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Philipp Stiasny

Die goldene Stadt

Um international auch ästhetisch zu reüssieren, wird Veit Harlan 1941 gestattet, den zweiten Farbfilm der Nationalsozialisten zu realisieren. Er bereitet eine Adaption des Bühnenstückes Die Giganten von Richard Billinger vor, und es entsteht ein opulentes, mit Blut-und-Boden-Ideologie durchtränktes Melodrama. „Weil sie weg wollte von Mann und Kind, hat sie der Wassermann geholt“, heißt es im Dorf über die im Moor ertrunkene Mutter von Bauerntochter Anna. Sie lebt mit ihrem Vater in Böhmen, zwischen Moor und goldenen Kornfeldern, doch ihr Herzenswunsch ist es, Prag kennenzulernen. Während eines Besuchs bei der Schwester ihrer Mutter wird sie in Prag von ihrem aufdringlichen Cousin geschwängert und als ihr Vetter sie fallen lässt, kehrt Anna in die Heimat zurück. Doch ihr Vater ignoriert sie. Anna fühlt sich ausgestoßen, und sie folgt ihrer Mutter ins Moor.

Harlan beabsichtigte eigentlich ein Happy End, doch Goebbels forderte einen ideologisch konformen, gegen die Slawen polemisierenden Ausgang der Geschichte. Von der zeitgenössischen, gleichgeschalteten Presse positiv besprochen, lohnt sich ein Blick in die zehn Jahre nach Kriegsende anlässlich der Wiederaufführung des Films erschienenen Rezensionen: „Daß uns die Lehre von der unentrinnbaren Macht der Erbmasse, die schon die Mutter ins Moor geführt hat, wieder fröhlich frisch aufgetischt wird, hat uns gerade noch gefehlt“, meint der Evangelische Filmbeobachter (13.1.1955); und der Filmdienst notiert: „trotz hervorragender Gestaltung, große Vorbehalte“ (18.3.1955). (mbh)