> Werner Mork: Auf Korsika 1943

Werner Mork: Auf Korsika 1943

Dieser Eintrag stammt von Werner Mork (*1921) aus Kronach, Juni 2006:

Im Norden der Insel Sardinien verließen im September 1943 die deutschen "Gäste" dieses Eiland "fluchtartig", im Süden landeten die Amerikaner, und die hatten dabei keine Probleme und Schwierigkeiten. Sie taten dann das, was wir nicht hatten tun dürfen, sie entwaffneten die Italiener und machten sie zu Gefangenen, und das ganz normal im Rahmen der Bestimmungen des geschlossenen Waffenstillstandsvertrages zwischen den Alliierten und den Italienern. Jetzt waren die Amis Gäste auf der Insel, die dann aber ein gutes Werk vollbrachten, sie machten diese Insel malariafrei mit Hilfe von DDT, dem wirkungsvollen Bekämpfungsmittel gegen allerhand Ungeziefer, vor allem gegen die blutsaugenden Anopheles-Mücken. Im Gegensatz zu uns wurden sie dann nicht mehr von diesen Viechern heimgesucht. Den Amis blieb das erspart, was uns so gequält und viele Opfer gekostet hatte. Unser taktisches Zeichen, die Insel Sardinien, hätte eigentlich mit der Anopheles-Mücke "geziert" werden müssen und nicht mit dem deutschen Schwert, das jetzt auch noch so stumpf geworden war. Aber das mit der Malaria war ja nun vorbei, würde uns keinen Kummer mehr bringen, meinte ausgerechnet ich, als ich noch nicht wusste, was mir noch blühen sollte. Und das deutsche Schwert auf Sardinien hatte nun ausgedient, jetzt konnten Coca-Cola und Kaugummi das neue Heil über die Insel bringen.

Ich machte mir auf dem Rückzug von Sardinien nach Korsika so meine eigenen Gedanken über die vergangenen Monate und meine bisherige Soldatenzeit. Vor vier Jahren, im September 1939 hatte ich mich freiwillig gemeldet, wollte Soldat im Krieg sein, wollte als Deutscher mithelfen beim "Siegen" und teilhaben an erfolgreichen und siegreichen Vormärschen. Davon hatte ich jedoch nichts mehr mitbekommen, nahm jetzt aber Teil an "erfolgreichen" Rückzügen, siehe Afrika und nun Sardinien. Was würde danach noch auf mich zukommen? Viel Gutes und Erhebendes war da wohl nicht mehr zu erwarten. Nach Erfolgen, neuen Vormärschen und neuen Siegen sah es nicht mehr aus. Nur eine kurze Zeit waren wir auf der Insel gewesen, hatten nicht das "Vergnügen" uns auf ihr für lange Zeit häuslich niederzulassen und einzurichten, dabei vielleicht sogar das Ende des Krieges hier zu erleben, trotz Malaria. Wir waren auf der Flucht, die uns von unseren Ex-Bündnispartnern aufgezwungen worden war, und hatten dabei die Amerikaner nicht nur über uns, in der Luft, sondern nun auch in unserem Rücken. Wieder einmal war eine große Verlustanzeige fällig bei den enormen Verlusten an Material, Panzern, schweren Waffen, Nachschubgütern und vielen Sachen vom Tross. Aber es sollten sich auch noch Verluste an Menschen ergeben, jetzt nicht wegen der Malaria, sondern durch echte "Feindeinwirkung". Noch waren wir nicht in "angeblicher" Sicherheit.

In dem allgemeinen Durcheinander im Hafen von La Maddalena war es mir irgendwie gelungen, mit dem Tross-Fahrzeug aus der großen Warteschlange heraus weiter nach vorne zu kommen. Bei dieser Massierung von Menschen und Fahrzeugen einer ganzen Division war mir nicht wohl. Diese Ansammlung war ein geradezu "prächtiges" Ziel für feindliche Luftwaffenverbände und ich dachte an Tobruk, wo aus großer Höhe die Briten ihren Angriff geflogen hatten mit den grauenhaften Auswirkungen. Daher war es mein Bestreben, möglichst schnell auf die andere Insel zu kommen, bevor Amis mit einem Bomberverband, trotz unserer Flak ein Inferno anrichten würden. Irgendwie war es möglich, nach "vorne" zu kommen und dann hatte ich das Glück, samt Fahrzeug und Mitfahrern auf eine Marine-Fähre zu kommen und den Hafen von Bonifacio unversehrt zu erreichen. In Bonifacio war Sammeln der angekommenen Fahrzeuge angesagt, die dann als eine geschlossene Kolonne nach Norden vorstoßen sollten, um nach Bastia zu gelangen, dem einzigen großen Hafen und Flugplatz auf Korsika.

