Kino im Zeughaus

 

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  HELSINKI IM FILM

 

HELSINKI IM FILM

Kennen Sie Helsinki? Kennen Sie die finnische Filmgeschichte oder finnische Filme über Helsinki? Straßenkreuzungen im fahlen Licht, einsame Menschen hinter großen Fensterscheiben, Schneetreiben in der Häuserflucht. Was vielen Cinephilen im Gedächtnis geblieben ist, speist sich aus den Filmen Aki Kaurismäkis und aus der wunderbar lakonischen Helsinki-Episode von Night on Earth. Doch das Bilderreservoir der finnischen Filmgeschichte ist größer und Helsinki mehr als ein Ort des Depressiven. Die Filmreihe HELSINKI IM FILM versammelt acht finnische Produktionen, die zwischen den Jahren 1938 und 2004 entstanden sind und die Helsinki als Schauplatz oder Sujet wählen. Kommen Sie ins Zeughauskino und lernen Sie finnische Filme kennen, die hierzulande (noch) unbekannt sind. Sie werden Helsinki in einem neuen Licht sehen!

Eine Filmreihe in Zusammenarbeit mit dem Finnland-Institut und Finnischen Filmarchiv

 

HELSINKI IM FILM
Rikos ja rangaistus
Crime and Punishment

FIN 1983, R: Aki Kaurismäki, D: Markku Toikka, Aino Seppo, 92’  OmeU

Dostojewski auf finnisch. Der erste Spielfilm des finnischen Kult-Regisseurs Aki Kaurismäki verlegt die Handlung von Dostojewskis Roman Schuld und Sühne nach Helsinki. Der ehemalige Jura-Student Rahikainen arbeitet in einem Schlachthof. Eines Abends folgt er einem Geschäftsmann in dessen Wohnung: „Ich bin gekommen, um Sie zu töten“ – „Warum?“ fragt dieser zurück. – „Das werden Sie nie erfahren.“ Der Mann hatte Jahre zuvor seine Freundin bei einem Unfall getötet und war freigesprochen worden. Aber ist dies das wirkliche Mordmotiv? Denn Rahikainen gibt sich keine Mühe, die Spuren zu beseitigen, verliebt sich in die einzige Zeugin und lässt sich auf ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei ein, das er letztlich nicht gewinnen will. Nach einem kurzen Ausflug mit falschem Pass über die Grenze liefert er sich den Gesetzeshütern aus... – „Mit dieser Adaptation von Schuld und Sühne hat Kaurismäki schon die Welt seiner späteren Filme, wenn auch weniger flüssig und bizarr, ins Leben gerufen. Die Welt sieht aus, als sei man durch eine geheime Tür auf die andere Seite der Depression getreten, an einen Ort, wo Lakonie die aggressivste Art der Durchsetzung, der simple, versoffene Blues die alles erfassende Erklärung der Welt ist.“ (Stuttgarter Zeitung, 1992).

Einführung am 1.4.: Ralph Eue

am 1.4.2008 um 20.00 Uhr
am 6.4.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 

HELSINKI IM FILM
Vares
FIN 2004, R: Aleksi Mäkelä, D: Juha Veijonen, Minna Turunen, Samuli Edelmann, Hari Hietalahti, 110’     OmeU

Finnischer Action-Thriller. Privatdetektiv Jussi Vares ist ein Mann in den Vierzigern, der sich nicht viel um Regeln und Vorschriften kümmert: Einschränkungen, die in seinen Augen nur für jene gelten, denen es an Fantasie mangelt. In der Polizeischule ist Vares durchgefallen. Er folgt jetzt seinem eigenen Ehrencodex, immer den einfachen Freuden des Lebens zugetan: einem kalten Bier und wohlgeformten Frauenbeinen. Bei einem Reservemanöver lernt er die attraktive Lehrerin Eeva kennen, Sergeantin der finnischen Armee und eine der ersten Frauen, die eine militärische Ausbildung abgeschlossen hat: Sofort verliebt er sich in Eeva, die „redet wie ein Mann und dabei die Augen benutzt wie eine Frau“ – und ist mitten in einem Fall. Es geht um Mafia-Millionen, einen korrupten sexsüchtigen Polizisten und diverse Auftragskiller. Größter Publikumserfolg in Finnland 2004!

am 2.4.2008 um 20.00 Uhr

 

 

 

