Indem Victorias Künstler die gewöhnlicheren Aspekte an ihrem von Geburt außergewöhnlichen Leben hervorhoben, machten sie es den Untertanen der Königin möglich, ihre eigenen Sehnsüchte mit denen der königlichen Familie zu verknüpfen. Victoria selbst war sich der Bedeutung dieses Zusammenhangs teilweise bewußt, wie ein Brief von 1844 an ihren Onkel Leopold, König der Belgier, zeigt: "Es heißt, kein Souverän sei jemals mehr geliebt worden als ich (und ich bin kühn genug, es zu bestätigen), und zwar wegen unseres gemütlichen Heims und des guten Vorbilds, das es abgibt."() Was Victoria nicht erkannte, war, wie sehr ihre Popularität von diesem Bild abhing und wie schnell sie daher in Ungnade fallen mußte, sobald sie sich den Augen der Öffentlichkeit entzog.Die trauernde Witwe
Victorias überwältigende Traurigkeit und Niedergeschlagenheit nach Alberts Tod im Jahre 1861 führte dazu, daß sie sich über ein Jahrzehnt fast vollständig aus der Öffentlichkeit zurückzog. Am Anfang wurde ihre Absonderung noch als ein lobenswertes Zeichen ihrer ehelichen Hingabe an den Gatten toleriert, und man bewunderte Portraits wie Albert Graefles Bildnis der trauernden Königin von 1864 (Abb. 7), weil es ein beredtes Zeugnis für Victorias unsterbliche Zuneigung zu Albert ablegte, dessen Büste auf Graefles Portrait ebenfalls zu sehen ist. Aber nach einer Weile begann man, Victorias anhaltende Weigerung, an anderen zeremoniellen Anlässen als der Enthüllung von Denkmälern für Albert teilzunehmen, für übertrieben und selbstgefällig zu halten. Ja, ihre Abwesenheit holte ein Traktandum auf die öffentliche Tagesordnung zurück, das seit der Regierungszeit ihrer Onkel nicht mehr so leidenschaftlich diskutiert worden war: die Frage nach der Relevanz der Monarchie selbst. 1869 schrieb ein Kommentator in The Galaxy: "Georg IV. lieferte nur ein Argument gegen schlechte Könige - Königin Victoria wird vielleicht einmal als Sinnbild für die Nutzlosigkeit des bestmöglichen aller Souveräne angesehen werden." Und zwei Jahre später, im Jahr 1871, konnte Walter Bagehot behaupten, Victoria habe "durch ihren langen Rückzug vom öffentlichen Leben der Popularität der Monarchie fast so viel Schaden zugefügt wie der unwürdigste ihrer Vorgänger durch seine Verworfenheit und Frivolität ..."
![]()