Zeughauskino

 

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Bis zum 24. Oktober ist im Deutschen Historischen Museum die Ausstellung BURG UND HERRSCHAFT zu erleben, die die Burgen als Orte der Verwaltung und Herrschaft vorstellt und deren Entwicklung vom 5. bis zum 16. Jahrhundert zeigt. Das Zeughauskino präsentiert begleitend Ritterfilme, ein Subgenre des Abenteuerfilms, das in den 1950er Jahren mit farbenprächtigen, in Großbritannien entstandenen Hollywood-Filmen seine Blüte erlebte. Neben Filmen aus dieser klassischen Phase und Produktionen aus den 1930er Jahren gibt die Filmreihe auch einen Einblick in die weitere Entwicklung des Ritterfilms. Auf dem Spielplan stehen Produktionen aus den 1960er und 1970er Jahren, die dem bisher prägenden, verklärenden Bild des Ritters entgegenarbeiten und sich stärker an den historischen Fakten orientieren, sowie die vielfältigen zeitgenössischen Formen der Tradierung des Ritterfilms: Beispiele eines parodistischen Umgangs, einer Kreuzung des Ritterfilms mit den Motiven anderer Genres und – last but not least – einer Rückkehr zu den klassischen Rittergeschichten.

 

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The Crusades
Kreuzritter – Richard Löwenherz

USA 1935, R: Cecil B. DeMille, D: Henry Wilcoxon, Loretta Young, Alan Hale, Joseph Schildkraut, C. Aubrey Smith, C. Henry Gordon, Ian Keith, Katherine DeMille, 125’ 16 mm, OF

Ein Fanal für den Weltfrieden in dunkler Zeit, eine Paraphrase über den Nord-Süd-Konflikt und im Kern die Geschichte einer Läuterung: Als 1187 der mächtige Sultan Saladin die Heilige Stadt Jerusalem erobert, ziehen die Könige des Abendlandes gegen den Islam. Berüchtigt als trinkfester Haudegen, der sich dem Kreuzzug nur anschloss, um einer arrangierten Ehe zu entgehen, findet der Heißsporn Richard Löwenherz, König von England, im Heiligen Krieg zu Gott, und er erkennt, dass sein Feind weit ehrenwerter ist als die christlichen Adligen um seinen Bruder Prinz John, der zuhause den englischen Thron besteigen möchte.
Als Zyklus historischer Chroniken, die Stationen der Weltgeschichte von der Antike bis zur Eroberung des Westens umfassen, blieben die opulenten Schauwerke The Ten Commandments, Cleopatra oder The Crusades des legendären Filmpioniers Cecil B. DeMille zunächst durch ihren Aufwand an Menschen und Material in Erinnerung. Erst spät erkannte man ihre originäre Ästhetik und ihre erstaunliche Modernität. Vor allem DeMilles starke Frauenfiguren Cleopatra, Calamity Jane (in The Plainsman) oder Berengaria (in The Crusades) besitzen nicht nur einen auch heute noch spürbaren Sex-Appeal, sie verkörpern auch Unabhängigkeit und Tatkraft.
Mögen Richard über England und Saladin über Asien geherrscht haben, unbestreitbarer König des Old Hollywood war DeMille. Seine Mischung aus Bibel, Bühne und Ballade setzte inszenatorische Standards für den gesamten Ritterfilm; die Erstürmung der Stadt Akkon mittels riesiger Belagerungstürme war Jahrzehnte später noch Vorbild für Peter Jacksons Lord of the Rings und Ridley Scotts Kingdom of Heaven. (bt)

am 1.9.2010 um 20.00 Uhr
am 5.9.2010 um 18.30 Uhr

 

 

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Ivanhoe
Ivanhoe – Der schwarze Ritter

USA 1952, R: Richard Thorpe, M: Miklós Rózsa, D: Robert Taylor, Elizabeth Taylor, Joan Fontaine, George Sanders, Emlyn Williams, Finlay Currie, Felix Aylmer, 106’   35 mm, DF

