Kino im Zeughaus

 

Kino im Zeughaus | Programm | Programmarchiv

 


  HELMUT KÄUTNER

 

HELMUT KÄUTNER

Romanze in Moll, Große Freiheit Nr. 7, Unter den Brücken - es gibt nur wenige gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entstandenen Filme, die es mit diesen Meisterwerken Helmut Käutners aufnehmen können. Sie nährten die Hoffnung auf ein besseres Kino der Nachkriegszeit. Eine Hoffnung, die sich nur eingeschränkt erfüllte. Jedoch, schreibt Georg Seeßlen im CineGraph, "Käutner hat der Versuchung zur Regression zum Teil, der zur Mentalität des Kalten Kriegs ganz widerstanden. Schon deshalb darf die deutsche Filmgeschichte auch ein wenig stolz auf ihn sein." Der zeitgenössischen Kritik waren derartige Gefühlslagen fremd. Stil- und zeitlos seien Käutners Filme, ohne politisches Engagement, einem unverbindlichen Humanismus verhaftet. Am 25. März 2008 wäre Helmut Käutner 100 Jahre alt geworden. Das Zeughauskino widmet ihm eine Retrospektive ausgewählter Kinofilme und lädt alle Interessierten zu einer Neueinschätzung seiner Filme ein.

 

HELMUT KÄUTNER
Kleider machen Leute
D 1940, R: Helmut Käutner, D: Heinz Rühmann, Hertha Feiler, Fritz Odemar, Hans Sternberg, Hilde Sessak, 99'

Märchen-Lustspiel nach Motiven der gleichnamigen Novelle von Gottfried Keller über die Verwechslung eines Schneidergesellen mit einem Grafen. Heinz Rühmann spielt den Schneidergesellen Wenzel, der ohne es zu wollen, zum Hochstapler wird... - Helmut Käutner inszeniert diese Parabel mit einem kabarettistischen Einschlag. In einem Tanzspiel (Musik: Bernhard Eichhorn) dichtet er: "Kein Papst und kein Kaiser, kein mächtiger Fürst / hat die Macht, die der Schneidersmann hat! / Weil, o Mensch, du nach dem gemessen wirst, / was der Schneider dir angemessen hat." "Die Luftschlösser Wenzels weiten sich im Film zu zauberhaften Visionen. Überhaupt dominiert die Bildsprache, die auch kleine Nebensächlichkeiten symbolhaft erfaßt, gegenüber den Dialogen. Durch eine phantastische Ballettpantomime wird am Schluß die unfreiwillige Hochstapelei Wenzels entlarvt." (Günter Schwark, Film-Kurier, 24.10.1940). Gezeigt wird die um acht Minuten gekürzte Nachkriegsfassung von 1950.

am 14.3.2008 um 18.30 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Himmel ohne Sterne
BRD 1955, R: Helmut Käutner, D: Erik Schumann, Eva Kotthaus, Georg Thomalla, Horst Buchholz, Gustav Knuth, Camilla Spira, Erich Ponto, 108'

Dramatischer Zeitfilm um Schicksale im deutsch-deutschen Grenzgebiet. Die Liebe zwischen der ledigen ostdeutschen Mutter und Fabrikarbeiterin Anna Kaminski und dem westdeutschen Zollbeamten Carl Altmann zerbricht an der Zonengrenze. - Helmut Käutner: "Ich will auf gar keinen Fall einen politischen Film mit weltanschaulichen Auseinandersetzungen; der Angriff richtet sich gegen die Grenze, ohne damit eine Lösung des Problems zu geben." Der Kritiker Günter Goll (Süddeutsche Zeitung) nimmt ihm diese Aussage aber nicht ab: "...denn wenn es jemals einen politischen Film gegeben hat, dann diesen. Freilich: Er gibt nur die Auswirkungen der Politik auf die privaten Schicksale von Menschen aus dem Grenzgebiet, die ihrerseits von Politik nichts wissen wollen. Gerade das aber und daß gerade sie am Ende fallen, im Feuer von Ost und West, ist ein umso entsetzlicheres Dokument von der Politisierung unserer Welt."

am 15.3.2008 um 18.30 Uhr
am 21.3.2008 um 18.30 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Die Zürcher Verlobung
BRD 1957, R: Helmut Käutner, D: Liselotte Pulver, Paul Hubschmid, Bernhard Wicki, Wolfgang Lukschy, Rudolf Platte, Werner Finck, 106'

