Zeughauskino

 

Kino im Zeughaus | Programm | Programmarchiv

 

Download: Zeughauskino: Grundrechte (.pdf)

  GRUNDRECHTE

 

GRUNDRECHTE

Am 19. September eröffnet das Deutsche Historische Museum unter dem Titel IM NAMEN DER FREIHEIT eine Ausstellung, die sich mit zentralen Etappen der deutschen Verfassungsgeschichte auseinandersetzt, der 1849 verkündeten Verfassung des Deutschen Reiches, der Weimarer Reichsverfassung (1919), den Verfassungen der beiden deutschen Staaten (jeweils 1949) und einer immer stärker werdenden ostdeutschen Bürgerbewegung, die schließlich auf einer Massendemonstration auf dem Berliner Alexanderplatz die auch in der DDR-Verfassung garantierten Freiheitsrechte einfordert (4.11.1989). Das Zeughauskino begleitet diese Ausstellung mit einer Filmreihe zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Sie konzentriert sich auf die ersten 19 Artikel, die sogenannten Grundrechte, welche die Rechte eines jeden Menschen bzw. eines jeden Staatsbürgers gegenüber den Trägern der Hoheitsgewalt benennen. Den 19 Grundrechten stellt die Filmreihe jeweils einen westdeutschen Spiel- oder Dokumentarfilm an die Seite. Die ausgewählten Filme sollen dabei den Verfassungstext weniger illustrieren und veranschaulichen. Vielmehr erzählen die Filme von den Schwierigkeiten und Konflikten, die sich mit den Grundrechten im Zusammenleben der Deutschen ergeben haben und die sie möglicherweise weiterhin begleiten werden.

 

GRUNDRECHTE
Lichter
D 2003, R: Hans-Christian Schmid, D: Ivan Shvedoff, Anna Janowskaja, Sergej Frolov, Sebastian Urzendowsky, Devid Striesow, August Diehl, 105’

Frankfurt an der Oder auf deutscher, Slubice auf polnischer Seite: Noch trennt das Wohlstandsgefälle die Menschen beiderseits des Flusses. Der Episodenfilm erzählt von kleinen Leuten, die durch ihr Schicksal über die Grenze hinweg für zwei Tage miteinander verbunden sind: Die drei Ukrainer Kolja, Anna und Dimitri stranden, von ihrem Schlepper im Stich gelassen, in Slubice statt in Berlin. Auf einem heruntergekommenen Hof bei Frankfurt leben Maik und seine Söhne vom Zigarettenschmuggel. Katharina ist vor der Fürsorge ausgerissen. Ingo träumt von der Selbständigkeit mit einem Matratzen-Discount. Der polnische Taxifahrer Antoni braucht dringend Geld für das teure Kommunionkleid seiner Tochter. Die beim Bundesgrenzschutz arbeitende Übersetzerin Sonja hilft einem verhafteten Ukrainer. Der Berliner Architekt Philip trifft in Slubice seine ehemalige polnische Freundin wieder. Zwanzig Schicksale verknüpfen sich... - „Die Figuren müssen kämpfen, immer weiter kämpfen und geben trotzdem nicht auf. Egal ob es um Kleinigkeiten wie ein Kommunionkleid oder – wie im Falle der Flüchtlinge aus der Ukraine – um Leben und Tod geht. Ich empfinde für diese Menschen, die so für ihr Glück kämpfen, eine sehr große Sympathie. (Hans-Christian Schmid) – Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

am 21.9.2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Angst essen Seele auf
BRD 1973, R: Rainer Werner Fassbinder, D: Brigitte Mira, El Hedi Ben Salem, Barbara Valentin, Irm Hermann, 93’

Eine einfache Geschichte: In einem Lokal lernt die 60jährige Witwe Emmi den erheblich jüngeren marokkanischen „Gastarbeiter“ Ali kennen. Aus der Zufallsbekanntschaft wird Liebe, sie ziehen zusammen, heiraten – gegen den Widerstand von Emmis erwachsenen Kindern, die daraufhin den Kontakt mit der Mutter abbrechen. Die scharfe Ablehnung durch die Nachbarn und Verwandten schweißt das Paar zusammen. Als hingegen die Umwelt die Liebesbeziehung, wenn auch nur aus geschäftlichen Gründen, zu akzeptieren beginnt, wachsen die Unstimmigkeiten und inneren Probleme des Paares. „Der Reiz des Films liegt wirklich darin, daß es gut geht zwischen den beiden, daß so eine Liebe überhaupt möglich ist. Die Erwartungshaltung des Zuschauers ist doch, so eine Geschichte kann nicht gut gehen. Die Partikel, aus denen der Film zusammengesetzt ist, finde ich eigentlich schon sehr realistisch. Ich weiß nur nicht, ob die Geschichte als ganzes realistisch ist. Aber das ist mir auch egal gewesen, weil der Realismus doch immer beim Betrachter passiert. Das, was dann mit der Wirklichkeit zu tun hat, das kann doch nur im Kopf des Zuschauers passieren.“ (Rainer Werner Fassbinder) – Artikel 2 des Grundgesetzes legt fest, dass jeder das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