Anfang der 1950er Jahre entdeckte Hollywood die Naturkulisse der britischen Inseln und das dazu passende Genre als günstige Alternative zum Piratenfilm. Als erster und charmantester Film eines Zyklus’ unter der Regie Richard Thorpes, zu dem auch Knights of the Round Table und Quentin Durward gehören, adaptiert Ivanhoe jene Vorlage, die neben der Artussage den wichtigsten Stoff des Ritterfilms bildete: Sir Walter Scotts gleichnamigen Roman von 1819 über den (fiktiven) angelsächsischen Titelhelden, der seinem König Richard Löwenherz ins Heilige Land folgt. Ivanhoe entstammt neben den Topoi der Kreuzzüge und des Bruderzwists Richards und Johns auch die Figur Robin Hoods.
Nach Rückkehr aus Palästina findet Ivanhoe seinen König in Österreich gefangen. Der Thronräuber John ist nicht bereit, das Lösegeld aufzubringen. Und der tapfere Ritter muss sich nicht nur gegen Prinz John behaupten, sondern sich auch zwischen zwei betörend schönen Frauen entscheiden... (bt)

am 3.9.2010 um 21.00 Uhr
am 7.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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Aleksandr Newskij,
Alexander Newski

UdSSR 1938, R: Sergej M. Eisenstein, M: Sergej Prokofjew, D: Nikolai Tscherkassow, Nikolai Ochlopkow, Alexander Abrikossow, 112’ 35 mm, OmeU

„Wer mit dem Schwert kommt, wird durch das Schwert fallen!“ – Diese Warnung richtet der Kriegerfürst Alexander, den man seit seinem Sieg an der Newa über die schwedischen Invasoren „Newski“ nennt, an alle kriegslüsternen Nachbarn, die mit begehrlichen Augen auf Russlands Erde blicken. Denn ein Russe stirbt lieber, als die Heimat aufzugeben: Eine Armee teutonischer Kreuzritter hat unter dem Deckmantel, im Namen Roms gegen Ungläubige zu kämpfen, die Rus überfallen und richtet schreckliche Verheerungen an. Berüchtigt die Szene, die Klischees antideutscher Propagandafilme des Ersten Weltkriegs aufgreift: „Arische“ Kriegsverbrecher werfen kleine Kinder ins Feuer. Mit einem Arbeiter- und Bauernheer stellt sich Alexander dem weit überlegenen Gegner zur legendären Schlacht am 5. April 1242 auf dem zugefrorenen Peipussee. Sie dauert eine halbe Filmstunde und ihre Wucht wurde bis heute nicht wieder erreicht…
1938 nahm Sergej Eisenstein, wegen seines Aufenthalts in Amerika und seiner künstlerischen Abweichung vom stalinistischen Ideal des Realismus angefeindet, den Auftrag an, einen historischen Propagandafilm zur Stärkung von Patriotismus und Solidarität angesichts der Bedrohung durch das erstarkende Nazi-Deutschland zu drehen. Beäugt von allen Seiten (selbst Hauptdarsteller Tscherkassow war Sowjet-Mitglied), gelang Eisenstein in Zusammenarbeit mit Sergej Prokofjew, der den eindrucksvollen Bildern eine epochale Musik hinzufügte, nicht nur ein überwältigender Erfolg im In- und Ausland, sondern auch eine überzeugende Umsetzung der Idee, dem Panzerkreuzer Potemkin ein episches Pendant an die Seite zu stellen. „Er wollte eine neue Gattung erschaffen, vergleichbar der großen Bühnenoper.“ (Georges Sadoul: Geschichte der Filmkunst) – „Die ideale, in solcher Vollkommenheit bisher nirgends erreichte Verbindung von Bild und Ton.“ (Jerzy Toeplitz: Geschichte des Films). (bt)

am 4.9.2010 um 18.30 Uhr
am 5.9.2010 um 21.00 Uhr

 

 

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Prince Valiant
Prinz Eisenherz

USA 1954, R: Henry Hathaway, D: Robert Wagner, Janet Leigh, James Mason, Sterling Hayden, Debra Paget, Brian Aherne, 100’ Blu-ray, OmU