Von Bastia aus sollte es dann endgültig zum Festland, nach Italien, gehen - wenn es denn klappen würde. Es ergaben sich nämlich noch etliche schwerwiegende Probleme, auch in den eigenen Reihen der Division, d.h. in den Reihen der Herren, die unsere Führer sein sollten, aber lieber reihenweise stiften gingen. Bis auf die Straße an der Ostküste der Insel Korsika, war die gesamte Insel inzwischen im Besitz der korsischen Partisanen und der freien französischen Truppen, die am 13. und 14. 9. 1943 in Ajaccio gelandet waren und sich jetzt im Kampf mit den dort befindlichen deutschen Einheiten befanden. Diese Einheiten waren aber nur eine kleine Minderheit und es war sehr fraglich, ob bzw. wie lange die Korsen und die Franzosen noch vor der einzigen uns verbliebenen Rückzugstraße noch fern gehalten werden konnten. Diese Straße lag schon jetzt an etlichen Stellen unter Beschuss, und es wurde immer schwieriger, noch weiter voranzukommen. Es gab die ersten Ausfälle an Soldaten und Fahrzeugen, wobei dann auch noch die Straße blockiert wurde und dann wurde es besonders brenzlig. Sehr schlimm war dabei das Schicksal der Toten und der Verwundeten. Die Toten blieben alle zurück, von den Verwundeten konnten nur die leichten Fälle einigermaßen versorgt und mitgenommen werden. Viele fielen in die Hände der Korsen und der Franzosen, und wir dachten mit Schrecken an das, was ihnen dabei geschehen würde.

Bei all diesen Schwierigkeiten gab es dann einen Lichtblick, so sahen wir das jedenfalls, als über mitgenommene tragbare Wehrmachtsempfänger bekannt wurde, dass am 12. 9. 1943 der Duce von deutschen Einheiten wieder befreit worden war, dass sich eine neue faschistische Regierung in Italien bilden wird. Vor allem aber hörten wir besonders gerne, dass ein großangelegter Gegenangriff im Raum Salerno die Amerikaner in starke Bedrängnis brachte. Diese Meldungen weckten in uns wieder eine Spur von Optimismus, wir hatten einen Schimmer an Hoffnung, dass sich doch noch alles zum Guten wenden würde. Dabei kam bei einigen von uns der Gedanke auf, dass wir vielleicht etwas voreilig von Sardinien Abschied genommen hatten. Wir hätten uns von den Itakern nicht so schnell ins Bockshorn jagen lassen sollen, sondern gegen diese "Mausefallenkrämer" aus eigener Initiative vorgehen müssen. Nur war diese Art von Denken nicht real. Der Rückzug war die einzige Möglichkeit, ein Massaker auf der Insel zu verhindern. Am Boden die Itaker in großer Überzahl – und über uns die Luftwaffe der Amerikaner, die dann auch Truppen gelandet hätten, das alles gegen uns massiert im Einsatz, würde wirklich zu einem Blutbad geführt haben. Die 90. Division, in Verbindung mit den wenigen Einheiten der Marine und der Luftwaffe, wäre ein restlos verlorener Haufen gewesen. Alles Wunschdenken war jetzt absolute Irrealität, jetzt ging es nur noch darum, auf dieser sehr ungemütlichen Rückzugsstraße trotz aller Angriffe so voranzukommen, dass es in Bastia noch möglich ist, das Festland zu erreichen. Ein Schutz dabei war die Flak-Batterie, die nun auf Korsika die Berge längs der Straße unter Feuer nahm und damit größere Pausen des feindlichen Feuers erwirkte, in denen dann die Fahrzeuge versuchten, so schnell es möglich war weiterzufahren. Die sich da mühsam hinquälende Kolonne war selber wehrlos. Mit den noch vorhandenen leichten Waffen konnte nichts unternommen werden.

