Das Beisammensein der königlichen Familie wurde zur Grundlage der wichtigsten Bilder, die zwischen 1840 und 1861 entstanden, nämlich der zahlreichen Familienportraits wie zum Beispiel Sir Edwin Landseers Windsor Castle in Modern Times (Abb. 5) von 1841-1845, auf dem Victoria mit dem soeben von der Jagd zurückgekehrten Albert und ihrer ältesten Tochter Vicky zu sehen ist, oder auch des zwangloseren Blicks hinter die Kulissen wie in Carl Haags Bild eines Familienausflugs, Morgen in den schottischen Highlands von etwa 1835 (vgl. Kat.Nr. I/41). Selbst offizielle Staatsbesuche wurden benutzt, um Victorias bewundernswerte Pflichterfüllung in beiden Welten, der häuslichen ebenso wie der öffentlichen, hervorzuheben, so etwa in Edward Matthew Wards Gemälde von Victorias historischem Besuch am Grab Napoleons im Jahre 1855, das die Königin in Begleitung ihrer beiden ältesten Kinder, der Princess Royal und des Prince of Wales, sowie ihres Gatten Prinz Albert zeigt (Abb. 6).So intime und häufige Ansichten der Königsfamilie waren in der königlich britischen Ikonographie bislang beispiellos, erwiesen sich jedoch für Victorias Popularität und für die Popularität der britischen Monarchie insgesamt als entscheidend. Simon Schama hat in einer Studie untersucht, wie sich die königlich britische Ikonographie im Lauf des 19. Jahrhunderts vom Dynastischen zum Häuslichen entwickelte und welche Bedeutung sie für den Erhalt der britischen Monarchie selbst hatte. Er schreibt: "Jene Monarchien, die bis ins ausgehende 20. Jahrhundert überlebt haben, erreichten dies durch eine geschickte Verbindung von Rituellem und Prosaischem, von hohem Zeremoniell und bürgerlicher Entmystifizierung, von Gartenparties und Salböl."
Die Verknüpfung von Außergewöhnlichem und Profanem in Victorias Portraits zeigt Schama unter anderem an Landseers Windsor Castle in Modern Times auf, in dem romantische Elemente wie Alberts Freischütz-Stiefel mit einer Einhaltung der viktorianischen Geschlechterhierarchie kombiniert wurden: "die stehende Ehefrau-Königin" wendet sich dem "sitzenden Ehemann-Prinzen" zu. Ganz ähnlich auf Haags Aquarell eines romantischen Ausflugs ins schottische Hochland: einerseits wird die Partie von traditionell gekleideten schottischen Dienern begleitet, andererseits wird sie vom Haushaltsvorstand Prinz Albert angeführt, dem die Familie pflichtbewußt folgt.
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