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Das Brot der frühen Jahre

Das Brot der frühen Jahre BRD 1962, R: Herbert Vesely, B: Herbert Vesely, Leo Ti, K: Wolf Wirth, M: Attila Zoller, D: Christian Doermer, Karen Blanguernon, Vera Tschechowa, Eike Siegel, Thilo von Berlepsch, Gerry Bretscher, 86’ · DCP FR 26.10. um 21 Uhr · Einführung: Jan Gympel Vor der Verkündung des Oberhausener Manifests begonnen, wurde diese erste Adaption eines Buches von Heinrich Böll bei ihrer Uraufführung in Cannes 1962 plötzlich als exemplarischer bundesdeutscher „Jungfilm“ wahrgenommen: Mit dem Produzenten Hansjürgen Pohland (1934-2014), Regisseur Herbert Vesely, Kameramann Wolf Wirth und Hauptdarsteller Christian Doermer (geb. 1935) waren vier „Oberhausener“ an ihm beteiligt. Die Geschichte des jungen Walter Fendrich, der aus seinem saturierten, aber ihn anödenden Wirtschaftswunderdasein spontan ausbricht, als er einer jungen Frau aus seiner Heimatstadt begegnet, wurde – nicht ausdrücklich, aber unübersehbar – nach West-Berlin verlegt. Die Art, wie Vesely sie erzählte, war deutlich von der weltweiten Erneuerungsbewegung der Filmkunst beeinflusst, die im bundesdeutschen Kino bis dahin wenig Widerhall gefunden hatte, insbesondere von Michelangelo Antonioni und Alain Resnais’ ebenso epochalen Frühwerken Hiroshima mon amour und L’année dernière à Marienbad. Die Zeitschrift Profil spottete über Das Brot der frühen Jahre denn auch: „Nächstes Jahr in Bad Böll“. Gern wurde auch vom „Brötchen der frühen Jahre“ gesprochen, da den Kritikern die formalen Anstrengungen gespreizt und selbstzweckhaft erschienen, das ganze Vorhaben als eine Nummer zu groß für die Nachwuchskünstler (die allerdings gern niedergemacht wurden): „Vesely schaufelt also die von anderen übernommenen Spurenelemente der Zeit ungeschlacht und mit dem Appetit, der seinem monotonen Fendrich abgeht, wie Baggersteine in sich hinein, daß sie ihm und dem Film schwer im Magen liegen wie jene im Bauch des Rotkäppchen-Wolfes, der ja denn auch mit ihnen in den Brunnen fällt.“ (Karena Niehoff, Der Tagesspiegel, 3.6.1962) Tatsächlich gelang der Versuch, verschiedenste, gerade als hochmodern geltende Filmkunststilmittel zu mischen, nur bedingt. Zweifellos zusammengehalten wurde er aber durch Wolf Wirths Kameraarbeit, die fast durchweg Anerkennung fand. So auch durch die Verleihung eines von fünf Deutschen Filmpreisen des Jahres 1962 für Das Brot der frühen Jahre an ihn. Für den Spiegel (Nr. 22/1962) war Wirth schon zu diesem Zeitpunkt „der unbestritten beste Kameramann des deutschen Films“. (gym)