Wir alle, die wir uns in Richtung Bastia bewegten, waren sehr froh und dankbar, dass wir unter dem wirkungsvollen Schutz der schweren Flak-Batterie voran kamen und glaubten, dass wir die Chance haben, Bastia zu erreichen ohne vorher hops zu gehen. Doch kurz vor Bastia kam alles ins Stocken. Der Grund war der, dass der Kolonne schweres Feuer entgegen schlug, das aus dem Bereich des Hafens kam. Das war ein schweres Geschützfeuer aus den Rohren deutscher 8,8 cm Geschütze, nur standen die nicht unter deutschem Befehl. Diese Batterie war bis vor wenigen Tagen noch in italienischem Besitz gewesen. Der deutsche Führer Adolf Hitler hatte vor einiger Zeit diese Batterie seinem Freund, dem Duce, zum Geschenk gemacht, und der Her Mussolini hatte sie bei der Besetzung von Korsika dann zum Schutz von Stadt und Hafen Bastia eingesetzt. Aber jetzt standen an diesen Geschützen keine Italiener mehr, sondern, wie wir erfuhren, freie Franzosen unter der fachgerechten Führung eines SS-Unterscharführers (auf Korsika befand sich eine SS-Einheit), der als gebürtiger Lothringer zu den freien Franzosen übergelaufen war und sich nun als Kämpfer gegen seine Ex-Kameraden bewährte. Er ließ munter "seine" Flak auf uns losballern, jetzt hatten wir nicht mehr den Schutz einer 8,8 cm Batterie, sondern von der anderen Seite her den direkten Beschuss einer solchen Batterie auf unsere Kolonne. Das war eine beschissene Situation, die noch gekrönt wurde durch Flugblätter, mit denen wir aufgefordert wurden, uns bedingungslos zu ergeben, da es für uns keinen Weg mehr gäbe, die Insel zu verlassen. Das wurde dann auch noch über Lautsprecher verkündet mit der Stimme des Ex-Unterscharführers, der dabei auch seine Tat, sein Verhalten bekannt gab.

Das war nun keine reine Freude mehr für uns, und wir verfluchten diesen Lumpen, der seine Kameraden verraten hatte. Doch da rollte "unsere" Flak-Einheit nach vorne und es geschah etwas, was wohl ziemlich einmalig gewesen sein dürfte in diesem Krieg, es gab einen Kampf zwischen 8,8 cm Flak-Geschützen, die sicher aus der gleichen, guten deutschen Rüstungsschmiede stammten. Der Kampf dauerte nicht lange, die erfahrenere deutsche Besatzung "unserer" Flak kämpfte die gegnerische Batterie nieder, für uns wurde der Weg frei zum Hafen und zum Flugplatz. Nur stellte sich dann heraus, dass der Hafen völlig unbrauchbar war. Die Hafeneinfahrt war versperrt worden, mit Hilfe versenkter Schiffe, und die noch im Hafen befindlichen Schiffe waren nicht mehr seetüchtig, denn mit geöffneten Ventilen konnte kein Pott mehr fahren. Der Division blieb als einzige Hoffnung nur noch der Flugplatz, eine sehr vage Hoffnung in Anbetracht der Menge an Soldaten, die noch transportiert werden sollten, aber wohl noch mehr wegen unserer Lage, in der das weitere Geschehen doch wohl vom Gegner diktiert werden würde.

Der Flugplatz von Bastia lag in einem Talkessel, ringsherum wunderschön umgeben von Bergen. Nur die Richtung zum Meer, die war frei von Bergen und das war die Stelle, von der die Flugzeuge Richtung Festland starten konnten, wenn sie es denn überhaupt noch konnten. Auf dem Flugplatz-Gelände herrschte ein schlimmes Chaos in Verbindung mit einer wirren Hektik. Auf dem Boden des Flugplatzes standen zwar etliche der bewährten, braven "Tanten JU 52", die bereit waren, ihre Laderäume voll zu packen mit den Landsern, aber über dem Platz, hoch droben in der Luft, da befanden sich vorwiegend die Kameraden von der anderen Feldpost-Nummer, und das waren amerikanische Jagdbomber. Die stationierte Flak ballerte wie wild, und es krachte und donnerte ringsherum. Es gab sogar einige deutsche Jäger des Typs ME 109, aber wenn die "anderen" kamen starteten sie zwar, aber nicht zum Angriff, sondern um im Schatten und Schutz der Berge herumzukurven und wieder zu landen, wenn die Angriffswelle vorüber war. Da staunten die Landser und wunderten sich, aber es hieß, dass diese ME 109 dazu bestimmt seien, die JU 52 auf dem Flug über das Meer zu begleiten, sie zu sichern und das glaubten wir dann auch. Aber ich selber durfte dann erfahren, dass das nicht so ganz der Fall war. Als sie nötig gewesen wären, gab es keine von ihnen, die uns hätten schützen können.

