Er besitzt laut Wilhelm von Bode die bedeutendste Kunstgewerbesammlung in Berlin.14 Weniger umfangreich, doch nur wenig in ihrer Bedeutung steht ihr die Sammlung des Rentiers Ferdinand Robert-Tornow nach.15 Diese Sammlung ist in den 70er Jahren schwer zu besichtigen. Der ursprünglich durchaus gesellige Ferdinand Robert, der sich nach einem Gut im brandenburgischen Tornow den Beinahmen zulegt, um sich von den zahlreichen anderen Roberts aus Berliner Hugenottenfamilien abzusetzen, ist im Alter kauzig geworden und läßt kaum noch jemanden in sein barockes Haus in der Johannisstraße, das er vollständig mit seiner Sammlung eingerichtet hat. Der Kronprinz und vor allem Victoria wissen aber den alten Herrn so zu becircen, daß er ihnen seine Sammlungen zeigt, der Kronprinzessin aus seiner reichen Sammlung an Renaissance-Schmuck eine Gürtelkette für ein Maskenfest leiht (vgl. Kat.Nr. III/82) und sie vor seinem kurz darauf erfolgten Tod zur Erbin seiner Sammlungen von fast 1.500 Stücken Kunstgewerbe einsetzt.Die Fülle des hereinfließenden hochwertigen Kunstguts scheint die Kronprinzessin erst eigentlich zur besessenen und systematischen Sammlerin gemacht zu haben. Das Erbe ist sehr vielfältig, es gibt ausgezeichnete Stücke jeder Gattung und jeden Materials von der Hochgotik bis ins 18. Jahrhundert, alles mit sicherem Gespür für Originalität erworben. Julius Lessing hat die Sammlung in Erwartung ihrer Einverleibung in das eben erst gegründete Kunstgewerbemuseum mustergültig inventarisiert und unübertroffen prägnant beschrieben und charakterisiert. Diese geradezu museale Sammlung, durch die Herauslösung aus ihrem bisherigen Aufbewahrungsort in eine weitläufige Junggesellenwohnung zusätzlich "neutralisiert", fordert geradezu auf, die schon bestehenden Kunstwerke des Kronprinzenpaars damit zu vereinigen und alles in eine Ordnung nach Zeit und Gattungen zu bringen. Vor allem sollen sie von den "modernen" Objekten einer geschmacklich unsicher gewordenen Wohnkultur, was Victoria immer stärker empfindet, getrennt werden. Sie beschließt, das durch einen Schwibbogen im Obergeschoß mit dem Kronprinzenpalais verbundene Prinzessinnenpalais am Opernplatz, und hier vor allem den Kopfbau des Heinrich Gentz, für ihre Sammlungen herrichten zu lassen. Diese Absonderung der Sammlungen von den eigentlichen Wohn- und Gesellschaftsräumen ist zwar für die persönliche Entwicklung der Kronprinzessin als Sammlerin von Bedeutung, für Berlin aber gewiß keine Neuigkeit mehr.
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