Nur wenige Monate später erfuhr der Kaiser mit Bestürzung von Edwards Absichten, Osborne House der Royal Navy zu stiften. "Es ist geradezu schamlos und unerhört!" donnerte er. "Das eigenste Privatvermögen der Königin und den uns heiligen Platz, an dem sie wirkte, wo wir unsere Jugend zubrachten, und wo sie starb 2 Jahre nach ihrem Tode so zu zerstören!!"56 Wilhelm machte keinen Hehl aus seinem Ärger darüber, daß sein Onkel offenbar jeden Besuch in Berlin vermied.57 Er revanchierte sich seinerseits bei Edward, indem er dem deutschen Kronprinzen einen Besuch in England untersagte und den britischen König beschuldigte, er habe den Prinzen "hinter seinem Rücken" eingeladen in der doppelten, machiavellistischen Absicht, "einmal, seinen Sohn mit seinem Vater zu entzweien, und dann wolle er nach altem englischen Rezepte sich hier eines Mitgliedes der Familie sichern, das ihm als Spion und Kundschafter dienen und das er nach Gutdünken für seine Interessen benutzen könne".58 Edward erzürnte den Kaiser von neuem, indem er seinem Sohn Georg verbot, an der Hochzeit des deutschen Kronprinzen teilzunehmen.59 Als der britische Botschafter sich auf der Hochzeit beim Kaiser erkundigte, ob er eine Nachricht für den König habe, erwiderte Wilhelm: "Nein, weder Ihrem König, noch Ihrem Minister, überhaupt niemand in England habe ich etwas sagen zu lassen. Mit allen diesen Herren, insolange sie sich mir gegenüber nicht besser benehmen, will ich gar nichts zu tun haben."60 Damit wurde beklagenswert deutlich, daß die persönliche Animosität zwischen Onkel und Neffen zu einem gewichtigen Faktor in den sich verschlechternden Beziehungen der beiden Länder geworden war. Wie der deutsche Botschafter 1905 meinte: Die Haltung des Königs zeichne sich durch "eine tiefe Verstimmung ... gegen die deutsche Politik und leider auch besonders gegen die Person Seiner Majestät des Kaisers" aus.61 Edward äußerte sich nun auf eine Weise über den Kaiser, "die einem eine Gänsehaut macht".62 Die Verschlechterung der Familienbeziehungen war um so gefährlicher, als die dynastische Verbindung eine der wenigen Gemeinsamkeiten war, welche die beiden Länder noch zusammenhielt.63

Denn dem Antagonismus zwischen Deutschland und England lag natürlich ein Problem zugrunde, das viel tiefer reichte als alle königlichen Familienzwistigkeiten, nämlich das Streben des Reichs, sowohl in Europa wie in Übersee zur Weltmacht zu werden. Erste Vorboten der kaiserlichen Ambitionen waren bereits 1892 zu erkennen, als Wilhelm die "Grundgedanken" seiner Politik offenlegte: Deutschland solle die "Führung" in Europa übernehmen, indem es "eine Art Napoleonische Suprematie" durchsetze, dies allerdings, wie der Kaiser hoffte, "in friedlichem Sinn".64