Die Nationalversammlung in der Paulskirche 1848

Mediathek

10. Welche Bedeutung hat die Nationalversammlung für uns heute?

Das Scheitern der Nationalversammlung bedeutete keineswegs das Ende des deutschen Parlamentarismus. Fast 50 Prozent der Abgeordneten führten ihre Karriere als Abgeordnete weiter, in Länderparlamenten, im Norddeutschen oder Deutschen Reichstag 1871. Ihre Erfahrungen aus der Paulskirche brachten sie dabei erfolgreich mit ein.

Der Ruf nach einem deutschen Nationalstaat und einer angemessenen Vertretung des Volkes verstummte nicht, sondern hatte vor allem in den 1860er Jahren wieder Konjunktur. Das Scheitern der Nationalversammlung und die damit verbundene Restaurierung der fürstlichen Macht führte allerdings im Vergleich zu den anderen westeuropäischen Staaten und den USA zu einer „verspäteten Nationalstaatsgründung“. Diese wird häufig von Historikern für einen sogenannten deutschen Sonderweg verantwortlich gemacht, der letztlich zu Großmachtstreben, Erstem und Zweiten Weltkrieg und Nationalsozialismus geführt haben soll. Wobei fraglich bleibt, ob das Scheitern der Revolution zu einem besonderen Politik- und Staatsverständnis oder umgekehrt ein besonderes Verhältnis zu „Macht“ und „Volkssouveränität“ zum Nicht-Gelingen 1848/49 führte.

Die Verfassung der Paulskirche diente für jede weitere deutsche Verfassungsgebung vorbildhaft. Während 1871 nur wenige Teile als Vorlage dienten und vor allem die Grundrechte unter den Tisch fielen, griff die Weimarer Nationalversammlung das meiste wieder auf. Aber während auch hier die Grundrechte in den Text integriert und somit den Gesetzen gleichgestellt wurden, schlugen die „Väter und Mütter des Grundgesetzes“ 1949 einen anderen Weg ein. Nach den Erfahrungen der Zeit des Nationalsozialismus stellten sie die unveräußerlichen Menschenrechte den Gesetzen voran und machten so deutlich, dass diese vor aller staatlicher Regelung das natürliche Recht eines jeden Menschen sind. Gleichzeitig stellten sie sich aber in die Tradition der Paulskirche, in der sich die Bundesrepublik Deutschland heute noch sieht. Als Beispiel und Ausdruck der „Volkssouveränität“, des Rechtes auf Selbstbestimmung eines Volkes, sollte die Nationalversammlung aber immer Vorbild und Mahnung zugleich bleiben.