Kino im Zeughaus

 

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  CINEFEST:
FILM IM HERZEN EUROPAS

 

CINEFEST: FILM IM HERZEN EUROPAS

Die deutsche, österreichische und tschechische Kultur sind in Mitteleuropa durch eine lange, spannungsvolle Geschichte miteinander verbunden. Zwei Weltkriege und ihre Folgen haben zu einschneidenden Veränderungen und bis heute nachwirkenden Irritationen geführt. Der Film spiegelt dieses prekäre Verhältnis nicht nur wider, das Kino ist selbst Teil der wechselhaften Geschichte. Filmschaffende verschiedener Nationalitäten haben miteinander und gegeneinander gearbeitet, unterschiedliche politische Systeme unterstützten oder verhinderten wirtschaftliche und institutionelle Verflechtungen, und schließlich haben auch die Filme selbst an der Wahrnehmung und Interpretation des jeweils anderen Landes mitgearbeitet, Klischees bedient, hinterfragt, verworfen. Die vielfältigen Verbindungen zwischen dem deutschsprachigen und tschechoslowakischen Film stehen im Mittelpunkt von CineFest 2007, dem von CineGraph Hamburg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv veranstalteten IV. Internationalen Festival des deutschen Film-Erbes. Das Zeughauskino zeigt wie schon in den vergangenen drei Jahren eine umfangreiche Auswahl des Hamburger Programms.

Eine Filmreihe in Zusammenarbeit mit CineGraph Hamburg, dem Bundesarchiv-Filmarchiv und dem Narodní Filmový Archiv, Prag, sowie mit freundlicher Unterstützung des Tschechischen Zentrums in Berlin und der TaurusMedia.

 

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Adelheid
CSSR 1969, Frantisek Vlácil, D: Ema Cerná, Jan Vostrcil, Lubomír Klalka, Petr Cepek OmeU, 99'

1945, Sudetenland, südmährisches Grenzgebiet: Ein Soldat der tschechischen Befreiungsarmee verwaltet einen beschlagnahmten deutschen Gutshof. Dort trifft er auf die Tochter des ehemaligen Gutsherrn, eines berüchtigten Nazis, die ihm als Dienstmädchen zugewiesen ist. Zwei Menschen mit völlig unterschiedlichen Erfahrungen müssen zusammenleben... - "Die beinah stumme Erforschung dieser Beziehung bringt eine tiefgehende Analyse menschlicher Verwirrungen, die ihre Ursache in der Ideologie haben." (Peter Hames, Central Europe Review, Oktober 2000). Ein zentraler Film der "Neuen Welle" des tschechoslowakischen Kinos der 60er Jahre. Er beruht auf der 1969 veröffentlichten gleichnamigen Novelle von Vladimír Körner, die 2005 auch auf Deutsch (Arco-Verlag, Wuppertal) erschienen ist. Als einer der ersten tschechischen Autoren macht Körner den Umgang mit der deutschen Minderheit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum Thema einer literarischen Arbeit.

Eröffnungsvortrag: Ivan Klimes

am 30.11.2007 um 20.00 Uhr
am 5.12.2007 um 20.00 Uhr

 

 

 

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Die Stunde der Versuchung
D 1936, R: Paul Wegener, D: Gustav Fröhlich, Lída Baarová, Harald Paulsen, Theodor Loos, Elisabeth Wendt, 75'

Dramatischer Kriminalfilm über eine unverstandene Ehefrau, die in Versuchung gerät, sich mit einem anderen Mann einzulassen... - Den musikalischen Hintergrund bildet eine große Opernszene aus "Rigoletto" von Giuseppe Verdi. Gustav Fröhlich ist der viel beschäftigte junge Rechtsanwalt Dr. Leuttern. Seine vernachlässigte Ehefrau Irene wird von der tschechischen Schauspielerin Lída Baarová gespielt, der es aber, so der Film-Kurier zur Berliner Uraufführung am 29. September 1936, "an den nötigen gestalterischen Mitteln in dramatischen Momenten fehlt. Ihr Spiel, das sich auf äußerliche Gesten beschränkt, läßt kalt, ihre Physiognomie scheint nicht imstande zu sein, innere Erregung widerzuspiegeln." Ganz anders die Zeitschrift Der Film (29.8.1936): "Lída Baarová erfüllte ihre Aufgabe in jeder Hinsicht, ihr einziger Fehler war vielleicht, dass sie ihre Rolle von Anfang an so anlegte, dass man nie um die Tugend ihrer Irene zu fürchten brauchte." Nachdem die Liebesaffäre der Baarová mit dem verheirateten Joseph Goebbels auf Intervention Hitlers beendet wird, kehrt die Schauspielerin 1938 in die Tschechoslowakei zurück, ohne aber wieder im Filmgeschäft Fuß fassen zu können.