am 21.9.2008 um 21.00 Uhr
am 26.9.2008 um 21.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Stammheim
BRD 1985/86, R: Reinhard Hauff, Buch: Stefan Aust, D: Ulrich Pleitgen, Therese Affolter, Ulrich Tukur, Sabine Wegner, Hans Kremer, 107’

Der Prozess gegen Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe im Hochsicherheitstrakt von Stuttgart-Stammheim beginnt im Mai 1975. Er dauert 192 Tage und endet im April 1977 mit einem „lebenslänglich“ für die Angeklagten; Ulrike Meinhof hatte sich während des Prozesses am 8. Mai 1976 in ihrer Zelle erhängt. Der Prozess gegen die führenden Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) offenbart Grenzen der Rechtsprechung: Zwischen dem Versuch des Gerichts, die Taten der RAF strikt nach dem Strafrecht und die Angeklagten als gewöhnliche Kriminelle zu behandeln, und dem Ziel der RAF, die Verhandlungen zu einem politischen Prozess umzufunktionieren und sich den Status von politischen Gefangenen zu erkämpfen, gibt es keinen Mittelweg. „Alle Fragen, die von den Angeklagten im Stammheimer Prozeß aufgeworfen sind, sind heute so wenig von der Politik beantwortet, wie sie es damals waren. Der gesamte Komplex ‚Widerstand’ – in welcher Form ist Widerstand erlaubt, gerechtfertigt, notwendig, wann wird er kriminell, strafrechtlich verfolgbar – ist in seiner Problematik aktuell, wie damals. Und nicht nur in der BRD, sondern weltweit.“ (Reinhard Hauff) – Artikel 3 des Grundgesetzes: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“

am 28.9.2008 um 21.00 Uhr
am 30.9.2008 um 20.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Hamburger Lektionen
D 2006, R: Romuald Karmakar, D: Manfred Zapatka, 133’  Digi Beta

Filmische Lesung. Der Schauspieler Manfred Zapatka trägt zwei „Lektionen“ des Imam Mohammed Fazazi der Hamburger Al-Quds-Moschee von Januar 2000 vor. Später wird bekannt, dass drei der vier Selbstmordpiloten vom 11. September 2001 regelmäßig diese Moschee besuchten. Fazazi wird 2003 im Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen in Marokko zu 30 Jahren Haft verurteilt. Nicht weniger als 10 Personen übersetzten seine auf Video aufgezeichneten Hamburger Predigten. „Wenn wir nicht die Anstrengung leisten, genau zu verstehen, was gesagt wird, können wir auch nicht über das Thema reden. (...) Fazazi sagt, dass man den so genannten Ungläubigen die Hälse abschneiden darf; es gibt eine Stelle, wo er das sehr deutlich erklärt und Gründe dafür nennt. (...) Gleichzeitig muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass es ein Imam ist, der im Januar 2000 eine Rede hält und dieser Imam einer ganz bestimmten Rechtsschule im Islam angehört, nämlich der des Salafismus; selbst innerhalb des Salafismus gibt es wieder Unterkategorien, z.B. Leute, die Gewalt ablehnen. (...) Sehr wichtig ist auch, nach welcher Struktur er die Demokratie ablehnt. Er sagt, der Gott der Demokratie ist das Volk, und das Volk wählt Vertreter, und diese Vertreter in der Regierung oder in der Opposition machen nichts anderes, als Muslime weltweit zu unterdrücken, auch die deutsche Regierung.“ (Romuald Karmakar) – Artikel 4 des Grundgesetzes garantiert die Freiheit des Glaubens und gewährleistet die ungestörte Religionsausübung.

am 1.10.2008 um 20.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Emden geht nach USA
BRD 1976, R: Klaus Wildenhahn, K: Gisela Tuchtenhagen

1. Teil: Abbauen, Abbauen, 61’
2. Teil: Wir können so viel, 62’
3. Teil: Voll rein, 59’
4. Teil: Und nun kommst du, 59’

Emden, Ostfriesland, Sommer 1975. Das 1964 gebaute VW-Werk in Emden ist der wichtigste Arbeitgeber der Region. Hier werden vor allem Autos für den Export in die USA gebaut. Aber die Automobilindustrie ist in einer Krise. Der VW-Konzern plant ein Zweigwerk in den USA und die Arbeiter in Emden fürchten um ihre Arbeitsplätze. Der vierteilige Film von Klaus Wildenhahn und Gisela Tuchtenhagen beobachtet die Reaktionen der Arbeiter, besonders von Vertrauensleuten, auf diese Bedrohung und verfolgt ihre Aktionen, um den Abbau der Produktion zu verhindern. Der 1. Teil porträtiert Ferdinand Dierks, Vertrauensmann der IG Metall, verheiratet, sechs Kinder. Die Filmemacher dürfen nur auf dem Territorium des Betriebsrates drehen, nicht in der Produktion. Der 2. Teil schildert, welche Maßnahmen die IG Metall ergreifen will. Im ersten Halbjahr 1975 wurden bereits 1.000 Arbeiter entlassen. Die Vertrauensleute diskutieren über eine große Protestkundgebung. Plötzlich steigt die Nachfrage nach Autos: Mehrarbeit und Sonderschichten fallen an. VW entzieht den Filmemachern die Drehgenehmigung. Der 3. Teil protokolliert die Vorbereitungen der Gewerkschaft für die Protestkundgebung. Die Filmemacher begleiten die Arbeiter in den Bussen, die sie von ihren Heimatdörfern zum Werk bringen: Wie ist die Stimmung unter der Belegschaft? Die Werksleitung versucht, Lautsprecherdurchsagen der IG Metall vor dem Werkstor zu verhindern. Mitte September 1975 findet vor dem Emdener Rathaus die Protestkundgebung der IG Metall statt: über ihren unspektakulären Verlauf berichtet der letzte Teil von Emden geht nach USA. „Die Absicht des Dokumentarfilms ist es nicht, Sensationen hinterherzulaufen. Das Drama liegt im Alltag. Der Alltag in der BRD: unter den schwierigsten Bedingungen bilden sich langsam Bewußtsein und Stärke.“ (Wildenhahn/Tuchtenhagen: Nach den Dreharbeiten des Films, Sommer 1976) – Artikel 8 des Grundgesetzes steht allen Deutschen das Recht zu, „sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“

am 4.10.2008 um 18.30 Uhr (1. und 2. Teil)
am 4.10.2008 um 21.00 Uhr (3. und 4. Teil)

 

 

GRUNDRECHTE
Die Gedanken sind frei
D 2007, R: Saara Aila Waasner, K: Marcel Seehuber, 52’ Digi Beta

Portrait der 44jährigen Susanne, die seit ihrem 18. Lebensjahr an einer Zwangserkrankung leidet. Nachdem ihre Mutter mit der Situation überfordert ist und Medikamente sowie Klinikaufenthalte weitgehend erfolglos bleiben, findet sich eine Großfamilie in München, die Susanne bei sich aufnimmt. Inzwischen sind mehr als 20 Jahre vergangen. Mit überraschender Ironie und einer feinen Selbstwahrnehmung spricht Susanne über ihre Erkrankung, deren Auslöser und die Frage, ob sie den Mut hat, wieder völlig gesund zu werden. „Als ich Susanne zum ersten Mal traf, sprach sie nicht mit mir“, erzählt Saara Aila Waasner. „Trotzdem war diese Begegnung so überraschend, dass ich mich danach entschied, Susanne und die Familie mit der Kamera zu begleiten.“ Beim Deutschen Kurzfilmpreis 2007 gewinnt der Film einen Sonderpreis. Aus der Begründung der Jury: „Die Protagonistin scheint nicht einmal zwischen Stummheit oder Starre wählen zu können. Aber die Kamera wirkt wie ein Katalysator: In geschickt gebauten Situationen, angestoßen durch Fragen, beginnt die Protagonistin selbst zu sprechen und vermittelt mit Eloquenz und feiner Selbstironie Innenansichten ihrer Krankheit.“ – Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

am 8.10.2008 um 20.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Klassenleben
D 2005, R: Hubertus Siegert, K: Armin Fausten, 90’

Über einen Zeitraum von sechs Monaten beobachtet Hubertus Siegert das Leben in einer fünften Klasse der Fläming-Grundschule in Berlin-Schöneberg: Arbeitsgruppen werden gebildet, Referate vorbereitet, es gibt Diktate, Prüfungen, Hausaufgaben und ausgelassene Pausenspiele der Elfjährigen. Aber es ist eine ganz besondere Klasse, denn unter den 20 Schülern sind auch ein blindes Mädchen, eins mit dem Down-Syndrom sowie ein lernschwacher Junge. Die behinderten Kinder sind in den Klassenverband integriert, die Klassenlehrerin wird in ihrer Arbeit von pädagogischen Assistenten und Fachlehrern unterstützt. Eine „integrative Förderklasse“, die vorlebt: „Wir können auch anders!“ Hubertus Siegert: „Ich wollte beobachten, wie sich die verschiedenen Kinder in dieser unge­wöhnlichen Klasse entwickeln, und he­rausfinden, wie man das zu einem Film zusammen fügen kann. Ich wollte also nicht das Konzept dieser Schule doku­mentieren, sondern sehen, was in der Klasse passiert. Ich wollte die Kinder kennenlernen. (…) Mich haben die Wider­sprüche gereizt, die bei der Umsetzung von Konzepten notwendigerweise immer entstehen. Gerade die bestimmende Art der Klassenlehrerin war für mich bei den Dreharbeiten mindestens so eine Heraus­forderung wie die gleichberechtigte Anwe­senheit der Behinderten.“ – Artikel 7 des Grundgesetzes stellt das gesamte Schulwesen unter die Aufsicht des Staates und gewährleistet das Recht zur Errichtung von privaten Schulen.

