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Sie sind vielmehr in der spätviktorianischen Epoche "erfunden"
worden, zur gleichen Zeit übrigens, als auch die wilhelminische
Elite neue staatliche Rituale als angeblich alte ersann.
Ob man
diese Riten funktionalistisch analysiert, affirmativ auf die integrative
und identitätsstiftende Wirkung verweist und betont, daß
sie tief verwurzelte, weithin akzeptierte Werte reflektieren und
bekräftigen, oder aber kritisch als "Massenbeeinflussung"
interpretiert, als ein gelungenes Beispiel dafür, wie die
herrschende Elite Prunkentfaltung zur eigenen Herrschaftskonsolidierung
propagandistisch einsetzt (der Erzbischof von Canterbury, Edward
Benson, notierte nach den aufwendigen Feiern zu Queen Victorias
goldenem Jubiläum 1887 voll Genugtuung: "Noch Tage später
empfindet jedermann, daß der sozialistischen Bewegung Einhalt
geboten wurde") - in jedem Fall wird man mit Cannadine sagen
können, daß Traditionen und öffentliche Rituale
"erfunden", uminterpretiert oder unterdrückt werden
können.
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