Einführung: Evelyn Hampicke

am 02.12.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Schweik's New Adventures
Svejk bourá Nemecko

GB 1943, R: Karel Lamac, D: Lloyd Pearson, Julien Mitchell, Richard Attenborough, George Carney, Margaret McGrath, OF, 83'

Kriegskomödie. Der gutmütige Schweik entlarvt mit Naivität und Witz die weitaus idiotischeren Würdenträger des "Dritten Reichs". Im Verlauf des Films wird Schweik verhaftet, entlassen, als Diener beim Leiter der Gestapo angestellt, gelangt in den Besitz geheimer Papiere, wird in Sabotage-Aktionen verwickelt, mit einem russischen Fallschirmjäger verwechselt und erneut verhaftet...
Der tschechische Regisseur Karel Lamac realisiert Schweik's New Adventures 1943 in der britischen Emigration mit britischen Schauspielern, ohne an tschechischen Originalschauplätzen drehen zu können. Daher, so das US-amerikanische Fachblatt Variety (29.9.1943), würde er als tschechischer Film nicht überzeugen. "Davon abgesehen hat sich bisher noch kein anderer Film so kolossal über die Nazis lustig gemacht wie dieser." Jan Masaryk, Sohn des ersten Präsidenten der Tschechoslowakei und Außenminister der tschechoslowakischen Exilregierung in London, spricht einen Prolog zu dieser antifaschistischen Komödie.

am 02.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

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Jahrgang 21
Rocník 21

DDR/CSR 1958, R: Václav Gajer, D: Eva Kotthaus, Ludek Munzar, Jirí Sovák, Josef Vinklar, Stanislav Fiser, 97', DVD

Das Schicksal tschechischer Zwangsarbeit in Hitler-Deutschland. Eine tschechische Arbeitskompanie so genannter "Fremdarbeiter" ist zu Aufräumarbeiten im zerstörten Stralsund eingesetzt. Entgegen dem Befehl des deutschen Unteroffiziers rettet ein junger Tscheche ein Kind aus den Trümmern, verletzt sich dabei aber schwer. Im Krankenhaus kümmert sich die im Nazi-Geist erzogene Schwester Käthe um ihn. Sie verlieben sich...
Diese erste Gemeinschaftsproduktion zwischen dem DEFA-Studio für Spielfilme und dem Filmstudio Prag wird in Stralsund, Dresden sowie in den Ateliers in Babelsberg und Prag gedreht. Der Film entsteht nach dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Karel Ptácník, der 1957 auch in einer deutschen Übersetzung in der DDR herauskommt. "Jahrgang 21 - das sind diejenigen Menschen, die im Kindesalter die ,Machtergreifung' des deutschen Faschismus erlebten, die in der Blüte ihrer Jugend standen, als der zweite Weltkrieg begann. (...) An dieser Jugend, schuldlos in das Chaos des Krieges gestürzt, weist der Film Jahrgang 21 das Verbrecherische des Krieges und die unmenschliche politische Konzeption des Hitler-Faschismus nach." (Manfred Merz, Neue Zeit, 1.2.1958)

Einführung: Evelyn Hampicke

am 07.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

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Der Golem, wie er in die Welt kam
D 1920, R: Paul Wegener, Carl Boese, D: Paul Wegener, Albert Steinrück, Lyda Salmonova, Otto Gebühr, Bauten: Hans Poelzig, Farbe nach zeitgenössischer Virage, engl. ZT, 96'

Die Legende des "Golem" ist untrennbar mit dem jüdischen Prag verbunden. Im 16. Jahrhundert soll es Rabbi Löw gelungen sein, aus Lehm einen künstlichen Menschen zu schaffen, der seinen bedrängten Landsleuten im Prager Ghetto zu Hilfe kommt. Als der Rabbi eines Tages vergisst, den magischen, Leben spendenden Zettel aus dem Mund des Golems zu entfernen, macht dieser sich selbständig und zerschlägt alles, was sich ihm in dem Weg stellt...
Paul Wegener und Carl Boese inszenieren 1920 diese "Bilder aus einer alten Chronik" vor allem als romantisches Märchen. Die expressionistischen Bauten Hans Poelzigs haben mit dem realen Prag nichts gemein, aber sie atmen die Enge und Bedrücktheit, die Phantastik und den Zauber einer fremden Ghetto-Welt. Die Handlung läst der Legende aber ihr jüdisches Gewand und betont ihren allgemein gültigen Sinn. Die vom Menschen geschaffene Macht, die, einmal entfesselt, ihr zerstörerisches Werk beginnt, kann nur durch die Unschuld und Reinheit eines Kindes gestoppt werden. Denn unter seinem Lehmpanzer ist der Golem selbst ein Kind. Paul Wegener spielt diesen Golem: ungelenk, plump, mit automatisierten, fremd gelenkten Bewegungen. Wir zeigen die Farbrestaurierung aus dem Jahr 2000 (Cineteca del Comune di Bologna in Zusammenarbeit mit der Cineteca Italiana di Milano und dem Filmmuseum München).