am 11.10.2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Kinderspiele
D 1992, R: Wolfgang Becker, B: Horst J. Sczerba, Wolfgang Becker, D: Jonas Kipp, Oliver Bröcker, Burghart Klaußner, Angelika Bartsch, 106’

Eine Jugend in den 1960er Jahren, irgendwo in Westdeutschland. Der 11jährige Micha, der nach dem Sommer aufs Gymnasium gehen wird, leidet unter der Engstirnigkeit und den unkontrollierten Wutausbrüchen seines Vaters, eines einfachen Maurers. Wenn es Schläge hagelt, schaut seine Mutter weg; sie ist nur darauf bedacht, den kleinen Bruder zu beschützen. In einer alten Fabrikhalle trifft sich Micha mit seinem Freund Kalli, der ihn in die Geheimnisse des Erwachsenwerdens einweiht. Als die Familie auseinanderbricht, versucht Micha zu vermitteln, aber der Vater schlägt erneut zu und es kommt zur Katastrophe. „Die Szenen sind hart, weil sie in der Realität jederzeit möglich sind. Das spürt der Zuschauer natürlich genau. Es geht einfach mehr an die Nieren zu sehen, wie ein Kind erbarmungslos verprügelt wird, als sich anzuschauen, wie irgendwelche Gangster sich gegenseitig abschlachten. (...) Gewalt, und gerade Gewalt in der Familie, ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig und kann auch im Film nicht einfach ausgespart werden.“ (Wolfgang Becker) – Laut Grundgesetz Artikel 6 stehen Ehe und Familie „unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“

am 11.10.2008 um 21.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Durchfahrtsland
D 2005, R: Alexandra Sell, K: Justyna Feicht, Henning Drechsler, 91’

Zwischen Köln und Bonn liegen Gegenden, die man durchfährt, um anderswo einen Ausflug zu machen: Hier steigt Alexandra Sell aus und taucht in eine fremde Welt ein. Ein Jahr lang begleitet sie ihre vier Hauptdarsteller: Hans Wilhelm Dümmer, der Pfarrer von zwei seit Jahrhunderten verfeindeten Nachbardörfern; die Krimiautorin Sophia Rey, die ihre Bücher selbst verlegt, in ihrem Heimatdorf aber unbeachtet bleibt; Mark Basinsky, das jüngste Mitglied eines Junggesellenvereins, der davon träumt, Modedesigner in Mailand zu werden; und Giuseppe Scolaro, leidenschaftlicher Erster Vorsitzender eines Spielmannszuges. Ein dokumentarischer Essay über Provinz und Traditionen. „Ich denke nicht, dass die traditionellen Bräuche im Vorgebirge Gefahr laufen, zu bloßer Folklore zu werden. Schon deshalb nicht, weil das Vorgebirge keine Touristengegend ist, man zelebriert diese Bräuche für sich selbst. So sind viele der Junggesellenvereine in den frühen neunziger Jahren wieder neu gegründet worden und seitdem in Mode. Die Vereine sind übrigens alle streng katholisch. (…) Ich habe aber alles getan, um die Würde meiner Protagonisten zu wahren, sowohl bei den Dreharbeiten, als auch später im Schnitt. Der Schutz der Privatsphäre war mir sehr wichtig, vor allem bei Pfarrer Dümmer, der bereits eine öffentliche Person ist und ohnehin ständig neugierig beobachtet wird.“ (Alexandra Sell) – Artikel 9 des Grundgesetzes: „Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.“

am 12.10. 2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Die verlorene Ehre der Katharina Blum
BRD 1975, R: Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta, D: Angela Winkler, Mario Adorf, Dieter Laser, Jürgen Prochnow, Heinz Bennent, Hannelore Hoger, 106’

Köln, Karneval. Die scheue Haushälterin Katharina Blum verbringt die Nacht mit einer Zufallsbekanntschaft – ein polizeilich gesuchter Deserteur. Am nächsten Morgen beginnt der Alptraum: Mit unverhältnismäßigem Aufwand stürmt ein Sondereinsatzkommando ihre Wohnung. Katharina wird als Staatsfeindin vorverurteilt; ihre Festnahme wird mit aller Härte durchgezogen. Das Boulevardblatt ZEITUNG beschafft sich illegal Informationen, arbeitet unter der Hand mit der Polizei zusammen, verdächtigt, lügt und fälscht. Diese Hetze überträgt sich auf die Nachbarn: sie wird angepöbelt, erhält obszöne Anrufe. Von Polizei und Sensationspresse immer stärker unter Druck gesetzt, sieht Katharina keinen anderen Ausweg, als sich mit einer Verzweiflungstat zur Wehr zu setzen... „Nein, der Film kann nicht als eine Aufforderung zur Gewalt mißverstanden werden. Er beschreibt Gewalt. Die Medien, die Polizei, die Justiz erfassen alle Lebensbereiche. Die Gewalt, die sie ausüben, soll hier nicht analysiert werden. Stattdessen zeigen wir einen Menschen, der ihr ausgesetzt ist. Die Schüsse, die Katharina auf den Reporter Tötges abgibt, sind nicht als Aufforderung zu verstehen: ‚Schießen Sie auf den Journalisten!’ Sie signalisieren die Forderung, wehrt euch, zieht die Menschen zur Verantwortung, die euch Unrecht tun. Letztlich beinhaltet das den Glauben an die Besserungsfähigkeit unserer Zustände.“ (Aus Arbeitsnotizen von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta) – Artikel 10 des Grundgesetzes: „Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“

am 17.10.2008 um 19.00 Uhr
am 19.10.2008 um 21.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Geschichten aus zwölf und einem Jahr
BRD 1985, R: Manfred Stelzer, Musik: Rio Reiser, 92'

Lebenswege ehemaliger Bewohner des Georg-von-Rauch-Hauses in Berlin-Kreuzberg. Am 6. Dezember 1971 löst die Besetzung des leerstehenden Bethanien-Krankenhauses am Mariannenplatz eine bundesweite Bewegung aus; überall besetzen Jugendliche leerstehende Häuser und richten selbstverwaltete Jugendzentren ein. Dreizehn Jahre danach erzählt Manfred Stelzer in einer Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm dreizehn Geschichten der ehemaligen Besetzer: Arbeitslose, Heimzöglinge, Trebegänger... „Das sind Menschen, die ich sehr mag, weil sie etwas versucht haben, das eigentlich unmöglich ist. Menschen, die ausgebrochen und zusammengezogen sind und sich gegenseitig geholfen haben. Sie wollten etwas anderes als die Welt, die man nicht mag. (...) Träumer, die versucht haben, ihre Träume zu realisieren. Dabei stießen sie natürlich auf Widerstände, Traurigkeiten, aber sie suchen ihre Träume, alle, bis heute.“ (Manfred Stelzer) – Artikel 11 des Grundgesetzes: „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.“

am 18.10.2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Chapeau Claque
BRD 1974, R: Ulrich Schamoni, D: Ulrich Schamoni, Anna Henkel, Jürgen Barz, 94’

Eine große Unternehmer-Dynastie geht zu Ende, niemand kauft mehr Chapeau Claques (Klappzylinder). Hanno Gießen (Ulrich Schamoni), der 33jährige Sohn eines Hutfabrikanten, gibt sich nach einem gewinnbringenden Konkurs ganz dem süßen Nichtstun hin – und läßt sich dabei für die Nachwelt filmen. Sein Programm: Faulheit als Ausweg aus der Leistungs- und Streßgesellschaft. In abgewetzten Bademänteln schlurft er durch seine mit Kunst und Kitsch vollgestellte Großstadtvilla. Am halbgefüllten Swimmingpool im verwilderten Garten räkelt sich barbusig die junge Anna (Anna Henkel). Unter den weiteren Mitwirkenden die vier Insterburgs (Karl Dall, Ingo Insterburg, Jürgen Barz, Peter Ehlebracht), Wolfgang Neuss, Peter Schlesinger, Rolf Zacher und Ben Wargin. „Hanno Gießen ist ein skurriler Außenseiter, der die Grenzen des Wachstums zugunsten einer besseren Lebensqualität schon frühzeitig für sich abgesteckt hat, damit aber nicht glücklich ist. Er ist ein Robinson Crusoe inmitten der Großstadt, ein Fossil aus Zeit, die sich ständig weiter ad absurdum führt.“ (Ulrich Schamoni) – Artikel 12 des Grundgesetzes: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden...“

am 18.10.2008 um 21.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Draußen bleiben
D 2007, R: Alexander Riedel, K: Martin Farkas, 84'