Verladen und Abflug verlief nur sehr schleppend. Ein jeder fragte sich, ob und wie es überhaupt möglich sein sollte, diese Menge an Soldaten nicht nur zu transportieren, sondern sie auch noch unversehrt auf das Festland zu schaffen. Solche Gedanken müssen auch den Herrn Divisionskommandeur, Generalleutnant Freiherr von Lungershausen intensiv beschäftigt haben, vor allem aber die "große Sorge", wo er auf dem Festland seine Soldaten würde unterbringen können. Nur deswegen übertrug er seine Befehlsgewalt über die Division dem anwesenden dienstältesten Regimentskommandeur, um dann eilends zu "entfliegen" in Richtung Italien. Er konnte das, er bekam einen Platz in einer Maschine. Er wollte nicht der Letzte auf der Insel sein, sondern der Erste auf dem Festland.

Dieses "vorbildliche Verhalten" machte dann unverzüglich Schule auf dem Flugplatz. Kaum war der Div.-Kommandeur verschwunden, da gab der Regiments-Kommandeur, der soeben die Division übernommen hatte, den Befehl über die Division weiter an den dienstältesten Bataillonskommandeur, der "reichte " ihn dann weiter an den dienstältesten Kompaniechef, und das war ausgerechnet unser geliebter Chef, der Oberleutnant Tschechow. Dieser Herr spielte dann dieses gemeine Spiel auch zu seinem Nutzen mit der Weitergabe der Befehlsgewalt an einen anderen Oberleutnant. So war es denn, dass am Ende dieser Niedertracht der Herren, die Division nur noch unter dem Kommando von subalternen Offizieren stand. Das Leben E einer ganzen Division auf dem Spiel, aber diese Herren spielten ein anderes Spiel, das Spiel ihrer eigenen Sicherheit. Sie waren nur darauf aus, ihr eigenes Leben zu retten, sich selber in Sicherheit zu bringen ohne Rücksicht auf das ihnen "anvertraute Menschenmaterial". War ja auch nur Material! Hatte es eigentlich irgendwann, irgendwo einen Begriff von Treue und Pflichterfüllung der Offiziere gegenüber den Untergebenen gegeben? Musste schon lange her sein, jetzt gab es eine neue Auffassung von Ehre und Treue! Aber bedingungsloser Gehorsam der Untergebenen, der wurde verlangt, nötigenfalls erzwungen mit allen Mitteln, auch mit der Waffe. Zur Abschreckung gab es auch noch die Todesstrafe! Allerdings muss gesagt werden, dass diese Herren dann kurze Zeit später ihre Quittung erhielten für ihren Begriff von Ehre und Treue. Sie kamen zwar nicht vor ein Kriegsgericht, sondern, dem Ehrenkodex deutscher Offiziere entsprechend, vor ein "Ehrengericht." Der Freiherr wurde zu Festungshaft verurteilt, und er wurde später Stadtkommandant von Leipzig oder Dresden. Die anderen Herren, die es so eilig gehabt hatten auf das Festland zu gelangen, erhielten auch Festungshaft aber wohl mit Bewährung, denn unser Chef tauchte eines Tages wieder bei uns auf.

In dem ausgebrochenen Durcheinander entstanden nun blödsinnige Kompetenz-Probleme, und dabei hatte ich ein ganz besonderes Erlebnis. Bei meinen Bemühungen für meinen Tross, einen Platz in einer JU 52 zu ergattern mit allerhand angeblichen, aber schon sehr fadenscheinigen Gründen, landete ich bei dem letzten noch vorhandenen "Kommandeur" der Division, und das war ein Oberleutnant mit Namen Mork! Das war vielleicht eine Überraschung, für uns beide. Es stellte sich dann heraus, dass diese beiden Morks über drei Ecken miteinander verwandt waren. In der Stadt Hamm gab es einen Goldschmied und Juwelier mit Namen Mork, der im Norden der Stadt sein Geschäft hatte. Dessen Vater war ein Cousin meines Großvaters, dem alten Wilhelm Mork in Hamm am Ostenwall, der Vater meines Vaters. Etwas kompliziert diese Verwandtschaft aber dennoch begreiflich. Und wir, die beiden jungen Morks, trafen aufeinander auf dem Flugplatz von Bastia. Beide waren wie Angehörige der 90. Division. In dem nur kurzen Gespräch sagte er mir, dass er bei der stattfindenden Reorganisation der Division dafür sorgen werde, dass ich zu seiner Kompanie käme als dann hauptamtlicher Rechnungsführer mit dem Rang eines Unteroffiziers in fester Planstelle. Jetzt besorgte er mir s einen Platz in einer schon abflugbereiten JU 52 bekam, sodass ich würde abfliegen können vor vielen anderen, vorausgesetzt die JU 52 käme überhaupt in die Luft. Sie kam hoch, und ich saß mal wieder in einem Flugzeug.