Klavierbegleitung: Peter Gotthardt

am 09.12.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Soukromé století: Král Velichovek
Das private Jahrhundert: Der König von Velichovky

CZ 2005, R: Jan Sikl OmU, 52', DVD

Die authentische Geschichte der deutschen Familie Seisser, die in den 30er und 40er Jahren in dem Ort Velichovky im Sudetenland lebte - nacherzählt anhand von Privataufnahmen. Karl Seisser ist Gutsherr, besitzt Felder und Wälder, die er erfolgreich bewirtschaftet. Er ist reich und führt ein glückliches Familienleben. "König von Velichovky", so nennen ihn spaßeshalber seine Kinder. Alles im Leben der Familie Seisser ist zur Hälfte deutsch, zur anderen Hälfte tschechisch. Eine seiner drei Töchter heiratet einen Prager Arzt, der kurz vor dem Zweiten Weltkrieg damit beginnt, in der Umgebung von Velichovky zu filmen: Privataufnahmen, die auch das Alltagsleben auf dem Bauernhof umfassen. "Die ganze Geschichte beginnt in den 30er Jahren, sie beschreibt das friedliche Umfeld des Gutshofs, die tägliche Arbeit, und in dieses Familienklima sickert langsam die politische Situation durch. (...) In der Familie war das deutsch-tschechische Thema tagtäglich präsent, aber man machte kein Politikum daraus. (...) Als dann die Befreiung kam, drangen die ,Boten des neuen historischen Zeitalters' ins Dorf ein und haben mit Seisser abgerechnet." (Regisseur Jan Sikl, Prager Zeitung online, 4.4.2007) - Einer von bisher acht Filmen aus der Reihe "Das private Jahrhundert", in denen der tschechische Dokumentarist anhand von Amateurfilmen Familiengeschichte als Zeitgeschichte nacherzählt.

am 09.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

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Hilde, das Dienstmädchen
DDR 1985/86, R: Jürgen Brauer, Günther Rücker, D: Jana Krausová-Pehrová, Peter Kunev, Achim Wolff, Heide Kipp, Eberhard Kirchberg, 98'

Antifaschistischer Film über eine bedrohte Liebe, angesiedelt 1938 in Reichenberg in Böhmen, aufgenommen in sächsischen Zittau. "Hilde kommt auf der Suche nach Erich, ihrem Geliebten, über die Grenze in die Tschechoslowakei. Hier leistet Erich illegale Arbeit gegen die Nazis, die ihm private Kontakte verbietet. Hilde möchte ihm wenigstens nahe sein. Sie findet Aufnahme im Hause eines Tischlermeisters, und hier erlebt der etwa vierzehnjährige Sohn (...) diese an der Zeit scheiternde große Liebe einer jungen Frau." Für den Jungen wird "Hilde, das Dienstmädchen" zum Mittelpunkt seiner Gefühls- und Gedankenwelt... - Dem Film gelinge es aber nicht, so Heinz Kersten weiter im Tagesspiegel (14.9.1986), Privates und Zeitgeschichtliches überzeugend zu verbinden. "Doch das Wesentliche und das Besondere, wodurch der Streifen andere Babelsberger Produktionen überragt, sind das durch die Art des Inszenierens aufgebaute und ausgelöste Zeitgefühl und die über Jürgen Brauers Bildsinn freigesetzten, in einzelnen Landschaftsaufnahmen an Bilder Caspar David Friedrichs erinnernden Stimmungen. Und der Film hat im direkten und übertragenen Sinne eine eigene Musikalität." (Günter Sobe, Berliner Zeitung, 3.9.1986). - Günther Rücker dreht diesen Film nach seiner gleichnamigen Erzählung (Aufbau-Verlag, 1984), die auf eigenes Erleben während der so genannten Sudentenkrise 1938 zurückgeht.

am 11.12.2007 um 20.00 Uhr

 

 

 

