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Am 6. und 9. August 1945 wurden auf Befehl des US-Präsidenten Harry S. Truman zwei Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Ihre Explosionen töteten unmittelbar etwa 100.000 Menschen, vor allem Zivilisten und Zwangsarbeiter. Weitere 130.000 Menschen starben noch im selben Jahr an den Folgen der Explosionen. Auf schreckliche Weise hatte sich das Zerstörungspotential einer Waffe neuen Typs gezeigt, die den Zweiten Weltkrieg zwar entscheiden mochte, zugleich aber auch die ehemals Verbündeten zu Gegnern in einem neuen Konflikt machte: dem Kalten Krieg.

Bis dato sind die Bombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki die beiden einzigen Einsätze von Nuklearwaffen in militärischen Konflikten geblieben. Von ihren unmittelbaren und langfristigen Folgen geht ein Schreckensszenario aus, das den globalen Angsthaushalt auch über den Kalten Krieg hinaus prägt. Weil sich die Zerstörungskraft der Bomben über die Jahrzehnte vervielfachte, geriet das Szenario ihres Einsatzes immer mehr in den Bereich des Undenkbaren. Die Option der vollkommenen Zerstörung des Planeten hat aber keineswegs zu einem weltweiten Verzicht auf die Herstellung atomarer Waffen geführt. Vielmehr hat sich das Gleichgewicht des Schreckens auf verschiedene Akteure verteilt, von denen keiner auf atomare Machtmittel verzichten möchte.

Auch wenn die Bedrohung aus dem kulturellen Gedächtnis nicht mehr zu löschen ist, so muss die Frage nach der Darstellbarkeit immer wieder neu beantwortet werden. Literarische, skulpturale, fotografische und nicht zuletzt auch kinematografische Arbeiten sind bis heute auf der Suche nach ästhetischen Formen um die potentielle Katastrophe sichtbar zu machen. Die Retrospektive Atomic Cinema bringt Dokumentar-, Animations- und Spielfilme aus verschiedenen Ländern und Jahrzehnten zusammen, die aufklären, entlarven oder anklagen.

Darunter finden sich japanische Produktionen, die in oft drastischer Art von den Ereignissen im August 1945 erzählen und davon, welche mittel- und langfristigen Auswirkungen die Strahlenkrankheit für den Einzelnen und für die Gesellschaft hatte und immer noch hat. Vertreten sind aber auch dystopische Filme, die in anderen Kulturkreisen entstanden sind, und Produktionen aus den „heißen“ Phasen des Kalten Kriegs. Als etwa 1962 in der Kubakrise ein atomarer Weltkrieg drohte oder zu Beginn der 1980er-Jahre die Supermächte Sowjetunion und USA in eine neue Phase des Wettrüstens übergingen, schürten diese Konflikte nicht nur erneut die weltweiten Ängste. Viele Filmemacher und Filmemacherinnen reagierten auch mit Werken, die als Bilder dieser Ängste in die Geschichte eingehen sollten. Die Realität des Atomzeitalters ist ohne seine filmischen Fiktionen nicht zu erfassen.

Eine Auswahl besonders interessanter Filme präsentiert die von Daniel Körling kuratierte Retrospektive, die in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Filmkulturerbe der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf entstanden ist.

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