Heinrich Schliemann 1822-1890

Archäologe

  • 1822
    6. Januar: Johann Ludwig Heinrich Julius Schliemann wird als Sohn des protestantischen Pfarrers Ernst Schliemann und dessen Frau Luise (geb. Bürger) als fünftes von neun Kindern in Neubukow (Mecklenburg) geboren.
  • 1823
    Die Familie Schliemann zieht nach Ankershagen um.
  • 1831
    Tod der Mutter nach der Geburt des neunten Kindes.
  • 1832
    Der von der Ankershagener Gemeinde wegen seines unmoralischen Lebenswandels geächtete Vater gibt seine älteren Kinder zu Verwandten; Heinrich Schliemann lebt für anderthalb Jahre in der Familie seines Onkels in Kalkhorst bei Grevesmühlen.
  • 1833
    Dreimonatiger Besuch des Gymnasiums in Neustrelitz. Aus Geldmangel dann Wechsel auf die Realschule in Neustrelitz.
  • 1836-1841
    Lehrling und Handlungsgehilfe in einem Krämerladen in Fürstenberg.
  • 1841
    In Rostock erlernt Schliemann Englisch und Buchführung.
    Nach vergeblicher Arbeitssuche in Hamburg beschließt Schliemann, nach Venezuela auszuwandern. Vor der holländischen Küste erleidet er Schiffbruch. Schliemann kehrt nicht nach Deutschland zurück, sondern sucht in den Niederlanden sein Glück.
  • 1842
    Anstellung als Kontorbote bei der Firma F.C. Quien in Amsterdam.
    Schliemann beginnt, sich autodidaktisch Fremdsprachen anzueignen. Auf Englisch, Französisch, Niederländisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch folgen später u.a. Russisch, Schwedisch, Polnisch und Neugriechisch. Bis zum Beginn seiner Grabungsleidenschaft 1870 erlernt er 16 moderne Fremdsprachen in Wort und Schrift, verwendet sie für Korrespondenzen und Tagebücher und übt sie immer wieder systematisch auf Reisen. Daneben eignet er sich Altgriechisch, Lateinisch, Hebräisch und Sanskrit an.
  • 1844-1845
    Zunächst Korrespondent und Buchhalter, dann Handelsagent des Amsterdamer Handelshauses B.H. Schröder & Co.
  • 1846
    Schliemann gründet für B.H. Schröder & Co eine Niederlassung in St. Petersburg.
  • 1847
    Schliemann richtet ein eigenes Handelshaus in St. Petersburg ein und handelt vor allem mit Indigo.
    Er erhält die russische Staatsbürgerschaft und behält bis 1864 seinen Wohnsitz in St. Petersburg.
  • 1851-1852
    Aufenthalt in Kalifornien und Gründung einer Goldgräberbank in Sacramento.
  • 1852
    Heirat mit der russischen Kaufmannstochter Jekaterina Petrowna Lyshina. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor.
    Schliemann gründet eine Handelsfiliale in Moskau.
  • 1853-1856
    Als Lieferant der zaristischen Armee im Krimkrieg erwirbt Schliemann ein enormes Vermögen.
  • 1854
    Schliemann wird Mitglied der Großkaufmannsgilde von St. Petersburg.
  • 1856
    Nach Kriegsende erwägt Schliemann, aus dem Handel auszusteigen, zu reisen, Land zu erwerben und erwähnt erstmals, "das Vaterland meines Lieblings Homer" besuchen zu wollen.
  • 1858
    Er unternimmt Reisen nach Schweden, Dänemark, Deutschland und Italien.
  • 1859
    Reisen nach Ägypten, Palästina, Syrien, Smyrna, Athen und durch die Dardanellen nach Konstantinopel.
    Juli: Der Rechtsstreit mit einem Schuldner bringt ihn dazu, nach St. Petersburg zurückzukehren. Dort nimmt er seine Geschäfte wieder auf.
    August-Oktober: Fortsetzung seiner Reisen in Spanien.
  • 1861
    Schliemann wird für drei Jahre zum Richter beim St. Petersburger Handelsgericht gewählt.
  • 1864
    Gemeinsam mit seiner Frau wird er erblicher Ehrenbürger Russlands.
    Nachdem er die letzten Zahlungen aus dem 1861 gewonnen Rechtsstreit mit einem Schuldner erhalten hat, gibt Schliemann seine kaufmännische Tätigkeit endgültig auf.