In der Flüchtlingsunterkunft werden sie Freundinnen: Valentina (16) aus dem Kosovo, deren Aufenthalt immer nur für zwei oder drei Monate geduldet wird, und Suli (17) aus Uigurien im Nordwesten Chinas, die als politischer Flüchtling anerkannt ist. Ein Jahr lang beobachtet der Film ihren Alltag am Münchner Stadtrand. Sie hängen mit anderen Mädchen in U-Bahnhöfen, beim Chatten oder auf dem Bolzplatz ab und spielen Straßenfußball. Hier fühlen sie sich frei, unbeobachtet von Familie, Lehrern und Behörden. Als Anführerin einer Mädchengang wird Valentina in Schlägereien verwickelt, legt sich mit der Polizei an: vier Wochen Jugendarrest. Suli macht sich Sorgen, denn Valentina will nicht auf bessere Zeiten warten, will ihr Leben selbst in die Hand nehmen... „Ich wollte einen Film machen über Gründe und Implikationen individueller Verweigerung. Doch hat sich dabei nach und nach die kollektive Verweigerung durchgeschlagen, das Gefühl, dass sich hier eine ganze Gesellschaft verweigert, mit bestimmten Menschen keine angemessene Umgangsform finden will. Jenseits gängiger Vorurteile wollte ich das Lebensgefühl dieser jungen Menschen aufspüren, und von dieser bewusst und unbewusst gelebten Anarchie der Valentina erzählen, die trotz der Umstände, oder gerade wegen der Umstände, frei von gesellschaftlichen Konventionen zu agieren scheint.“ (Alexander Riedel) – Artikel 11 des Grundgesetzes: „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.“

am 19.10.2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Die fetten Jahre sind vorbei
D/AU 2004, R: Hans Weingartner, D: Daniel Brühl, Julia Jentsch, Stipe Erceg, Burghart Klaußner, 129’

Die Aktivisten Jan und Peter, Mitte zwanzig, verstehen sich als „Erziehungsberechtigte“: Sie brechen bei reichen Leuten ein, stehlen aber nichts. Sie richten vielmehr ein „kreatives Chaos“ an, das sie mit Botschaften wie „Sie haben zu viel Geld“ und „Die fetten Jahre sind vorbei“ begründen. Jan lernt die hochverschuldete Kellnerin Jule kennen; sie hatte unversichert einen Autounfall mit dem Top-Manager Hardenberg. Als sie in dessen Villa eindringen und dabei von Hardenberg überrascht werden, geraten sie in Panik und verschleppen ihn auf eine einsame Almhütte. Zwischen den jungen Aktivisten und dem Manager entwickelt sich eine eigenartige Beziehung, und zwischen Jan, Peter und Jule bahnt sich eine Dreiecksgeschichte an… „Ich hatte in der Zeitung eine Geschichte gelesen von einem französischen Arzt, der zwanzig Jahre lang in die Villen seiner Freunde eingebrochen ist, die gestohlenen Sachen aber nur in seinem Keller gelagert, nie etwas verkauft hat. Das hatte so etwas Poetisches, diese private Revolte – und diese Idee hat sich dann verbunden mit der Liebesgeschichte. (…) Ich wollte versuchen, einen politischen Film zu machen, in dem es nicht dauernd regnet und alle depressiv sind.“ (Hans Weingartner) – Artikel 14 des Grundgesetzes legt fest: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.“

am 21.10.2008 um 20.00 Uhr
am 26.10.2008 um 21.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Lina Braake oder Die Interessen der Bank können nicht die Interessen sein, die Lina Braake hat
BRD 1974, R: Bernhard Sinkel, D: Lina Carstens, Fritz Rasp, Herbert Bötticher, 88’

Komödie um zwei Senioren, die sich ihr Recht auf Wohnung mit einem raffiniert eingefädelten Kreditbetrug erkämpfen, denn „die Interessen der Bank können nicht die Interessen sein, die Lina Braake hat“. Die 82jährige Lina (Lina Carstens) verliert ihr gewohntes Umfeld: Das Haus in der Münchner Innenstadt, in dem sie Wohnrecht hatte, fällt an eine Bank, die es für einen Neubau abreißen lässt. Die alte Frau muss in ein Altersheim, wo sie sich vor den entwürdigenden Zuständen in Apathie und Resignation flüchtet. Im Heim lebt aber auch der überaus muntere 84jährige Gustaf (Fritz Rasp), ein entmündigter Bankrotteur, der listig die Heimregeln unterläuft. In Lina erwacht neuer Lebensmut. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, um sich an der Bank zu rächen und sich in einem Landhaus auf Sardinien neues Wohnrecht zu sichern... Bernhard Sinkel über seine Figuren, die trotz ihres Alters aus Zwängen ausbrechen: „Üblich sind drei Möglichkeiten: Amok zu laufen, Selbstmord zu begehen oder sich auf eine einsame Insel, in den Elfenbeinturm zurückzuziehen. Ich will mit dieser Geschichte zeigen, daß man seine Bedürfnisse ernst nehmen, zum zentralen Punkt machen und durchsetzen soll.“ – Grundgesetz, Artikel 13: „Die Wohnung ist unverletzlich.“

am 22.10.2008 um 20.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Otzenrather Sprung
D 2001 R: Jens Schanze, K: Börres Weiffenbach, 63’

