Friedrich von Bodelschwingh 1831-1910

Theologe

  • 1831
    6. März: Friedrich von Bodelschwingh wird als sechstes Kind des preußischen Ministers Ernst von Bodelschwingh und dessen Frau Charlotte in Tecklenburg geboren. Die Familie entstammt einem alten westfälischen Adelsgeschlecht.
    Im Kindesalter ist Bodelschwingh Spielgefährte des preußischen Kronprinzen und späteren Kaisers Friedrich III..
  • 1849-1851
    Bodelschwingh erhält eine landwirtschaftliche Ausbildung.
  • 1851-1854
    Tätigkeit als Gutsverwalter in Gramenz/Pommern (heute: Polen). Damit übt Bodelschwingh einen standesgemäßen Beruf für einen Adligen aus, der kein Landerbe zu erwarten hat.
    Die Konfrontation mit dem Elend der Landarbeiter führt Bodelschwingh dazu, sich seiner Angestellten in Form patriarchalischer Fürsorge anzunehmen.
    Begegnungen mit der Erweckungsbewegung, einer innerprotestantischen Erneuerungs- und Frömmigkeitsbewegung, bringen Bodelschwingh zu dem Entschluss, Theologie zu studieren, um Missionar werden zu können. Die Erweckungsbewegung bildet eine spirituelle Opposition gegen den Rationalismus der Aufklärung.
  • 1854-1858
    Während seines Theologiestudiums in Basel, Erlangen und Berlin lernt er seine theologischen Vorbilder Christian Heinrich Zeller (1779-1860), Friedrich Spittler (1782-1867), Wilhelm Löhe (1808-1872) und Johann Christoph Blumhardt (1805-1880) persönlich kennen.
  • 1858-1864
    Tätigkeit zunächst als Hilfsprediger, dann als Pfarrer in der deutschen Gemeinde in Paris. Armer deutscher Arbeiterfamilien in Paris nimmt er sich fürsorglich an.
  • 1861
    Er heiratet seine Cousine Ida von Bodelschwingh. Aus der Ehe gehen acht Kinder hervor, darunter der das Lebenswerk seines Vaters als Leiter der Bodelschwinghschen Anstalten fortsetzende Sohn Friedrich von Bodelschwingh (1877-1946).
  • 1864-1872
    Pfarrer in Dellwig/Ruhr.
  • 1866
    Tätigkeit als Feldprediger im Preußisch-Österreichischen Krieg.
  • 1869
    Januar: Binnen vierzehn Tagen sterben vier Kinder des Ehepaars Bodelschwingh an Diphterie.
  • 1870/71
    Einsatz als Feldprediger im Deutsch-Französischen Krieg.
  • 1872
    Bodelschwingh wird Leiter der "Rheinisch-westfälischen Anstalt für Epileptische" bei Bielefeld (später Bethel).
  • 1873
    Das neu gebaute Pflegehaus für Epileptiker ermöglicht die Aufnahme von über 150 Kranken.
    Bodelschwingh übernimmt das Amt des Vorstehers in der westfälischen Diakonissenanstalt "Sarepta", deren Mutterhaus sich neben der "Anstalt für Epileptische" befindet.
    Es entsteht eine kirchlich und kommunal selbständige Siedlung kleinstädtischen Charakters mit über 4.000 Kranken und Gesunden, die wie in einer großen Familie zusammenleben und gemeinsam arbeiten (Arbeitstherapie). Die "Stadt der Barmherzigkeit", wie Bethel in Kreisen der Inneren Mission genannt wird, besitzt eigene Handwerksbetriebe, Mitarbeiterwohnhäuser, kommunale Einrichtungen, eine eigene Strom- und Wasserversorgung, kirchliche Versammlungsräume, Schulen und Ausbildungsstätten für angehende Pastoren.
    Das von Bodelschwingh aufgebaute diakonische Werk Bethel versteht sich als ein Gegenentwurf zur Verstädterung der modernen Industriegesellschaft.
  • 1878
    Er gründet die Diakonenanstalt "Nazareth" und ermöglicht damit jungen Männern den Einsatz in Krankenpflege und Sozialarbeit.
    Neben die Fürsorge an den Epileptikern treten die Betreuung von psychisch kranken Personen und in unterschiedlichem Grade behinderten Menschen sowie die Sorge für die Nichtsesshaften (Unterbringung, Beköstigung, Arbeitsvermittlung).
  • 1885
    Bodelschwingh gründet den Betheler Verein "Arbeiterheim" und errichtet eine Eigenheimsiedlung für die Mitarbeiter in Bethel.
  • 1890
    Er wird Vorstandsmitglied der "Evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika".
  • 1896
    Die Missionsgesellschaft wird nach Bethel verlegt und als "Bethel-Mission" in die Anstaltsarbeit integriert. In Lutindi in der Kolonie Deutsch-Ostafrika (heute: Tansania, Burundi, Ruanda) entsteht ein Krankenhaus für Epileptiker und geistig Behinderte.
  • ab 1898
    Für die Nichtseßhaften, die sogenannten Wanderarmen, ruft Bodelschwingh unter dem Motto "Arbeit statt Almosen" Kolonistenhöfe in der Senne, in Freistatt bei Sulingen und in Hoffnungstal-Lobetal bei Berlin ins Leben.
  • 1904-1908
    Mitglied des Preußischen Landtags.
  • 1905
    Als Abgeordneter für die Neue Konservative Partei im preußischen Landtag setzt Bodelschwingh das "Wandererarbeitsstättengesetz" durch. Das Gesetz soll die Errichtung von Wanderstationen bewirken, in denen dem mittellosen Wanderer gegen Arbeitsleistung Verpflegung und Obdach gewährt wird.
    Bodelschwingh ruft die von ihm seit 1895 geplante "Theologische Schule Bethel" ins Leben und eröffnet ein Predigerseminar. Im "Kandidatenkonvikt" können die angehenden Pfarrer vormittags studieren und nachmittags praktische Erfahrungen in der Krankenhausarbeit sammeln. Die "Theologische Schule Bethel" soll eine Alternative zur herrschenden liberalen Theologie darstellen.
    Die Erwachsenenbildung seiner Mitarbeiter unterstützt Bodelschwingh durch zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen und durch den Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften.
  • 1910
    2. April: Friedrich von Bodelschwingh stirbt in Bethel.
    Der von Bodelschwingh geschaffene Anstaltskomplex wird zum Modell für viele in der Folgezeit gegründete Fürsorgeeinrichtungen.
Marion B. Schmitt
14. September 2014

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