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Die goldene Stadt
D 1941/42, R: Veit Harlan, D: Kristina Söderbaum, Eugen Klöpfer, Paul Klinger, Kurt Meisel, Rudolf Prack, Farbe: Agfacolor, 110'

"In der Abgeschiedenheit des Böhmerwaldes, dort, wo die Moldau entspringt und durch dunkle Wälder hier ihren Weg nach Prag sucht, lebt der Bauer Jobst mit seiner Tochter Anna." So stimmt die von der Ufa mitgelieferte Inhaltsangabe auf den Tenor dieses Melodrams ein. Nach dem Willen des gestrengen Vaters - ihre Mutter hatte sich einst im Moor ertränkt - soll Anna den Großknecht heiraten und auf dem Hof bleiben. Sie aber träumt von der "goldenen" Stadt Prag. In der "gigantischen Scheinwelt der großen Stadt" (so die zeitgenössische Werbung) trifft sie auf ihren tschechischen Vetter, den "schönen Toni". Er verführt Anna, denn er hat es auf den Hof abgesehen. Nach Hause zurückgekehrt, erfährt sie, dass sich ihr Vater mit der Haushälterin verlobt hat und sie enterbt wurde. Enttäuscht und verzweifelt folgt Anna ihrer Mutter ins Moor.
Der zweite deutsche Farbspielfilm war einer der größten Kassenerfolge des "Dritten Reichs". In dem Blut-und-Boden-Melodram wird das Bauernmädchen Anna dafür bestraft, dass es die heimatliche Scholle aufgibt und sich von den Verlockungen der slawischen Großstadt verführen lässt. "Der Film wurde wegen seiner anti-tschechischen Stoßrichtung allerdings nicht im damaligen Protektorat Böhmen und Mähren gezeigt, damit also auch nicht an seinem Drehort Prag." (Guntram Vogt: Die Stadt im Kino, 2001). Die goldene Stadt enthält die ersten Farbfilmaufnahmen von Prag.

Einführung: Philipp Stiasny

am 12.12.2007 um 20.00 Uhr

 

 

 

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Schicksal am Strom
D 1942-44, R: Heinz Paul, D: Josef Sieber, Karin Hardt, Ernst von Klipstein, Richard Häussler, Maria von Buchlow, 78'

Milieu- und Schicksalsbild aus der Welt der Stromschiffer auf Elbe und Moldau, zwischen Dresden und Prag. Es geht um die Liebe und den guten Ruf einer Schiffertochter. Der Vater hat sein ganzes Geld in die Ausbildung seiner Tochter Marianne investiert, so dass sein alter Frachtdampfer "Eger" nicht überholt werden kann. Als das Schiff nach einem Motorschaden liegen bleibt, schleppt ihn ein Kapitänskollege nach Prag. Er hilft ihm auch, sein Schiff wieder in Stand zu setzen - weist dabei aber auf seine Zuneigung zu Marianne hin. Um die Existenz ihres Vaters zu retten, willigt Marianne in die Ehe ein. Auf der Verlobungsfeier kommt es dann zum Eklat...
Der Film verbindet "die eigenartige Welt eines großen Stroms, das bunte Milieu eines kleinen Dampfers und die romantische Atmosphäre einer Hafenstadt". Er zeige aber auch, so die zeitgenössische Werbung weiter, "die schicksalhafte Auseinandersetzung zweier Menschengruppen: spekulierende Abenteurer gegen ehrlich Schaffende." Heinz Paul realisiert diesen Film für die deutsche Prag-Film, die von 1942 bis 1944 als Dachorganisation der Filmwirtschaft im "Protektorat Böhmen und Mähren" besteht. Sie produziert ein Dutzend Spielfilme vor allem des heiteren Genres, ferner Kultur- und Animationsfilme.

am 14.12.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Der Student von Prag
D 1926, R: Henrik Galeen, Co-Regie/Buch: Hanns Heinz Ewers, D: Conrad Veidt, Werner Krauß, Agnes Esterhazy, Bauten: Hermann Warm, 3.173 m, ca. 120'

"Prag, eine der ältesten Stätten mitteleuropäischer Kultur, mit seiner herrlichen Lage an den beiden Ufern der Moldau, seinem pittoresken altertümlichen Stadtbilde, birgt die Zeichen vieler absonderlicher und übernatürlicher Geschehnisse in seinen alten Mauern. In einer Ecke eines alten Prager Friedhofs liegt ein verwittertes, verfallenes Grab." Geschickt knüpft die zeitgenössische Werbung an schauerromantische Vorstellungen an, die sich mit der Stadt an der Moldau verbinden. Das erwähnte Grab ist die letzte Ruhestätte des Studenten Balduin, der sein Spiegelbild an den geheimnisvollen Wucherer Scapinelli verkauft, um ein Leben in Saus und Braus zu führen und das Herz seiner Geliebten zu gewinnen... - Die phantastische Geschichte ist im Prag des Jahres 1820 angesiedelt - aufgenommen wird sie in den Filmateliers in Staaken. Der Student von Prag ist ein Remake des gleichnamigen Klassikers von Stellan Rey aus dem Jahr 1913, an den sich 1926 der in Prag geborene Kritiker Willy Haas etwas wehmütig erinnert: "Im alten Film wurden die Szenen in Prag gedreht. Auf der alten Schloßtreppe, die zum Hradschin hinaufführt. Im Kaisergarten. Um das Belvedereschloß. Auf dem alten jüdischen Friedhof. (...) Die überwältigende Schönheit dieser Stadtlandschaften war durch künstliche Bauten doch wohl kaum zu erreichen." (Film-Kurier, 26.10.1926)

Einführung und Klavierbegleitung: Marie-Luise Bolte

am 14.12.2007 um 20.30 Uhr

 

 

 

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Transport z ráje
Transport aus dem Paradies

CSSR 1962, R: Zbynek Brynych, D: Zdenek Stepánek, Ilja Prachar, Ladislav Pesek, Vlastimil Brodský OmeU, 93'

SS-General Josef Knecht kommt zu einer Inspektion in das Ghetto Theresienstadt. Das Ghetto ist in ein ungewöhnliches Gewand gehüllt - ein Filmteam der deutschen Wochenschau ist anwesend, um Szenen aus der Stadt zu drehen, die der Führer den Juden "geschenkt" hat. Die geschminkten Gefangenen rezitieren auswendig gelernte Sätze, wie gut es ihnen in ihrer Stadt gefällt. Alles scheint zu gelingen, bis der General ein Plakat mit der Aufschrift "Tod dem Faschismus" entdeckt. Seine gute Laune ist sofort dahin, und er gibt den Befehl, schnellstmöglich den nächsten Transport in das Vernichtungslager Birkenau zusammenzustellen. Der Vorsitzende der jüdischen Selbstverwaltung muss das Deportationsverzeichnis mit seiner Unterschrift beglaubigen, lehnt dies aber ab. Transport z ráje nach einem Buch von Arnost Lustig erzählt weniger eine zusammenhängende Geschichte, vielmehr fängt er die Atmosphäre im Internierungslager ein und zeigt, wie die Gefangenen ihre Würde bewahren und auch im Ghetto gegen Willkür und Unrecht kämpfen.

Einführung: Tereza Dvoráková

am 15.12.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Ein Anlass zum Sprechen
BRD 1965/66, R: Haro Senft, Kamera: Jaromír Sofr, Musik: Erich Ferstl 107', DVD

Dokumentarfilm über die Prager Filmschule FAMU an der Akademie der darstellenden Künste und über den jungen tschechischen Film im Vorfeld des "Prager Frühlings". - "Der Film ist eine 1965 erarbeitete Laudatio der damaligen Tätigkeit der Prager Filmakademie, die es meisterhaft verstand, die spärlichen Lücken zu nutzen, die im totalitären System für schöpferische Tätigkeit offen geblieben waren, nicht etwa infolge Aufgeschlossenheit oder guten Willens der Kulturmachthaber, sondern eher infolge ihrer geistigen Unzulänglichkeiten. So bildete sich eine eigenständige Prager Filmschule heraus, die es meisterhaft verstand, der ,Gesellschaft des real existierenden Sozialismus' einen Spiegel vorzuhalten, und so zur Stärkung des Widerstands gegen das System beizutragen." (Prager Wochenblatt, 28.10.1991) Haro Senft wird 1928 in Böhmisch Budweis geboren und arbeitet seit 1954 als Filmproduzent und Regisseur von Kurz-, Dokumentar- und Spielfilmen in der Bundesrepublik. Im Februar 1962 ist er Initiator und Mitautor des "Oberhausener Manifests". In seiner abendfüllenden Dokumentation Ein Anlass zum Sprechen stellt er Regisseure und Kameraleute des jungen tschechischen Films (u.a. Vera Chytilová, Milos Forman, Jirí Menzel und Jan Nemec) in Interviews und Filmausschnitten vor.

Einführung: Ralf Forster

am 15.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

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Nemá barikáda
Die stumme Barrikade

CSR 1949, R: Otakar Vávra, D: Jaroslav Prucha, Barbara Drapinská, Jaroslav Marvan, Marie Vásová OmeU, 128'

Historisches Drama über den Prager Aufstand gegen die deutschen Besatzer im Mai 1945. Barrikaden werden errichtet; einfache, menschliche Episoden bilden ein poetisches Dokument des Aufstands. - "Dieser Streifen zeichnet die Atmosphäre des kämpfenden Prags wirkungsvoll auf und zeigt auch den inneren Sinn dieser Prager Volkserhebung" - so die Ankündigung des tschechoslowakischen Verleihs. "Soweit sich der Film auf diese Beschreibung beschränkt, vermag er wirklich zu erschüttern, mit seinem Pathos und dem Zugeständnis an die neue Kunstdoktrin bringt er sich dann aber schließlich selbst um seine Wirkung. Es soll keineswegs bestritten werden, daß der Jubel der Prager beim Einmarsch der Roten Armee spontan kam und auch echt war, nur ist die Schlußwendung des Films, d.h. der Sprung vom blutigen, verzweifelten und scheinbar hoffnungslosen Kampf zu den optimistisch leuchtenden Gesichtern der Rotarmisten, der Grundstimmung des Films (...) kaum adäquat." (Steffen Wolf, Der tschechoslowakische Film, 1965) Die Erzählungen Die stumme Barrikade (1948) von Jan Drda, der auch am Drehbuch mitarbeitet, erscheint 1951 im Verlag Volk und Welt in der DDR.

Einführung: Tereza Dvoráková

am 16.12.2007 um 18.30 Uhr

 

 

 

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Crisis. A Film of "The Nazi Way"
USA 1939, R: Hans Burger, Herbert Kline, Alexander Hackenschmied, OF, ca. 60'

Schicksalswende
D 1938/39, R: Johannes Häussler, Walter Scheunemann, ca. 35'

Auf der Basis des Münchner Abkommens vom 30. September 1938 annektiert Adolf Hitler das Sudetengebiet. Crisis schildert die Bedrohung der Tschechoslowakei durch Nazi-Deutschland in den Wochen und Monaten davor. Er dokumentiert, wie sich das Land gegen die Bedrohung von außen, aber auch gegen die Aktionen der faschistischen "Sudentendeutschen Partei" von Konrad Henlein wehrt. Bilder von friedlichem Zusammenleben werden Aufnahmen nationalsozialistischer Gewalt gegenübergestellt. Zum Schluss erinnert der Film daran, dass Frieden und Freiheit nur dort möglich sind, wo Menschen entschlossen gegen den Nationalsozialismus kämpfen, um den Siegeszug des Hakenkreuzes zu verhindern. Crisis wird am 12. März 1939 in New York uraufgeführt - vier Tage später besetzt Deutschland die "Rest-Tschechei" und errichtet das "Protektorat Böhmen-Mähren". Bereits zwei Wochen später wird der nationalsozialistische Propagandafilm Schicksalswende fertig gestellt; er soll Hitlers Expansionskurs legitimieren. Der Film arbeitet mit allen Mitteln der Geschichtsfälschung, bildlicher und musikalischer Suggestion und antisemitischer Propaganda. In Prag, so heißt es, atme "jeder Stein und jeder Giebel" deutschen Geist. Dokumentarische Aufnahmen sollen die "Willkür der Tschechen" gegenüber den Sudetendeutschen belegen; "Nutznießer" seien "wie überall, die Juden", die das Land "plünderten" und "unaufhörlich zum Kriege gegen Deutschland" hetzten. Schicksalswende wird von der Reichspropagandaleitung der NSDAP hergestellt und als "staatspolitisch wertvoll" deklariert.

Einführung: Jeanpaul Goergen

am 16.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

CINEFEST: FILM IM HERZEN EUROPAS
Musíme si pomáhat
Wir müssen zusammenhalten

CZ 2000, Regie: Jan Hrebejk, D: Boleslav Polívka, Anna Sisková, Jaroslav Dusek, Csongor Kassai DF, 124'