Otzenrath 3º kälter
D 2007 R: Jens Schanze, K: Börres Weiffenbach, 81’ Digi Beta

Für den Braunkohletagebau im Rheinland werden seit Ende des Zweiten Weltkriegs mehr als 30.000 Menschen umgesiedelt. Garzweiler ist eine der Ortschaften, die dem Tagebau in den achtziger Jahren weichen müssen. Im November 1998 erteilt die Landesregierung Nordrhein-Westfalens die Genehmigung für den Folgetagebau, genannt Garzweiler II. Der Dokumentarfilm begleitet die Einwohner der Umsiedlerorte Holz, Otzenrath und Spenrath während ihres letzten Jahres in der alten Heimat und zeigt, wie eine ganze Region auf die Umsiedlung vorbereitet wird. „Ein betörend schöner Film, schlicht und streng und schwarzweiss. Der Film – glänzend fotografiert von Kameramann Börres Weiffenbach – legt, mit ungewöhnlich tiefenscharfer Anschauung und klar konturierten Perspektiven, eine mentale Landkarte aus. Hier die Beschreibungen, die Erinnerungen, die Aussichten ortsgebundener Lebensläufe. Dort die – gar nicht sarkastischen – Formeln der Planer.“ (Adolf Grimme-Preis 2002). Jens Schanze wurde durch eine Zeitungsreportage auf das Thema aufmerksam: „Während der über ein Jahr verteilten Dreharbeiten sind uns vor allem Menschen begegnet, die angesichts ihrer fremdbestimmten Zukunft wie gelähmt sind.“ – Laut Artikel 15 des Grundgesetzes können Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden
In Otzenrath 3º kälter setzt Jens Schanze die im Jahr 2001 mit Otzenrather Sprung begonnene Langzeitbeobachtung fort. Wie hat der Verlust der vertrauten Landschaft und die Umsiedlung nach Neu-Otzenrath das Leben der Menschen verändert? Über einen Zeitraum von 10 Monaten begleitet der Film aber auch die öffentlichen Auftritte der Vertreter der Stromkonzerne.

am 24.10.2008 um 19.30 Uhr (Otzenrather Sprung)
am 24.10.2008 um 21.00 Uhr (Otzenrath 3º kälter)

 

 

GRUNDRECHTE
Dunkle Schatten der Angst
D 1993, R: Konstantin Schmidt, D: Nur Sürer, Tunçel Kurtiz, Annette Uhlen, Hansi Jochmann, Aykut Kayacik, 88’

Eine apathische Frau wird eines Nachts in Berlin aufgegriffen und in die Psychiatrie eingeliefert. Sie wurde zusammen mit einer Gruppe Türken von Schleppern nach Deutschland geschleust. Aber niemand weiß, woher sie kommt, niemand kann sie identifizieren. Offenbar ist sie aber in ihrer Heimat so brutal gefoltert worden, dass sie die Sprache verloren hat: „Asyl“ sagen andere für sie. Die unter der Folter erlebten Grausamkeiten türmen sich zu Alpträumen und Horrorvorstellungen, ihre Persönlichkeit ist zerstört. Die Bemühungen einer engagierten Stationsärztin bleiben erfolglos. Es gibt keinen Ausweg, auch nicht für den Asylbewerber Mohammed, der sich vorgenommen hat, die verstörte und verstummte Unbekannte zu beschützen... In seinem Film, so Konstantin Schmidt, sei es ihm um die allgemeine Frage nach dem „Humanen und Inhumanen“ gegangen. – Artikel 16a des Grundgesetzes: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“

am 25.10.2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Abgehauen
D 1998, R: Frank Beyer, Buch: Ulrich Plenzdorf, D: Peter Lohmeyer, Karoline Eichhorn, Peter Donath, Ann-Kathrin Kramer, Uwe Kockisch, 89’ Digi Beta