  • 1864-1866
    Reisen nach Tunis, Ägypten, Indien, China, Japan, Nord- und Mittelamerika.
  • 1866-1870
    Schliemann nimmt seinen Wohnsitz in Paris und erwirbt Mietshäuser im Wert von 1,7 Millionen Francs.
    Er studiert an der Sorbonne Philologie, Philosophie und Literatur.
  • 1867
    Publikation seines ersten Buches "La Chine et le Japon au temps présent" (deutsch: Reise durch China und Japan).
  • 1868
    Studienreise nach Ithaka, der Peloponnes, Athen und Konstantinopel bis in die Troas, wo er den dort ansässigen amerikanischen Konsul Frank Calvert (1828-1908) kennen lernt.
  • 1869
    Veröffentlichung der Studie "Ithaka, der Peloponnes und Troja", für die ihm die Universität Rostock den Doktortitel zuerkennt.
    Schliemann nimmt die amerikanische Staatsbürgerschaft an und leitet die Scheidung seiner Ehe mit Jekaterina ein.
    September: Heirat mit der siebzehnjährigen Griechin Sophia Engastromenos. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor, die er nach Protagonisten der Homerischen Dichtung Andromache und Agamemnon nennt.
  • 1870
    Schliemann führt eine erste illegale Probegrabung am Berg Hissarlik an der Nordwestspitze Kleinasiens durch. Er hofft, die legendäre Stadt Troja aus der Homerischen Dichtung "Ilias" zu finden, die Calvert dort vermutet.
  • 1871-1890
    Schliemann nimmt seinen Wohnsitz in Athen. Er lässt dort nach den Plänen des Architekten Ernst Ziller (1837-1923) ein Stadthaus erbauen, das er "Iliou Melathron" (deutsch: Palast von Ilios oder auch Haus des Priamos) nennt und 1880 bezieht. Das ganz nach der griechischen Mythologie eingerichtete Haus wird zu einem Zentrum der Athener Gesellschaft.
  • 1871
    Beginn der ersten offiziellen Grabungskampagne am Berg Hissarlik. Schliemann lässt den großen Nord-Süd-Graben, heute Schliemann-Graben genannt, anlegen. Auf diese Weise entdeckt er sieben Siedlungsschichten.
  • 1872
    Zweite Grabungskampagne in Troja.
  • 1873
    Dritte Grabungskampagne in Troja.
    31. Mai: Schliemann entdeckt einen Goldschatz, den er nach dem Trojanischen König der Epen Homers "Schatz des Priamos" nennt und schafft diesen illegal außer Landes. In diesem Schatz sieht er das Beweismittel für die Wahrhaftigkeit Homers und die Existenz des legendären Troja auf dem Berg Hissarlik. Tatsächlich ist dieser Grabungsbereich, Troja II, weitaus älter und die "Burg des Priamos" aus der mykenischen Zeit wird bei späteren Grabungen unter der Leitung von Wilhelm Dörpfeld (1853-1940) in Troja VI verortet. Unstrittig ist aber von nun an, dass sich das legendäre Troja auf dem Berg Hissarlik befindet.
  • 1874
    Erste Ausgrabungen in Mykene.
    Nach dem verlorenen Rechtsstreit mit der osmanischen Regierung um den "Schatz des Priamos" wird dieser Schliemann gegen eine Zahlung von 50.000 Francs übereignet.
  • 1875
    Vortrags- und Museumsreise durch Europa.
    Ausgrabungen in Alba Longa und Motye in Italien.
  • 1876
    Schliemann wird Ehrenmitglied der Society of Antiquaries of London.
    Bei Ausgrabungen im mykenischen Tiryns entdeckt er fünf Schachtgräber aus der Zeit um 1600 v. Chr., die mit reichen Grabbeigaben versehen sind, darunter die so genannte Maske des Agamemnon.
  • 1877
    Auf Betreiben seines Freundes und Förderers Rudolf Virchow wird Schliemann Ehrenmitglied der "Deutschen Anthropologischen Gesellschaft".
    Er stellt seine Troja-Sammlung in London aus.
    Publikation von "Mykenae" mit einem Vorwort des ehemaligen und künftigen britischen Premierministers William Ewart Gladstone (1809-1898). Die englische, deutsche und amerikanische Ausgabe erscheinen gleichzeitig, die französische folgt ein Jahr später. In den USA wird "Mykenae" 1878 zum Buch des Jahres.
