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DIE AUSSTELLUNG

In der Ausstellung "Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart" mit mehr als 500 Exponaten befasst sich das Deutsche Historische Museum erstmals mit den verschiedenen Aspekten des deutschen Kolonialismus. Obwohl das Deutsche Reich von 1884 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 eine der großen europäischen Kolonialmächte war, rückt die koloniale Vergangenheit in Deutschland erst seit wenigen Jahren zunehmend ins öffentliche Bewusstsein.

Die Ausstellung bietet spannende Einblicke in die Interessen, den Verlauf und die Dynamiken der deutschen Kolonialgeschichte und erzählt von den Handlungsräumen, in denen ein breites Spektrum deutscher, afrikanischer und ozeanischer Akteure ihre Ziele und Motive verfolgte.

COLONFIGUR EINES OFFIZIERS IN PARADEUNIFORM

Den Sammlungen und Archiven, die für die Ausstellung "Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart" gesichtet und ausgewählt wurden, und den Fragestellungen und Ordnungen, denen diese unterliegen, sind die europäischen Sichtweisen auf die Kolonisierten eingeschrieben.

Eine Gattung von Objekten, die die Blickrichtung umkehrt und Spielräume eröffnet, sind die sogenannten Colonfiguren, die ab Ende des 19. Jahrhunderts von veränderten Machtverhältnissen zeugten. Mit diesen Masken und figürlichen Skulpturen wird die Kolonialherrschaft mit ihren Symbolen und ihrem Personal in den afrikanischen und ozeanischen Blick genommen. Sie interpretieren Eigenheiten von Europäern wie Körperhaltung, Herrschaftsposen, Kopfbedeckungen wie den Tropenhelm, alltägliche Beobachtungen und individuelle Charakteristika dargestellter Personen.

Zum Repertoire der Figuren zahlen auch afrikanische Soldaten, die im Dienst der Kolonialmacht standen. Der deutsche Ethnologe Julius Lips veröffentlichte 1937 im US-amerikanischen Exil eine wegbereitende Zusammenschau von Colonfiguren unter dem programmatischen Buchtitel "The Savage Hits Back, or the White Man through Native Eyes" (Der Weiße im Spiegel der Farbigen, 1983). Für sein Werk hatte Lips umfangreiches Bildmaterial aus über fünfzig öffentlichen und privaten Sammlungen zusammengetragen. Die politischen Verhältnisse motivierten seine Lesart der Darstellungen, denen er ein antikoloniales und satirisches Potenzial zuschrieb.

Nachdem Ende der 1970er Jahre der Kunstmarkt Kolonfiguren für sich entdeckte, setzte in den 1980er Jahren eine erneute Auseinandersetzung mit dem Genre ein. Im Zuge dessen wurde Lips’ Werk für seine weitreichenden Interpretationen kritisiert und starker als Zeitzeugnis nationalsozialistischer Verfolgung eingeordnet. Gleichzeitig verschob sich das Augenmerk auf die vielfaltigen Funktionen, die Darstellungen von Europäern in den Herkunftsgesellschaften zufallen.

Audioquelle

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Ein Film der Abschlussklasse des Studiengangs TV-Journalismus der DEKRA Hochschule für Medien: