Philosoph, Soziologe und Wissenschaftstheoretiker
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1902
28. Juli: Karl Raimund Popper wird als Sohn des jüdischen Rechtsanwalts Dr. Simon Siegmund Carl Popper und dessen Frau Jenny (geb. Schiff) in Wien geboren.
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1918
Popper verlässt vorzeitig die Schule und belegt an der Universität Wien als Gasthörer Vorlesungen in den Fächern Mathematik, Psychologie, Geschichte und Philosophie.
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1919
Er tritt einer sozialistischen Studentenvereinigung bei und nimmt an einer Demonstration zur Befreiung inhaftierter Kommunisten teil, in deren Verlauf mehrere Demonstranten von der Polizei erschossen werden.
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1920-1922
Schüler am Wiener Konservatorium, Abteilung Kirchenmusik.
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1924
Abschluss einer Lehrerausbildung in den Fächern Mathematik, Physik und Chemie. Gleichzeitig erfolgreicher Abschluss einer Tischlerlehre, die er 1922 begonnen hatte. Popper arbeitet fortan als Erzieher.
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1925
Aufnahme eines Studiums am Pädagogischen Institut in Wien.
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1928
Promotion bei dem Psychologen und Sprachtheoretiker Karl Bühler (1879-1963) an der Universität Wien mit dem Thema "Zur Methodenfrage der Denkpsychologie". Im folgenden Jahr tritt Popper in regen Austausch mit dem "Wiener Kreis" um Moritz Schlick (1882-1936), Rudolf Carnap (1891-1970) und Otto Neurath (1882-1945), in deren Zirkel vor allem erkenntnistheoretische und logische Probleme diskutiert werden.
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1930
Eheschließung mit Josefine Anna Henninger.
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1930-1937
Lehrtätigkeit an einer Wiener Schule in den Fächern Mathematik und Physik.
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1934
Poppers wissenschaftstheoretisches Hauptwerk "Logik der Forschung" erscheint. Darin setzt er sich kritisch mit der Tradition des logischen Empirismus auseinander, demzufolge in den Wissenschaften nur empirische Beobachtungen Grundlage für bedeutungsvolle Aussagen seien. Um sich schrittweise der Wahrheit zu nähern, müsse eine Theorie widerlegt ("falsifiziert") werden, anstatt sie beweisen ("verifizieren") zu wollen.
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1935/36
Mehrmonatiger Aufenthalt in England, Begegnungen mit dem Philosophen Bertrand Russel (1872-1970), dem Kunsthistoriker Ernst Gombrich (1909-2001) und dem Physiker Erwin Schrödinger (1887-1961).
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1937
Angesichts der politischen Lage in Europa und des drohenden "Anschlusses" Österreichs an NS-Deutschland nimmt Popper eine Dozentenstelle für Philosophie am Canterbury University College im neuseeländischen Christchurch an. Vor Ort gründet er mit Freunden ein "jüdisches Flüchtlingskomitee", das jüdischen Familien die Ausreise nach Neuseeland zu erleichtern versucht.
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1944
Sein sozialphilosophisches Werk "The Poverty of Historicism" (dt. 1965 "Das Elend des Historizismus") erscheint in drei Artikeln in der Zeitschrift "Economica". Desillusioniert vom doktrinären Charakter der kommunistischen Lehre setzt er sich hier mit der marxistischen Weltanschauung auseinander. Er kritisiert den Historizismus als historischen Determinismus, demzufolge Geschichte als Ganzes strikt nach Naturgesetzen verlaufe und eine "Logik der Geschichte" zu erkennen sei. Er postuliert demgegenüber, dass Geschichte nur als Verlauf einzelner Ereignisse studiert werden könne und im Gesamtverlauf immer unbestimmt bleibe.
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1945
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs fallen 16 Familienangehörige Poppers dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer.
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1946
Rückkehr nach London und Annahme eines Lehrauftrages für Philosophie an der London School of Economics.
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1949
Professur für Logik und wissenschaftliche Methodenlehre an der University of London, reger intellektueller Austausch mit Ernst Gombrich und dem Ökonomen Friedrich August von Hayek (1899-1992).
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1961
Auf dem Soziologentag in Tübingen kommt es zwischen Popper und Theodor W. Adorno zu einer Auseinandersetzung über sozialwissenschaftliche Theoriebildung, die als "Positivismusstreit" in die Wissenschaftsgeschichte eingeht. Popper entwirft eine an den Naturwissenschaften orientierte Methodologie der Sozialwissenschaften.
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1965
Erhebung in den Adelsstand durch Queen Elizabeth II.
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1969
Emeritierung Poppers.
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1977
Die zusammen mit dem Neurophysiologen John Carew Eccles (1903-1997) verfasste Schrift "The Brain and its Self" erscheint. Im Rahmen der "Theorie der drei Welten" wird neben der physischen und der psychischen Welt eine dritte Welt der von Menschen gestalteten Kulturdinge postuliert, der unter anderem Sprache, Theorien und Kunstwerke zugehörig seien.
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1978
Verleihung der Ehrendoktorwürde Dr. rer. nat. h. c. durch die Fakultät für Formal- und Naturwissenschaften in Wien.
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1980
Verleihung des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und des Ordens Pour le Mérite der Bundesrepublik Deutschland.
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1982
Aufnahme als Ehrenmitglied in die Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
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1983
Verleihung des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland.
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1985
Rückkehr nach Wien mit seiner schwerkranken Frau Josefine, die noch im selben Jahr verstirbt.
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1986
Gastprofessur an der Universität Wien. Ernennung zum Honorarprofessor am Institut für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsordnung.
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1992
Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Wien.
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1994
17. September: Sir Karl Raimund Popper stirbt in London.