HELSINKI IM FILM
Varastettu kuolema
Stolen Death

FIN 1938, R: Nyrki Tapiovaara, D: Tuulikki Paananen, Santeri Karilo, Ilmari Mänty, Annie Mörk, 100' OmeU

Zaristisches Russland um 1905. Eine Gruppe von Aktivisten kauft über einen Mittelsmann Waffen für den revolutionären Kampf. Als die Männer von der Polizei gejagt werden, versuchen sie die Waffenlieferung in Sicherheit zu bringen. Der Anführer der Revolutionäre verliebt sich in einen weiblichen Agent Provocateur. Später wird sie ihn aus dem Gefängnis befreien... – Oberflächlich betrachtet ist Varastettu kuolema sowohl ein Abenteuerfilm als auch ein stilistisches Formexperiment mit unterschiedlichen Einflüssen, die vom deutschen Expressionismus bis zu René Clair reichen. Aber die einfache Geschichte gibt nur die Folie ab für eine scharf gezeichnete Nahaufnahme der verschiedenen Fraktionen des Bürgertums. „Die revolutionären Ideen der jungen Leute deuten möglicherweise an, dass eine bürgerliche Revolution gegen das zaristische Russland für ein unabhängiges Finnland ohne eine sozialistische Zielsetzung nicht erfolgreich sein kann.“ Der Film enthält die eindringlichsten Einstellungen und Szenen des finnischen Kinos, die wirkungsvoll mit den zentralen Aussagen des Films verknüpft sind. „Sowohl von seinem Stil – und der Kamera von Erik Blomberg – als auch von seinen Ideen ist Stolen Death immer noch das unerschöpflichste und visionärste Werk der finnischen Filmgeschichte.“ (Sakari Toiviainen und Peter von Bagh, 1975).

am 5.4.2008 um 21.00 Uhr

 

 

 

HELSINKI IM FILM
Drakarna över Helsingfors
Kites Over Helsinki

FIN/SWE 2001, R: Peter Lindholm, D: Paavo Kerosuo, Pirkka-Pekka Petelius, Pekka Strang, Johanna af Schultén, 100’ OmeU

Epische Familiengeschichte über zwei Generationen. Im Mittelpunkt stehen die Brüder Riku und Dani. Sie möchten sich von ihrem dominanten Vater Henrik lösen, dem es nicht gelingt, seine Söhne so zu akzeptieren, wie sie sind. So endet das harmonische Familienleben der 60er Jahren in den frühen 90ern in einem totalen Chaos. Riku verliert seinen älteren Bruder bei einem Verkehrsunfall – in Wirklichkeit ein Selbstmord, denn Dani hatte sich von der hartherzigen Yuppie-Welt losgesagt und sich in Rock’n’Roll und Drogen geflüchtet. Verzweifelt wirft Riku seine Schallplattensammlung vom Balkon: „Jim Morrison starb als ein verdammtes Wrack 1971 im Paris! Elvis Presley starb im August 1977 als pillenfressender Fettsack! Dani Bexar ist tot, tot – so gottverdammt tot wie diese verfluchten Mythen!“ Voller Trauer und Wut verlässt Riku Frau und Kind, um einen bizarren Dialog mit seinem toten Bruder bei dessen letzter Arbeit als Diskjockey in einer Late-Night-Radioshow zu beginnen... – Eine finnisch-schwedische Koproduktion nach dem Erfolgsroman des 1961 in Helsinki geborenen Autors Kjell Westo.

am 6.4.2008 um 19.00 Uhr

 

 

 

HELSINKI IM FILM
Eila
FIN 2003, R: Jarmo Lampela, D: Sari Mällinen, Ilkka Koivula, Hannes Suominen, Kristiina Halkola, Johanna Kerttula, 94'  OmeU

