Die Südseite, einer weiträumigen Terrasse, auf deren Balustrade die Kaiserin ihre Sammlung an Bronzemörsern und die von der Königin Margherita von Italien geschenkten Prunkvasen als Blumenvasen unterbringt, zugewandt, mit ihren großen spätgotischen Fenstern und Altanen ist dagegen eher von der englischen Landschloßarchitektur der Tudor-Zeit abhängig. Die Fassade ist jedoch so mit den übrigen Schloßteilen unter einem sehr hohen "deutschen" Dach verzahnt, daß kaum ein stilistischer Bruch zu verspüren ist. Die Altane im Hof, als Unterfahrt konzipiert, bringt hingegen als Störfaktor die Renaissance in ihrer von Italien beeinflußten niederländischen Variante mit ins Spiel. Ein sehr sorgfältig ausgewogenes Spiel der Dekorationsformen, latente Symmetrien trotz scheinbar unregelmäßiger Fensteranordnungen, schweißen den gestreckt daliegenden Schloßbau zu einem homogenen Ganzen zusammen.

Mehr eigentlich noch als der Außenbau ist die raffiniert zu nennende Distribution der Innenräume Ausfluß des Plans, eine Art illustrierte, nacherlebbare europäische Kunstgeschichte vorzuführen. Solche Ideen sind nicht innerhalb eines knappen Jahres, das die Vorplanungen nur dauern, zu entwickeln, darüber muß schon früher nachgedacht worden sein. Wir erinnern uns an das Programm, das die Kronprinzessin mit ihrem Mann für die Berliner Museen und speziell wohl für ein Renaissance-Museum entwickelt hatte. Geläutert durch die Professionalität Wilhelm von Bodes, dem mehr vorschwebt als nur ein Sichwohlfühlen unter Kunstwerken, werden solche Ideen mit dem Bau des Kaiser-Friedrich-Museums von Ernst Eberhard von Ihne (den sie ein wenig gegen den Willen Bodes als Architekten durchsetzen kann) tatsächlich ins Werk gesetzt werden. Ihne kommt dabei jedenfalls der Umgang mit der Initiatorin und deren in Friedrichshof formgewordenen Ideen sehr zugute.

Die Kaiserin will, daß ihr privates Schloß ein Denkmal ihrer Ehe und ihrer liebevollen Verbundenheit mit ihrem alten wie neuen Vaterhaus und Vaterland symbolisieren soll; sie nennt es Friedrichshof als ständige Erinnerung an ihren Mann. Es soll den während 30 Ehejahren angesammelten Kunstschätzen aus vielen Jahrhunderten ein adäquates Heim geben. Der Eingangsportikus ist, wir haben es gesehen, der Renaissance als der Mutter der neueren Kunstentwicklung gewidmet, er ist dem verstorbenen Gemahl wie eine Gedächtniskapelle ähnlich den Florentiner Familienloggien gewidmet. Die darauf folgende zweigeschossige Halle in ihrer für England typischen Form der "Hall" mit einem monumentalen Kamin, mit breiter hölzerner Treppe und den "Royal Beasts" - Löwe und Einhorn - auf den Pfosten soll daran erinnern, daß der Gast hier das Haus einer geborenen Engländerin betritt.