Eine schwarze Komödie über Helden aus Mitgefühl, anständige Menschen und Verräter in einer sudetendeutschen Kleinstadt in der Tschechoslowakei während des Zweiten Weltkriegs. Das wohlhabende kinderlose Ehepaar Cízek mit guten Kontakten zu den deutschen Besatzern versteckt den aus Theresienstadt geflohenen jüdischen Nachbarn. Aber es droht die ständige Entdeckung durch den sudetendeutschen Hausfreund und Nazi-Kollaborateur... - "Mein Anliegen war es, eine ernste Geschichte in einem komödiantischen Ton zu erzählen. Die Geschichte des Films ist meine persönliche Reflektion über die Kraft der menschlichen Würde. Sie beweist, dass manchmal ein kleines Zeichen von Anständigkeit zu großem Heldentum, und andererseits eine kleine Gemeinheit zu einer Tragödie führen kann." (Regisseur Jan Hrebejk) Der Komponist Ales Brezina über seine Musik: "Ich benutzte sowohl den schrecklichsten musikalischen Kitsch und einfälligste Melodien jener Jahre, aber auch die Edelsteine der klassischen deutschen Musik. Für mich stellt sich der Zweite Weltkrieg als eines der größten Paradoxe dar: der Zusammenstoß, innerhalb einer Nation, der höchsten Kultur mit der brutalsten Barbarei."

am 18.12.2007 um 20.00 Uhr
am 21.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

CINEFEST: FILM IM HERZEN EUROPAS
Vyssí princip
Das höhere Prinzip

CSR 1960, R: Jirí Krejcík, D: Frantisek Smolík, Jana Brejchová, Ivan Mistrík, Marie Vásová, Hanjo Hasse OmeU, 105'

Psychologisches Drama aus der Zeit der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei. Nach dem Attentat auf SS-Obergruppenführer und stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Reinhard Heydrich, am 27. Mai 1942 in Prag terrorisieren die deutschen Besatzer die tschechische Bevölkerung. In einer kleinen Provinzstadt bereiten sich die Primaner eines klassischen Gymnasiums auf das Abitur vor. Drei Schüler werden wegen eines harmlosen Scherzes standrechtlich erschossen. Der alte Lateinlehrer, genannt "Das Höhere Prinzip", stellt sich gegen die Deutschen. Vor seinen Schülern erklärt er, ungeachtet aller Gefahr: "Vom Standpunkt des Prinzips der höheren Sittlichkeit muß ich sagen: Der Mord an einem Tyrannen ist kein Verbrechen! Ich protestiere gegen die Hinrichtung eurer Kameraden, wie jeder anständige Mensch dagegen protestieren muß." - Vyssí princip schildert nicht nur den Terror der Nazis, sondern auch die unterschiedlichen Haltungen der Abiturienten, der Lehrer und anderer Bewohner des Provinzstädtchens. In der DDR läuft der Film 1961 in einer synchronisierten Fassung. Die Bundesrepublik belegt Das höhere Prinzip 1963 mit einem Einführverbot: Er stelle "das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen in ungünstigem Licht dar und gefährdet damit die Aussöhnung der Völker und das Ansehen der Bundesrepublik." Erst Anfang 1965 wird der Film freigegeben.

am 19.12. 2007um 20.00 Uhr

 

 

 

CINEFEST: FILM IM HERZEN EUROPAS
Der Mädchenhirt
D 1919, R: Karl Grune, D: Henri Peters-Arnolds, Magnus Stifter, Alfred Kühne, Fritz Richard, Roma Bohn, Lotte Stein, 70'

Tragödie aus dem Zuhältermilieu nach dem 1914 veröffentlichten gleichnamigen Roman von Egon Erwin Kisch. In engen Gassen und verrufenen Spelunken gehen "der fesche Jarda", "der scharfe Adalbert" und der "schwarze Toni" ihren dunklen Geschäften nach... - "Durch die Regie ist der naturalistische Hintergrund des erschütternden Romans in allen Einzelheiten getreu wiedergegeben. Mit besonderer Genehmigung der tschechoslowakischen Behörden ist der größte Teil der Handlung in der Prager Altstadt gespielt worden." (Der Kinematograph, Nr. 664/1919).

Klavierbegleitung: Peter Gotthardt

am 21.12.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

CINEFEST: FILM IM HERZEN EUROPAS
Der junge Graf
D 1935, R: Karel Lamac, D: Anny Ondra, Hans Söhnker, Hans Junkermann, Fritz Odemar, 91'

Übermütiger Lachschlager zwischen Rummelplatz und Grafenschloss - im Mittelpunkt Anny Ondra, die ihre Karriere als Komikerin im tschechischen Film begann: Ondra ist Zirkusclown, junges Mädchen, "junger Graf" in einer Hosenrolle, geheimnisvolle Spanierin und als Spukgespenst sogar eine "weiße Dame". "Sie reitet und tanzt, lacht und weint, tollt und schmeichelt, liebt und - spukt": so die Filmwerbung. Die Berliner Börsen-Zeitung (10.12.1935) kritisiert dieses "auf ganz primitive Gemüter berechnete Lustspiel" als "zu vorgestrig und lebensfern, zeitfern noch obendrein." Regie führt der Tscheche Karel Lamac, mit dem Anny Ondra in erster Ehe verheiratet war und mit dem sie die 1930 gegründete Ondra-Lamac -Filmgesellschaft betrieb. 1938 zieht sich Lamac aus Deutschland zurück, arbeitet wieder in der Tschechoslowakei und emigriert 1939 nach Großbritannien, wo er 1943 die antifaschistische Kriegskomödie Schweik's New Adventures (siehe Programm vom 2.12.) dreht.

