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Im noch eingemauerten West-Berlin erlebte Dušan Makavejev, wie Menschen einen im Zoo eingesperrten Gorilla beobachteten, und amüsierte sich darüber, dass niemandem die Absurdität und Symbolik dieses Vorgangs auffiel. Wenig später drehte der 1932 in Belgrad geborene Filmemacher, der Anfang der siebziger Jahre durch WR – Mysterien des Organismus für Aufsehen gesorgt hatte und genötigt worden war, Jugoslawiens zu verlassen, im nunmehr mauerlosen Berlin diesen Film: die Odyssee eines beim Abzug der sowjetischen Truppen vergessenen Soldaten, wieder eine furiose Mischung aus Fiktion, Dokumentation und gefundenem Material (hier insbesondere Micheil Tschiaurelis Stalinoper Der Fall von Berlin).

Der Blick auf die Absurditäten des Lebens im Berlin des Jahres 1992 ist vor allem ein Blick auf die Absurditäten der Geschichte, die zu diesem Zustand geführt haben, zuletzt der gerade untergegangene Ostblockkommunismus. Makavejev präsentiert vor dem Hintergrund dieses Scheiterns das überbordende, teils verlogene Pathos, mit dem die Heilslehre verkündet und wildentschlossen geglaubt wurde. Gorilla Bathes at Noon ist der Abgesang auf eine Ideologie, wie ihn so womöglich nur ein Künstler schaffen konnte, der einst unter ihr gelebt und gearbeitet hatte: ohne Sentimentalität, ohne Wehklage, ohne Nostalgie. (gym)