Lustspiel mit Seitenhieben auf die Welle der Heimatfilme und die Auswüchse des Filmgeschäfts. Eine angehende Drehbuchautorin (Liselotte Pulver) lernt einen "unsympathischen" Regisseur (Bernhard Wicki) kennen und verliebt sich in dessen Freund, einen attraktiven Arzt (Paul Hubschmid). Sie schreibt darüber ein Drehbuch, das ausgerechnet der ruppige Regisseur verfilmen soll. Bei den Dreharbeiten lernen sich Autorin und Regisseur aber näher kennen... - Dieser amüsante Unterhaltungsfilm mit Gastauftritten von Sonja Ziemann, Max Schmeling und Anny Ondra spielt in Hamburg und St. Moritz, Zürich und Berlin. Zu Michael Jarys Filmschlager tanzt man Cha-cha-cha: "Ja, ja die Liebe in der Schweiz, Holorihidi / hat ihren ganz besond'ren Reiz, Holorohidi!" "Helmut Käutner versteht sich darauf, Schauspieler zu führen. Die Leichtigkeit für sein Sujet erschöpft sich jedoch in ein paar gelungenen kabarettistischen Pointen." (Karena Niehoff, Der Tagesspiegel, 30.5.1957) Helmut Käutner selbst spielt einen Reporter, der die Dreharbeiten des Films im Film beobachtet.

am 16.3.2008 um 21.00 Uhr
am 19.3.2008 um 20.00 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Schwarzer Kies
BRD 1961, R: Helmut Käutner, K: Heinz Pehlke, D: Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang Büttner, Anita Höfer, 111'

Ein Dorf im Hunsrück, 1960. Auf einem Flugplatz der Amerikaner wird eine neue Piste für Raketenrampen gebaut. Bei dem Versuch, eine LKW-Ladung Kies zu stehlen, wird ein Liebespaar überfahren; die Leichen verschwinden unter dem Kies der Landebahn... - Der Film entsteht in Lautzenhausen, einem 500-Seelen-Ort im Hunsrück, der sich durch die nahe Militärbasis in eine Art Goldgräberstadt verwandelt. Scheunen und Gasthäuser werden zu Bars und Vergnügungsstätten für die GIs umgebaut. In dieser Atmosphäre aus Geldgier, Korruption und Vergnügungssucht kommt man leicht auf die schiefe Bahn. Käutner inszeniert wirklichkeitsnah, die Mädchen in der Atlantic-Bar spielen sich ebenso selbst wie viele der mitwirkenden amerikanischen Soldaten. Zusätzliche Aufnahmen entstehen auf den Schotterwegen am Berliner Teufelsberg. Käutners Versuch, einen spannungsgeladenen, reißerischen film noir kritisch-realistisch zu unterfüttern, stößt jedoch weitgehend auf Ablehnung: Eine "völlig missglückte Zeitkritik", urteilt Karena Niehoff im Tagesspiegel (18.5.1961). Die Jury "Junge Filmkritik" verleiht ihm gar einen Preis für "die schlechteste Leistung eines bekannten Regisseurs." Opas Kino war tot - dass es aber so schlecht nicht war, belegt dieser Film.

Einführung: Jeanpaul Goergen

am 21.3.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Der Hauptmann von Köpenick
BRD 1956, R: Helmut Käutner, D: Heinz Rühmann, Hannelore Schroth, Martin Held, Erich Schellow, 93'

Die tragikomische Geschichte des Berliner Schusters Wilhelm Voigt nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Carl Zuckmayer. Wegen seiner Vorstrafen gerät Voigt in die Mühlen der Bürokratie: Ohne Papiere keine Arbeit, ohne Arbeit keine Papiere! In einer alten Hauptmannsuniform verhaftet Wilhelm Voigt am 16. Oktober 1906 den Bürgermeister von Köpenick und "beschlagnahmt" die Stadtkasse. Die gesuchten Papiere findet er allerdings nicht... - Eine Satire auf Bürokratismus und Militarismus nicht nur des wilhelminischen Zeitalters. "Mit diesem Film hat Käutner seine besondere Begabung endgültig bestätigt, eine Begabung, die sich weniger durch eine eigene Handschrift auszeichnet (...) als durch optische Phantasie, Geschmack, Sinn für das Wesentliche sowohl wie für das Detail, und schließlich in der Kunst, Schauspieler richtig einzusetzen (...) und zu führen, ja, wenn möglich, ihre Grenzen auszuweiten." (Wolfgang Ebert, Die Zeit, 6.9.1956) Heinz Rühmann in der Rolle seines Lebens. "Da ist ein Mensch auf der Leinwand, traurig, eigensinnig, voller Sehnsucht nach den Mitmenschen, hilflos und rührend in seinen scheuen Versuchen, das Leben, die Heimat, die Menschen ,trotz allem' zu lieben." (Karena Niehoff, Der Tagesspiegel, 2.9.1959). In einer Nebenrolle: Helmut Käutner als Hofsänger.

