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Was war
der Kalte Krieg?

(von Wilfried Loth)

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Das Ende des Ost-West-Konflikts

 

Plakat des "Deutschen Friedensrates", 1956              

Daß der Ost-West-Konflikt schließlich doch, für alle Beteiligten überraschend schnell, zu Ende ging, war, das muß gegen einen allzu durchsichtigen Versuch der Legendenbildung festgehalten werden, nicht ein Erfolg westlicher Politik der Stärke. Die Durchführung des "Nachrüstungs"-Beschlusses und die Modernisierungsanstrengungen der Reagan-Administration mögen die sowjetische Einsicht beschleunigt haben, daß der technologische Wettlauf von der Sowjetunion nicht gewonnen werden konnte, doch war diese Einsicht früher oder später ohnehin unvermeidlich. Im übrigen haben Verweigerung von Kooperation und aggressive westliche Rhetorik wiederholt dazu beigetragen, frühere Ansätze der Perestroika wieder zunichte zu machen.

    

Entscheidend für die Überwindung des Sicherheitsdilemmas war vielmehr zunächst das geduldige Beharren all derjenigen, die sich um ein Durchlässigmachen der Blockgrenzen bemühten. Sie trugen damit dazu bei, daß die westlichen Prinzipien im sowjetischen Machtbereich Verbreitung fanden und bis zur Spitze des sowjetischen Imperiums vordrangen, und sie erleichterten mit ihrer Kooperationsbereitschaft der sowjetischen Führung den Abschied von den alten Einkreisungsängsten. Entscheidend war sodann und vor allem, daß Michail Gorbatschow und die Reformer, für die er stand, den Schritt aus der Festung des Kalten Krieges heraus tatsächlich gewagt haben. Dieser Schritt folgte gewiß aus der Einsicht der desolaten Lage des Sowjetimperiums; er wurde mit dem Mut der Verzweiflung unternommen. Dennoch war er alles andere als selbstverständlich. Niemand konnte voraussagen, zu welchem Zeitpunkt er erfolgen würde.

    

Plakat von John Heartfield zum 1. Mai 1932Die Rede vom westlichen Sieg im Kalten Krieg ist damit ziemlich irreführend. Zu registrieren ist weder ein militärischer Sieg noch ein politischer Durchbruch der Westmächte. Vielmehr haben sich die Prinzipien der westlichen Zivilisation auch im Machtbereich der Sowjetunion durchgesetzt, zumindest als Programm. Das ist etwas ganz anderes: Es ist neben und vor dem Erfolg westlicher Entspannungspolitik auch ein Erfolg der sowjetischen Führer: Sie haben ein Imperium verloren, aber auch Verbündete gewonnen, die ihnen bei der überfälligen Neuordnung des bisherigen Regimes helfen können. Vor allem haben sich aber die Völker der bisherigen Sowjetunion von den Lasten einer 45jährigen Überspannung ihrer Kräfte befreit.

Anders als es die bipolare Weltsicht nahelegt, war der Kalte Krieg nie ein Konflikt zwischen zwei im Prinzip gleichrangigen Größen, sondern ein Konflikt zwischen dem prinzipiell eine Vielzahl von Lebensformen und Machtkonfigurationen zulassenden westlichen System und der tendenziell totalitären Verabsolutierung einer dieser Möglichkeiten im Ostblock. Für die westlichen Prinzipien war darum, das war bei nüchterner Betrachtung schon früher zu sehen und ist im Rückblick vollends deutlich geworden, von einer offenen, das heißt kooperativen und jede Chance zur Entspannung nutzenden Systemkonkurenz nicht zu befürchten, vielmehr alles zu erhoffen.

   

Notenschreiber Stalin, 1952Insofern bleibt nach dem Ende des Ost-West-Konflikts neben der Erleichterung, daß dem Kalten Krieg nun die Grundlage entzogen ist, das Bedauern, daß diese Chancen nicht früher und konsequenter genutzt wurden. Weder lassen sich die unnötigerweise vergeudeten Ressourcen zurückholen noch kann man die Deformationen in den Biographien so vieler Zeitgenossen des Kalten Krieges einfach wieder zurechtrücken, und schon gar nicht lassen sich die Opfer sowjetischer Repression wieder zum Leben erwecken, für die der Kalte Krieg zumindest mitverantwortlich ist. Die Überlebenden des Kalten Krieges stehen vor einer Last, an der sie noch lange zu tragen haben.

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