarbeit verurteilt wurde. Nach Wiedereröffnung des DHM im Jahr 2002 wird Ferrers "Exodus" in der Abteilung "Europa unter den Diktatoren der dreißiger Jahre" an den Spanischen Bürgerkrieg erinnern.

 


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