Direkt zum Seiteninhalt springen
N. n.

Love Song of the Living, Love Song of the Dead

Ein zufällig im Schreibtisch ihrer Eltern aufgetauchtes, verrottetes Schriftstück ist für die Pekinger Künstlerin Zhang Ping in ihrem Langfilm-Debüt Ausgangspunkt einer Spurensuche nach der tragischen Vergangenheit ihrer Familie. Das Dokument erweist sich als von einem anonymen Helfer verfasste Bittschrift um Restitution ihres Vaters und löst bittere Erinnerungen an die Zeit der maoistischen Kampagnenpolitik aus. Reüssierte der mittlerweile alte Mann nach der Revolution von 1949 zunächst als Modellarbeiter und Gewerkschaftsführer, wurde er später im Zuge einer Versetzung als sogenannter "Rechtsabweichler" denunziert und zu jahrelanger Zwangsarbeit in einer Fabrik nahe dem heutigen Heimatdorf der Eltern abgestellt.

Love Song of the Living, Love Song of the Dead nähert sich der Geschichte über recherchierte Dokumente, Zeugenaussagen und zeitgenössische Aufnahmen der Region, integriert immer wieder episodische Vignetten aus dem Dorfalltag und fügt sich dabei zu keiner linear-biographischen Erzählung. Stattdessen installiert der Film Perspektiven auf die prekäre Archiv- und Überlieferungssituation des avisierten Ereigniszusammenhangs, transkribiert Abbrüche und Unklarheiten in den verschwommenen Gedächtnisartikulationen des Protagonisten und läuft so auf die Rekonkretisierung von etwas zu, das zwangsläufig lückenhaft bleibt.

Zhang Pings Erstlingswerk ist im Anschluss zu sehen: No Land montiert winterliche Aufnahmen ihres Heimatdorfs Hiqi zu einem kontemplativen Bilderstrom, während auf der Tonebene Gesprächsfetzen ihrer Eltern bereits zentrale Themen des Nachfolge-Films anreißen. (chl)

No Land