am 22.3.2008 um 19.00 Uhr
am 29.3.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
In jenen Tagen
D (West) 1947, R: Helmut Käutner, K: Igor Oberberg, Heinz Pehlke, D: Werner Hinz, Hans Nielsen, Karl Raddatz, 111'

Episodenfilm aus "jenen Tagen" zwischen 1933 und 1945. Zwei ehemalige Soldaten schlachten einen alten demolierten Opel aus. Dabei stoßen sie auf sieben Requisiten, und das Auto beginnt die Geschichte seiner verschiedenen Besitzer zu erzählen: Das Schicksal eines Emigranten, eines Komponisten "entarteter" Musik sowie einer Jüdin, die mit einem "Arier" verheiratet ist, Desillusionierung, Widerstand und ein Gleichnis aus den letzten Kriegstagen: Der Kradmelder Josef setzt sich über seine soldatische Pflicht hinweg und hilft dem Flüchtungsmädchen Maria mit ihrem Kind... - Helmut Käutner habe die Hand am Pulsschlag unseres Lebens, schreibt Erika Müller in der Zeit: "Es ist kein Zweifel, daß dieser Film, wenn er nicht durch die starken technischen Mängel, besonders des Tons, belastet wäre, im Ausland Aufsehen erregen könnte. Denn er schildert, indem ein Gegenstand - eben dieses Auto - sachlich, objektivierend intensiv betrachtet wird, in schauerlicher Deutlichkeit, den Niedergang einer Kulturnation bis zur völligen Zerstörung und deckt die immer und überall latente Gefahr des menschlichen Irrtums auf." (26.6.1947). Das deutsche Publikum aber wollte keine "Problemfilme" sehen.

am 22.3.2008 um 21.00 Uhrr
am 23.3.2008 um 18.30 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Kitty und die Weltkonferenz
D 1939, R: Helmut Käutner, D: Hannelore Schroth, Fritz Odemar, Christian Gollong, Maria Nicklisch, Max Gülstorff, Paul Hörbiger, 95'

Lustspiel. Im Edenhotel in Lugano tagt eine Weltkonferenz, während im Salon des Hotels die junge Maniküre Kitty arbeitet. Um einem holländischen Reporter zu imponieren, gibt sie sich als Sekretärin des englischen Wirtschaftsministers aus. Die kleine Lüge entwickelt sich bald zu einem großen Coup. - Die erste Regiearbeit von Helmut Käutner, der auch das Drehbuch und die Liedtexte (Musik: Michael Jary) schreibt. Er wolle, so Käutner in einem Interview, "eine nette, heiter-beschwingte Komödie im gepflegten Unterhaltungsstil schaffen. Wenn mir das gelingt, dann bin ich mit meiner ersten Arbeit sehr zufrieden." Die zeitgenössische Kritik war zufrieden: "Ein Spielchen nur, aber es gab einem jungen Regisseur Gelegenheit, mit einem lustigen Einfall zu spielen, einer reizenden jungen Darstellerin, Hannelore Schroth, eine Bombenrolle mit lustigem Augenrollen zu füllen, einem gepflegten Schauspieler (Fritz Odemar) einen Märchenminister glaubhaft zu machen." (Berliner Lokal-Anzeiger, 4.10.1939)

am 23.3.2008 um 21.00 Uhr
am 28.3.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Die Rote
BRD/I, 1962 R: Helmut Käutner, D: Ruth Leuwerik, Rossano Brazzi, Giorgio Albertazzi, Harry Meyen, Richard Münch, Gert Fröbe, 95'

