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Die Fifties - Teil 13
Sicherlich, die "Wirtschaftswunderkinder" schauten leicht naiv und ungläubig
auf das ihnen widerfahrene Glück. Es war die Zeit des "kleinen Mannes",
der sich als "nur Mitläufer" des Dritten Reiches nun als davongekommenes
Stehaufmännchen wieder bewähren konnte. Innerhalb weniger Jahre
tauschte er seine unförmige Kriegs- und Heimkehrerkluft mit der futuristischen
Plastikwelt aus Nylon, Perlon und Trevira. Kaum den Trümmern entkommen,
stellte er fest, daß an der nächsten Ecke schon der "Boulevard
der Träume" auf ihn wartete. Mit viel Glück, mit Fleiß und
einer insgesamt erfolgreichen Politik konnte er sich einen Teil davon verwirklichen:
wahrlich - ein amerikanischer Traum.
Auch wenn nicht wenige zweifelhafte Karrieren darunter
zu finden waren, war es für den Staat und sein Experiment, die Demokratie
zu gründen, eine Traumkarriere. Gescheitert hingegen ist die Adenauersche
Politik an der Frage der Wiedervereinigung, aber diese konnte sie selbst
nicht entscheiden. Hierin war sie auf die Beschlüsse der Siegermächte
nach wie vor angewiesen. Als sich der Ost-West-Konflikt Mitte der 50er
Jahre entspannte, hatten inzwischen die ehemaligen Sieger kein besonders
Interesse an einer Veränderung des Status quo und dem Abschluß
eines Friedensvertrages. Im Gegenteil - es schien, als sei den Besatzungsmächten
ihre jeweilige Einflußnahme auf dieses Wirtschaftswunderland bei
weitem lieber als ein wiedervereintes Deutschland. Der Bau der Berliner
Mauer 1961 war zwar offiziell eine weltweit beklagte Unrechtstat, aber
die westlichen Schutzmächte reagierten - für viele Deutsche
überraschend - ziemlich nüchtern darauf. Der Streit um die atomare
Bewaffnung, die Spiegel-Affäre, der Mauerbau und vieles mehr bereiteten
das Ende der Adenauer-Ära vor. Die Bundestagswahl von 1961 brach die absolute
Mehrheit der CDU/CSU-Regierung. Die Westdeutschen schauten auf Berlin
und dort vor allem auf einen neuen Politiker: Willy Brandt.
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