Am 16. November 1976 beschließt das Politbüro des Zentralkomitees der SED die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Anlass sind DDR-kritische Äußerungen während seines Konzerts in der Kölner Sporthalle. Am 17. November appellieren dreizehn führende Intellektuelle der DDR in einem offenen Brief an die Staatsführung, die Ausbürgerung Biermanns „zu überdenken“. Drei Tage später trifft SED-Politbüromitglied Werner Lamberz im Haus von Manfred Krug auf die Unterzeichner der Bittschrift; Manfred Krug lässt heimlich ein Tonband mitlaufen... Nachdem sein Ausreiseantrag genehmigt wird, verlässt Manfred Krug am 20. Juni 1977 die DDR. Sein bis zur Ausreise geführtes Tagebuch und das Tonbandprotokoll verarbeit er 1995 in dem Buch Abgehauen, auf dem auch der Film beruht. „Ich glaube, daß man die Grundstory überall in Europa verstehen kann. Es geht hier nicht um ein spezifisches DDR-Problem, auch wenn es ein Film in DDR-Farben ist. Die Frage, wie sich jemand in einer bestimmten gesellschaftlichen Umgebung verhält, ob er konform geht oder Widerstand leistet, betrifft jeden von uns. Und darum geht es in dem Film: Leute haben eine Protestunterschrift geleistet, sind damit ein Risiko eingegangen und haben sich dem Risiko gestellt. Wir stehen auch heute vor solchen Situationen. Das kann jeder nachvollziehen – im Westen wie im Osten.“ (Frank Beyer) – Artikel 17 Grundgesetz gewährt jedermann „das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“

am 25.10.2008 um 21.00 Uhr
am 31.10.2008 um 19.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Jagdszenen aus Niederbayern
BRD 1969, R: Peter Fleischmann, D: Martin Sperr, Angela Winkler, Else Quecke, Michael Strixner, Maria Stadler, 85’

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis kehrt der 20jährige Abram in sein Heimatdorf in Niederbayern zurück: Er habe wegen „ganz warmer Dinge“ eingesessen, heißt es bald. Die Gerüchte über seine Homosexualität wachsen sich über Hänseleien und Sticheleien zu bösartigem Spott aus. Als die als leichtes Mädchen verschriene Magd Hannelore angibt, von Abram schwanger zu sein, steigert sich die Erregung der Dorfbewohner. Es kommt zu einer Menschenjagd, in deren Verlauf Abram zum Mörder wider Willen wird... Nach Martin Sperrs gleichnamigem Theaterstück von 1966. „Das ist ein Film über eine Krankheit, die verbreitet ist wie einst Pest und Syphilis: die Aggressivität. Haß auf eine Minderheit, um die eigene Unzulänglichkeit zu verdecken. Das ist nicht typisch bayerisch, auch nicht typisch für ein Dorf. Dieser eng mit dem Kapitalismus verknüpfte latente Faschismus ist überall, auch in der Großstadt.“ (Peter Fleischmann). – Artikel 18 des Grundgesetzes: „Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit, die Lehrfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum oder das Asylrecht zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte.“

am 26.10.2008 um 19.00 Uhr
am 28.10.2008 um 20.00 Uhr

 

 

GRUNDRECHTE
Von der Revolte zur Revolution oder: Warum die Revolution erst morgen stattfindet
BRD 1968/1969, R: Kurt Rosenthal (Gesamtleitung), Fritz Strohecker, Hellmuth Costard, Carl Schulz, 60’

Dokumentarfilm über die Studentenbewegung in Hamburg von der Belagerung des Springer-Hauses über Auseinandersetzungen am 1. Mai 1968 bis zum Sternmarsch gegen die Notstandsgesetze. „Die APO hatte dazu aufgerufen, gegen die geplanten Notstandsgesetze zu protestieren und organisierte einen Sternmarsch auf Bonn. Es kamen etwa 40.000 Menschen. Kein einziger Polizist war zu sehen. Die Demonstranten zogen in guter Stimmung mit Sprechchören zur Großveranstaltung im Freien. Einige von ihnen versuchten mit den verständnislosen Bürgern von Bonn zu diskutieren, aber die Fronten waren unüberwindbar. Es gab eine Polarisierung in der Bevölkerung: Entweder war man für die APO, oder man war dagegen.“ (Kurt Rosenthal) Die Notstandsgesetze werden am 30. Mai 1968 durch die erste Große Koalition verabschiedet. Sie weiten im Verteidigungsfall, bei inneren Unruhen und Naturkatastrophen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sowie seine Weisungsbefugnisse gegenüber den Bundesländern aus. Außerdem erlauben sie die Einschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie den Einsatz der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes bei inneren Unruhen. Die außerparlamentarische Opposition bekämpft die Notstandsverfassung als Einschränkung der Grundrechte und als Schritt in Richtung autoritärer Staat. - Artikel 19 des Grundgesetzes: „Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. (...) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“

am 29.10.2008 um 20.00 Uhr
am 31.10.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 
  Filmarchiv