Eine junge Frau auf der Suche nach sich selbst. Die rothaarige Dolmetscherin Franziska Lucas trennt sich von ihrem Mann und ihrem Geliebten. Im winterlichen Venedig gerät sie zwischen drei Männer: Patrick, ein britischer Homosexueller, der als Geheimagent in Nazi-Deutschland gefasst und zum Verräter wurde, der brutale Gestapomann Kramer, der ihn damals umgedreht hatte und der jetzt in Italien untergetaucht ist, sowie der italienische Schriftsteller Fabio. Franziskas Flucht aus Alltag und Ehe endet in einer neuen Ungewissheit. - Helmut Käutner inszeniert den Film nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Andersch ohne Dekors an den Originalschauplätzen. Seine Anleihen bei der Nouvelle Vague kritisiert die Neue Zürcher Zeitung aber als "modernistisch aufgeputzte Kolportage" (5.5.1963). Trotz "lauter erstklassiger Zutaten" findet auch die Stuttgarter Zeitung (24.11.1962) den Film etwas fade, lobt aber die "ausgesprochen filmgerechte Geschichte: ein bis auf die Schlusswendung gut erfundener, zeitnaher Reißer von wacher Intelligenz in einem optisch ergiebigen Milieu. Es ist das regennasse winterliche Venedig, eine Stadt ohne Fremde, mit einem zur See gewordenen Markusplatz." Die Aufnahmen stammen vom Fellini-Kameramann Otello Martelli.

Vortrag zum 100. Geburtstag von Helmut Käutner am 25.3.: Hans Helmut Prinzler

am 25.3.2008 um 20.00 Uhr
am 30.3.2008 um 19.00 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Unter den Brücken
D 1945, R: Helmut Käutner, K: Igor Oberberg, D: Hannelore Schroth, Carl Raddatz, Gustav Knuth, Hildegard Knef, 99'

Eine Ballade vom einfachen Leben aus dem Schiffer-Milieu: Ein Kahn, zwei Männer und ein Mädchen, das die Freundschaft der beiden Binnenschiffer auf eine harte Probe stellt. Sie einigen sich darauf, dass derjenige, der das Mädchen für sich gewinnt, auf den Kahn verzichtet... - Eine der schönsten Dreiecksgeschichten des deutschen Kinos, echt und ehrlich, intim und still. Gedreht wird fast ausschließlich im Freien: an der Glienicker Brücke, in Havelwerder, Ketzin und Potsdam. Der Film entsteht in den letzten Kriegsmonaten, kommt aber erst nach Kriegsende in die Kinos. "Bei den Filmen, die ein Helmut Käutner inszeniert, spielt sich die Handlung nach innen ab, richtet sich der Scheinwerfer in fast zufälliger Aufmerksamkeit auf ein Stück einfachen Lebens, das sich in der Nachbarschaft eines jeden unbemerkt abwickeln könnte und durch die Schattierungen der Charaktere eher seine Tönungen erhält als durch die grellen Farben, die ein effektvolles Milieu oder das sogenannte interessante Schicksal auf die Leinwand spachteln." (12 Uhr-Blatt, 31.7.1944). Karsten Witte drückte dies so aus: "Die Zwischentöne zu orchestrieren, war die Leistung der Käutner-Filme, denen das nie verliehene Prädikat der elegischen Rettung des Privaten zukommt." (Frankfurter Rundschau, 22.4.1980)

am 26.3.2008 um 20.00 Uhr
am 29.3.2008 um 19.00 Uhr

 

 

 

HELMUT KÄUTNER
Romanze in Moll
D 1943, R: Helmut Käutner, D: Marianne Hoppe, Paul Dahlke, Ferdinand Marian, Siegfried Breuer, 95'

Eine dramatische Liebesgeschichte. Eine Frau bricht aus der Enge ihres kleinbürgerlichen Alltags und der Monotonie ihrer Ehe mit einem Bankbeamten aus und wird Geliebte und Muse eines jungen Komponisten. Ihr Doppelleben führt sie in einen tragischen Konflikt zwischen Pflichtgefühl und Liebe. Dann entdeckt ein Dienstvorgesetzter ihres Mannes die Liaison. - Für den französischen Filmhistoriker Georges Sadoul der beste deutsche Film, der während des Krieges gedreht wurde. Bemerkenswert auch die Musikgestaltung und die Geräuschdramaturgie: "Die Musik, die Lothar Brühne und Werner Eisbrenner schrieben, legt sich wie ein samtner Teppich über die zauberhafte Magie der Kamera." (Film-Kurier, 1.7.1943) Geräusche wie "das pedantische Knarren der Schuhe, das Rauschen und Glucksen des Regens, die Waschgeräusche des Zubettgehenden, das penetrante Jaulen des Portierköters, die Fahrgeräusche, die Stundenschläge der Uhren, die scheppernde Saite des verstimmten Klaviers, und die knarrenden Geräusche des Schaukelstuhls, die demonstrativ in das Klavierspiel hineinkrachen..." (Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 26.6.1943) werden geradezu leitmotivisch eingesetzt. In einer Nebenrolle spielt Helmut Käutner einen Dichter.

am 28.3.2008 um 19.00 Uhr
am 30.3.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 

 

 
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