  • 1878-1879
    Angespornt durch den Erfolg in Mykene beginnt Schliemann in Troja die vierte Grabungskampagne und wird dabei von dem Direktor des französischen Archäologischen Instituts in Athen Émile-Louis Burnouf (1821-1907) und Virchow begleitet.
  • 1880
    Veröffentlichung von "Ilios. Stadt und Land der Trojaner" mit einem Vorwort von Rudolf Virchow in Leipzig, London und New York. Er beginnt den Text mit einer "Selbstbiografie", in der er zahlreiche Legenden um seine Person rankt: Er gibt unter anderem vor, bereits als achtjähriger, nach Lektüre von Jerrers "Weltgeschichte für Kinder" und Sichtung der Abbildung der Zerstörung Trojas, beschlossen zu haben, später einmal Troja auszugraben. Das Buch wird ein großer Verkaufserfolg.
    In einem Brief an Kaiser Wilhelm I. vermacht Schliemann seine trojanische Sammlung "Dem Deutschen Volke". Sie wird dem Vorgeschichtlichen Museum in Berlin mit der Auflage zugewiesen, dass die Säle, in denen sie präsentiert wird, "Schliemann-Säle" heißen sollen.
    Bei Grabungen in Orchomenos entdeckt Sophia Schliemann das so genannte Schatzhaus des Minyas.
  • 1881
    Schliemann wird Ehrenmitglied der "Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte".
    Schliemann wird Ehrenbürger der Stadt Berlin.
  • 1882
    Für die sechste Grabungskampagne in Troja sichert sich Schliemann die Hilfe des Architekten und Olympia-Ausgräbers Wilhelm Dörpfeld (1853-1940) zu.
    Schliemann wird Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
  • 1883
    Schliemann wird Ehrendoktor der Universität Oxford.
    Vierwöchiger Sommeraufenthalt der Familie Schliemann im mecklenburgischen Ankershagen.
    Publikation von "Troja. Ergebnisse meiner neuesten Ausgrabungen" in Leipzig und London.
  • 1884
    Gemeinsam mit Dörpfeld beginnt Schliemann die Ausgrabung des Palasts auf der Burg von Tiryns.
    Beginn der langjährigen Auseinandersetzungen mit dem Hauptmann a.D. Ernst Bötticher, der, ohne Troja zu kennen, Schliemanns und Dörpfelds Grabungsergebnisse bezweifelt und den Ort für eine Feuernekropole hält.
  • 1885
    Verleihung der "Großen Goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft" durch Königin Victoria in London.
    Reise nach Kuba, um sich einen Überblick über seine dort getätigten Eisenbahn-Investitionen zu verschaffen.
    Veröffentlichung von "Tiryns" in Leipzig, Paris, London und New York.
  • 1888
    Grabungen in Alexandria (Ägypten).
    Gemeinsame Nilreise mit Virchow.
  • 1889
    Erste Trojakonferenz in Hissarlik unter Beteiligung hochrangiger Gutachter sowie des Schliemann-Kritikers Bötticher. Die Konferenzprotokolle verschaffen Schliemann volle Genugtuung.
  • 1890
    März-Juli: Erneute Grabungskampagne in Troja mit Dörpfeld und Virchow.
    März: Zweite Internationale Trojakonferenz auf Hissarlik.
    April: Reise mit Virchow durch die Troas zum Berg Ida, zu den Quellen des Skamander. Hier zieht sich Schliemann eine Erkältung zu, in deren Folge er fast taub wird.
    13. November: Schliemann unterzieht sich einer Ohrenoperation in Halle/Saale. Gegen den dringenden Rat des Arztes verlässt er die Klinik vier Wochen später.
    24. Dezember: Auf der Rückreise nach Athen besucht er Pompei.
    26. Dezember: Heinrich Schliemann stirbt in Neapel an den Operationsfolgen.
  • 1891
    4. Januar: Beisetzung auf dem Athener Zentralfriedhof im Beisein des griechischen Königs, der Athener Gesellschaft und des diplomatischen Corps.
    1. März: Gedächtnisfeier im Berliner Rathaus, Virchow hält die Trauerrede.
  • 1892
    Umbettung des Leichnams in ein Mausoleum auf dem Athener Zentralfriedhof. Die Finanzierung des von Ziller im Stil eines antiken Heroentempels errichteten Mausoleums hatte Schliemann testamentarisch geregelt.
Dorlis Blume
14. September 2014

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