Die Geschichte einer Emanzipation. Eila ist eine unauffällige Frau um die 40, die als Reinigungskraft in einem Regierungsgebäude in Helsinki arbeitet. Sie ist schüchtern, zaghaft und zurückhaltend. Als sie aber überraschend entlassen wird, beschließt sie, den Staat zu verklagen. Die Männer in ihrem Leben – ihr Sohn, ihr Freund und ihr Ex-Mann – raten ihr alle davon ab: Ihr Unterfangen sei aussichtslos, allein könne sie nicht gegen den Staat gewinnen. Aber Eila ist fest entschlossen und geht endlich Risiken ein: als Arbeiterin, als liebende Frau und als Mutter... – „Ein Paradebeispiel für die gegenwärtige Strömung im finnischen Film, Gruppen am Rand der Gesellschaft in den Mittelpunkt zu stellen. Die Geschichte Eilas basiert auf einer wahren Begebenheit und orientiert sich erfolgreich an der britischen Schule des sozialen Realismus. Ohne zu beschönigen und dennoch voller Anteilnahme schildert Regisseur Jarmo Lampela das Leben einer scheinbar unbedeutenden Frau, die im Kampf für ihre Rechte Stärke erlangt. Sie wird grandios verkörpert von der Theaterschauspielerin Sari Mällinen.“ (Nordische Filmtage Lübeck, 2003)

am 8.4.2008 um 20.00 Uhr

 

 

 

HELSINKI IM FILM
Mies, joka ei osannut sanoa ei
The Man Who Couldn't Say No

FIN 1975, R: Risto Jarva, D: Antti Litja, Kirsti Wallasvaara, Matti Ruohola, Vivi-Ann Sjögren, 103' OmeU

Komödie um einen Mann, der nicht nein sagen konnte. Aimo ist ein junger Priester, der aus Amerika nach Helsinki zurückkehrt, um in Vallila, einem alten Stadtteil von Helsinki, zu arbeiten. Obschon er in Liebesdingen absolut unerfahren ist, wird er in seiner Gemeinde mit der Eheberatung beauftragt. Scheu, aber gutaussehend, zieht er rasch das Interesse der Frauen auf sich. Da er außerdem unfähig ist, Freundschaftsdienste auszuschlagen, findet er sich bald im Mittelpunkt verworrener Händel wieder. Schließlich muss Aimo sogar das Viertel mit seinen traditionellen Holzhäusern vor dem Abriss durch geldgierige Bauspekulanten retten. Dabei kreisen seine Gedanken immer wieder um eine gewisse Milla... – Ein Film voller „burlesker Elemente“ und „surrealer Gags“ (Ulrich Gregor). Der von der französischen Nouvelle Vague beeinflusste Regisseur Risto Jarva stirbt 1977 bei einem Autounfall. Auch seine kommerziell erfolgreichen Komödien verfolgen stets ein soziales Anliegen.

am 9.4.2008 um 20.00 Uhr

 

 

 

HELSINKI IM FILM
Seinien Silmät
The Walls have Eyes

FIN 1981 R: Antti Peippo, 9’   OmeU

Yhdeksän tapaa lähestyä Helsinkiä
Nine Ways to Approach Helsinki

FIN 1982, R: Jörn Donner, in Zusammenarbeit mit Pirjo Honkasala und Pekka Lehto, 62'     engl. Fassung

Dokumentarfilm des 1933 geborenen Regisseurs Jörn Donner über seine Heimatstadt Helsinki. In neun Versuchen, die Hauptstadt Finnlands zu beschreiben, porträtiert er Einwohner, die meist erst in den letzten Jahren vom Lande zugezogen sind, ihre Wünsche und ihre manchmal auch enttäuschten Hoffnungen. Er stellt Arbeitslose vor und alte Menschen. In einem der Porträts beschäftigt sich Donner, ein Einwohner Helsinkis in der vierten Generation, auch mit sich selbst. Durch verschneite Straßen fegt ein scharfer Wind. Jede Ecke, jedes Gebäude kann Assoziationen wecken. Ein sehr persönliches Porträt, angelegt als eine Kameraexpedition in die Stadt als Erinnerungslandschaft... – „Der Film versucht nachzuweisen, dass es keine Durchschnittsmenschen gibt, sondern dass jeder seine eigene Geschichte, Persönlichkeit, seine eigenen Sehnsüchte hat. Was die Bewohner dieser Stadt eint, ist die Stadt selbst: ihre Wirtschaft, ihre Macht und ihre Straßen. Niemand hat Helsinki gewählt, Helsinki hat ihn gewählt“ (a.g. dok, 1983).
Der Kurzfilm The Walls have Eyes vergleicht die Fotos, die der Armeefotograf Niilo Helander nach der Bombardierung Helsinkis 1944 aufnahm, mit den Häuserfassaden von 1981 – ein stummer Protest gegen den Wahnsinn des Krieges.

am 11.4.2008 um 19.00 Uhr

 

 

 

 
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