am 22.12.2007 um 19.00 Uhr

 

 

 

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Das Haus in der Karpfengasse
BRD 1963/65, R: Kurt Hoffmann, D: Edith Schulze-Westrum, Frantisek Filipovský, Ladislav Kríz, Wolfgang Kieling, 108'

Prag während der deutschen Okkupation. Das Haus in der Karpfengasse schildert Schicksale der Bewohner des Hauses Karpfengasse Nr. 115, einst Teil des alten Judenviertels von Prag. Hier leben Tschechen, Deutsche, Christen und Juden, bürgerlich und ganz und gar unpolitisch. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag im März 1939 ändert sich ihr bis dahin relativ sorgloses und eigenwilliges Leben und sie werden von der Maschinerie des Terrors überrollt... - Gedreht wird an 70 verschiedenen Schauplätzen in Prag. "Doch das Haus in der Karpfengasse, wie es heute noch in Prag steht, erwies sich für Filmaufnahmen (...) als ungeeignet. Hoffmann wich daher in die gleich um die Ecke gelegene Meiselgasse, die Meislova, aus. Hier fand er die Atmosphäre, auf die es ihm bei der Inszenierung einer realistischen Erzählung ankam. (...) Die Tschechen, der Filmstab, die Behörden und ebenso die Bevölkerung unterstützen die erste deutsche Produktionsfirma, die nach dem Kriege in Prag einen Film drehte, vorbildlich..." (Ingeborg Weber, Der Tagesspiegel, 16.2.1964). Der Film entsteht in einer Kinoversion (108 Minuten) sowie als dreiteilige Fernsehserie (175 Minuten). Das Haus in der Karpfengasse folgt dem gleichnamigen Roman von M. Y. Ben-Gavriêl (Colloquium-Verlag 1958). Die Pressemappe weist darauf hin, dass Das Haus in der Karpfengasse nach Lang ist der Weg (1948) der erste Film sei, "der sich unmittelbar mit der Tragödie des jüdischen Volkes während des Dritten Reiches auseinandersetzt."

am 22.12.2007 um 21.00 Uhr

 

 

 

CINEFEST: FILM IM HERZEN EUROPAS
Ach, du fröhliche...
BDDR 1961/62, R: Günter Reisch, B: Hermann Kant, D: Erwin Geschonneck, Karin Schröder, Arno Wyzniewski, Herwart Grosse, Marianne Wünscher, Mathilde Danegger, 95'

Weihnachten 1961: Walter Lörke, Arbeitsdirektor des VEB "13. August", freut sich auf ein gemütliches Fest im Familienkreis. Da überrascht ihn seine Tochter Anne mit dem zukünftigen Schwiegersohn Thomas. Und sie eröffnet ihm, dass sie schwanger ist. Als Thomas mit seiner kritischen Haltung zum Arbeiter- und Bauernstaat nicht hinterm Berg hält, kommt es zum Streit. Lörke verlässt wütend seine Wohnung, um Erkundigungen über seinen "renitenten Schwiegersohn" (Inhaltsangabe des DEFA-Studios) anzustellen...
Hermann Kant schreibt das Drehbuch nach der Komödie Und das am Heiligabend des tschechoslowakischen Dramatikers Vratislav Blazek. "Mit viel Menschenkenntnis und politischer Klarheit hat Hermann Kant den Personen der Filmfassung ein unverwechselbares Profil gegeben." (Progress-Dienst, 41/62) Kant verlegt die Handlung aus der Tschechoslowakei in die DDR und stattet sie mit Bezügen und Details des ostdeutschen Alltags aus. "Im Hinblick auf eine realistische Darstellung und eine bessere Dosierung der Ideologie hat die DEFA zweifellos Fortschritte gemacht. Von Liberalisierungstendenzen, wie sie in anderen Ostblockländern seit längerem zu beobachten sind, kann keine Rede sein. Dennoch wirkt dieser Film entschlackt und unkonventionell." (Evangelischer Film-Beobachter, 34/1964)

am 23.12.2007 um 20.00 Uhr

 

 

 

 

 
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