Auf Aquarellbildern der Ausstellungsräume von Marlborough House aus dem Jahre 1856 (Abb. 2) ist ein kleiner Saal voller dichtgedrängter dekorativer Kunstgegenstände zu sehen, darunter eine ansehnliche Sammlung von Porzellanwaren aus Sèvres, Meißen und dem Orient. Im Katalog war zu lesen: "Das Museum beabsichtigt, nicht nur Kunstwerke zu zeigen, die als gestalterische und kunsthandwerkliche Meisterleistungen ausgewählt wurden, sondern auch solche, die in Hinblick auf die historische Abfolge der Manufakturwaren ausgesucht wurden."16

Man versuchte, das Museum einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen: An zwei Wochentagen war der Eintritt frei, während drei Tage für Studenten reserviert waren, in denen sie die Sammlungen studieren konnten. Die Bestände wuchsen rasch, und Marlborough House platzte schon bald aus allen Nähten. Da der Prince of Wales sich seinem 18. Lebensjahr näherte und demnächst eine eigene Stadtresidenz benötigte, mußte das Palais ohnehin bald wieder für den Privatgebrauch der königlichen Familie geräumt werden.

Das Museum in South Kensington

Nach einer politischen Auseinandersetzung wurde 1854 deutlich, daß die National Gallery nun doch nicht nach South Kensington umziehen würde. Voller Ungeduld, einen Fortschritt auf dem Gelände in South Kensington zu sehen, konzentrierte der Prinz seine Aufmerksamkeit auf ein unregelmäßig geformtes Grundstück an der Südostecke des Areals. Er ging sogar so weit, auf Löschpapier einen Entwurf für die an dieser Stelle zu errichtenden Gebäude zu skizzieren, die seiner Ansicht nach "in gewisser Weise dem Plan des Palais Royale folgen sollten - Läden in einer Kolonnade und Wohnungen darüber".17 Der deutsche Architekt Gottfried Semper, der als technischer Dozent an Coles Marlborough House unterrichtete, wurde gebeten, ein Modell anzufertigen. Dieses Modell, das Albert aus eigener Tasche bezahlte, ist leider verloren: Sempers Arbeit wurde für zu ehrgeizig befunden; weshalb, läßt sich heute nur noch schwer sagen.