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Die Harnischproduktion in den Städten  
(Katalognummern 94 - 105, 106 - 117)  
   

Die Entwicklung des Plattenharnisch begann im 15. Jahrhundert in Italien. Die ökonomisch starke Stellung der mittel- und norditalienischen Städte basierte auf einem hohen Entwicklungsstand von Handel und Gewerbe. Die Städte waren zugleich auch die Mittelpunkte der Renaissance-Kultur. In diesem für verschiedene Handwerke günstigen Klima konnte sich auch das Handwerk der Plattner rasch entfalten. Mailand nahm hier eine führende Stellung ein. Die berühmteste Werkstatt war die der Plattnerfamilie Missaglia. Sie beschäftigte viele Fachleute, hatte für ihre Aufträge eigens ein großes Handelsunternehmen aufgebaut und ließ sich durch Agenten im Ausland vertreten.
In den deutschsprachigen Ländern entstanden insbesondere in Augsburg, Landshut, Nürnberg, Innsbruck und Braunschweig ebenfalls Zentren mit zahlreichen Plattnerwerkstätten. Annaberg wurde durch Peter von Speyer bekannt. Plattner siedelten sich auch in anderen Orten an. Eine Plattnergasse in Görlitz weist noch heute auf dieses Handwerk hin.
Die Plattner waren in Zünften organisiert. Plattnerordnungen regelten die Herstellung und den Vertrieb der Waren. Die Zünfte schrieben auch genau die Zahl der zu beschäftigenden Lehrlinge und Gesellen vor. Amtliche Beschaumeister ließen nach Überprüfung der Waffen und Rüstungsteile Beschaustempel als Qualitätszeichen einschlagen. Jede Stadt hatte ihren eigenen Stempel, meistens in Form des Stadtwappens. Beschau- und Meistermarken waren aber in den Plattnerordnungen nicht immer vorgesehen. Viele Arbeiten lassen sich deshalb nur noch nach stilkritischen Merkmalen geographisch und zeitlich einordnen. Wollte ein Geselle die Meisterrechte erwerben, mußte er seine Arbeiten vor einem Gremium angesehener Meister, den "Geschworenen" der Plattnerzunft, vorlegen.
Nachrichten über die Herstellung von Harnischen sind äußerst selten. Die Darstellungen von Hans Burgkmair im Weißkunig und die Abbildungen im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung in Nürnberg zeigen Waffenschmiede bei der Arbeit. In einem Holzschnitt hat Hans Burgkmair den Besuch Kaiser Maximilians bei seinem Hofplattner Konrad Seusenhofer festgehalten. Die Werkbank des Meisters ist mit Prelleisen, Hämmer und kleinen Ambossen übersät (Kat.-Nr. 3).
Großschmieden verarbeiteten auf mit Wasser getriebenen Schmiedehämmern das Roheisen zu Eisenplatten, die in diesem Zustand an die Harnischmachergeliefert wurden. Die Weiterverarbeitung erfolgte per Hand und mit vielen an der Schlagfläche gebogenen Treibhämmern, wie die auf der Innenseite der Harnischteile sichtbaren Hammerspuren und Aufblätterungen beweisen. Das Metall wurde zwar häufig ausgeglüht, die eigentliche Plattnerarbeiterfolgte aber am erkalteten Metall, wie die Darstellungen von Burgkmair erkennen lassen. Die Meister hämmerten alle Teile sorgfältig aus und erhitzten die Teile mehrfach. So erreichten sie unterschiedliche Härtegrade, denn nicht alle Teile wurden auf die gleiche Weise beansprucht. Viele damit verbundene Feinheiten wurden als Werkstattgeheimnis sorgsam gehütet. Anschließend wurden die Platten bearbeitet und poliert. Das erfolgte an großen, mit Leder bezogenen Holzscheiben. Auch hier waren Spezialisten tätig. Mitunter wurden die Harnische auch durch Einbrennen verschiedener Ölmischungen geschwärzt, gebräunt oder durch Abschrecken in Wasser gebläut. Dabei waren viele Farb-schattierungen möglich.
Im 16. Jahrhundert wurde die Ziertechnik der Ätzungen an Metallteilen sehr beliebt. Dazu wurde die fertig polierte Oberfläche der Harnischteile mit einem säurefesten Überzug aus Wachs, Öl und Asphaltlack versehen. Es wurden zwei Hauptarten der Metallätzung angewandt: die Tief- und die Hochätzung. Bei der zuerst genannten ritzte der Ätzmaler mit einem Griffel eine Zeichnung in den Ätzgrund ein. Bei der Hochätzung wurden die Flächen neben den Verzierungsmotiven weggeätzt und der Grund häufig mit kleinen Punkten (Perlgrund) belebt. Danach wurde der Ätzhintergrund häufig geschwärzt oder vergoldet, um einen wirkungsvollen Kontrast zwischen den Verzierungen und den blanken Metallflächen zu erzielen. Bei italienischen Arbeiten sind die Hintergründe mit einer Kreuzschraffur ausgefüllt; deutsche Meister bevorzugten die Punktierung.
Seit der Spätgotik beherrschten die Plattner ihr Handwerk virtuos, als handelte es sich nicht um einen harten und schwierig zu bearbeitenden Werkstoff. Erzielt wurden diese Leistungen durch über Generationen hinweg gesammelte Erfahrungen und Fertigkeiten im Umgang mit diesem Material. Die mit Hilfe von Hämmern auf kleinen Ambossen und Prelleisen hergestellten kunstvollen Hohlplastiken und einfachen Maschinenmenschen bleiben unerreicht. Ihre Herstellung würde heute den Einsatz einer hochkomplizierten Technik erfordern.

Gerhard Quaas

Kat. 103
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