Später auf dem Festland habe ich dann versucht, mit meinem Verwandten in Verbindung zu kommen, aber das klappte nicht mehr, weil sich keine Gelegenheit dazu bot. Nicht zuletzt aufgrund meiner dann schweren Erkrankung. Es ist anzunehmen, dass der Oberleutnant Mork bei den schweren Kämpfen um Monte Cassino gefallen ist, denn auch nach dem Krieg kam kein Kontakt mehr zustande. Es hat nach dem Krieg vieles nicht von dem geklappt, was man sich einmal vorgenommen hatte. Aus heutiger Sicht sehr schade, aber es gab damals leider sehr viel andere Probleme die solches verhinderten. Und nun ist es zu spät dafür.

Ich hatte einen Platz in einer JU 52 und den verdankte ich ausschließlich meinem neu entdeckten Verwandten. Wieder einmal hatte sich etwas ergeben, was man mit Schicksal bezeichnen kann, wenn es nicht zu hochtrabend ist. Aber sonderbar war es schon, was ich erlebte an Zufällen, die für mich oftmals eine lebensrettende Bedeutung hatten wie auch in diesem Fall, auch wenn es nur kurze Zeit später ganz anders aussehen sollte. In der Maschine herrschte eine drangvolle Enge, und nur mit Mühe gelang der Start von drei völlig überladenen JU 52. Drei Maschinen bildeten eine Rotte in der so geflogen wurde, dass die mittlere Maschine etwas höher lag als die rechte und die linke Maschine. Ich befand mich in der mittleren Maschine. Die Steigfähigkeit der überladenen Maschinen war nur eine sehr begrenzte, und wir flogen wohl nur einige hundert Meter über dem Wasser.

Es war dann im Gebiet der Insel Elba, als diese drei Maschinen ganz plötzlich von drei amerikanischen Flugzeugen des Typs Lightning angegriffen wurden. Der Angriff kam von der linken Seite und erfolgte so, dass die Amis sich fast auf der gleichen Höhe befanden mit den beiden links und rechts von uns befindlichen, tieferfliegenden JU 52. Beide Maschinen wurden voll getroffen und stürzten sofort ab ins Meer. Und es war nun wirklich ein Wunder, dass die Maschine, in der ich mich befand, nicht getroffen wurde, und das nur, weil sie als mittlere Maschine über den beiden anderen flog und dabei nicht den MG-Garben der Amis ausgesetzt war. Das weitere Wunder war, dass wir nicht angegriffen wurden. Die Amis hätten zu dem Zweck umdrehen müssen, wozu sie aber nicht mehr in der Lage waren, weil ihnen dazu Flugzeit und Sprit wohl nicht mehr reichte, so erklärte uns das die Besatzung unserer Maschine nach erfolgter Landung erklärte. Man war der Meinung, dass die 3 Amis sich auf dem Rückflug zu ihrem Stützpunkt befanden, dabei aber die sich ihnen plötzlich bietende "Gelegenheit" wahr genommen hatten, die ihnen in den Weg geratenen JU 52 mal ganz einfach "abzuknipsen", aber die dritte Maschine nicht mehr erwischen konnten. Und ausgerechnet in dieser Maschine hatte ich meinen Platz, ein Dusel sondergleichen. Ich hatte mal wieder sehr viel Glück gehabt, war noch einmal mit heiler Haut davon gekommen, soff nicht ab im Mittelmeer, durfte landen auf dem Flugplatz von Livorno, war auf dem Festland angekommen und betrat wieder festen Boden. Aber wir, die wir heile angekommen waren, betraten diesen Boden mit sehr wackeligen Beinen. Der durchgemachte Schrecken saß uns verdammt hart in den Knochen. Die erlebten Schreckensmomente dauerten zwar nur Sekunden, aber die hatten uns voll gereicht. Mit unseren Augen hatten wir sehen müssen, wie die beiden anderen Maschinen abstürzten und mit ihnen unsere Kameraden, die bis Bastia mit heiler Haut gekommen waren und nun ihr Grab im Mittelmeer fanden. Diese Abstürze vor unseren Augen zu sehen, war ein grauenhaftes Erlebnis. Hoffnungsvolle junge Männer, die noch glaubten, ein gutes Leben vor sich zu haben, die frohen Mutes von Korsika abgeflogen waren und glaubten, auf das Festland zu kommen, um dort in Sicherheit zu sein, die mussten nur wenige Minuten vor der Landung in Livorno ihr junges Leben lassen. Wir hörten dann, es seien von Elba aus sofort Boote ausgelaufen, aber wir hörten auch, dass es keine Überlebenden gab.

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