Wie alle abenteuerlichen Genres gelangte auch der US-Ritterfilm erst mit Einführung von Breitwandformaten und Stereoton ab 1953 zu seiner wahren Pracht. Henry Hathaways Prince Valiant markiert wohl den Höhepunkt der klassischen Periode. Ein Hauch postmoderner Selbstironie umweht die Mär vom mutig-edlen Wikingerprinzen, der sich nach Camelot aufmacht, um Ritter in König Artus’ Tafelrunde zu werden und der dabei ins Ränkespiel eines machthungrigen Schwarzen Ritters gerät, während er von den Häschern des Tyrannen, der seinen Vater vom Wikingerthron stieß, gejagt wird.
Motive aus Artussage und Musketier-Romanen fanden sich schon im zugrunde liegenden Comic Hal Fosters zu einer schrägen Mixtur zusammen und treffen im Drehbuch von John Fords und Howard Hawks’ langjährigem Autor Dudley Nichols auf Anklänge des Kavallerie- und Indianer-Westerns: Von Thronräubern und heidnischem Glauben befreit, erscheinen die Wikinger als edle Wilde, die sich nur zu gern der vermeintlichen Zivilisation anschließen. Und als Lohn warten auf den Helden nicht nur Sieg und Thron, sondern auch die Hand der blonden Prinzessin, auf die auch der Verräter in Artus’ Reihen ein Auge geworfen hat. „Als romantischer Partner ist der (Abenteuerfilm-)Held immer ein Magnet, selbst die scheuen und unerfahrenen wie Prince Valiant haben ihren eigenen Charme.“ (Brian Taves: The Romance of Adventure) - „Mit seinen knalligen Technicolor-Panoramen schafft der Film einen Brückenschlag zwischen (Artus’) Ritterwelt und der Popkultur der 1950er Jahre.“ (Vinzenz Hediger). (bt)

am 4.9.2010 um 21.00 Uhr
am 8.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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Det sjunde inseglet
Das siebente Siegel

S 1957, R: Ingmar Bergman, D: Max von Sydow, Gunnar Björnstrand, Bibi Andersson, Nils Poppe, Gunnel Lindblom, Bengt Ekerot, 96’ Blu-ray, OmeU

Der Titel entstammt der biblischen Offenbarung. Und tatsächlich scheint das Weltende nahe, als der Ritter Antonius Block und sein Knappe Jöns nach Jahren sinnlosem Kreuzzug in ihre von der Pest verheerte Heimat zurückkehren. Schon am Strand erwartet den Ritter der Tod, dem er einige Tage Aufschub abhandeln kann, indem er ihn zu einer Schachpartie herausfordert. Auf seinem letzten Weg sucht Block fanatisch nach Gott, während die verängstigten Menschen in seiner Begleitung versuchen, ein kleines Stück Sinn oder Glück für sich festzuhalten.
Det sjunde inseglet ist eine der zentralen Arbeiten im Werk Ingmar Bergmans. Das mehrfach preisgekrönte Mysterienspiel entsteht nach einem Bühnenstück von Bergman. Inspiriert von Dürers Gemälde Ritter, Tod und Teufel, eröffnet er nach einem Zyklus frivoler Komödien den spirituellen Diskurs des Regisseurs: eine mythopoetische Odyssee durch eine Welt am Rande des Untergangs in karger Dekoration und düsterer Ikonografie, die immer wieder souverän zwischen Schrecken, Pathos und Ironie changiert. Wie der nachfolgende Smultronstället ist auch Det sjunde inseglet vor allem eine Reise in Innenwelten, entstanden vor dem dunklen zeitgenössischen Hintergrund eines drohenden Atomkriegs auf europäischem Boden. „Aus diesem Grunde ist er gemacht worden, er handelt von der Todesangst. Und durch ihn habe ich mich von meiner Todesangst befreit.“ (Bergman über Bergman). Det sjunde inseglet machte seinen Hauptdarsteller über Nacht weltberühmt. Es war eine der ersten Hauptrollen des damals 28jährigen Max von Sydow. (bt)

am 10.9.2010 um 19.00 Uhr
am 12.9.2010 um 21.00 Uhr

 

 

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Il mestiere delle armi
Der Medici-Krieger

I/F/D 2001, R: Ermanno Olmi, D: Hristo Jivkov, Sergio Grammatico, Desislava Tenekedjieva, Sandra Ceccarelli, Sasa Vulicevic, 104’ 35 mm, DF

Wie eine Replik auf A Knight’s Tale bestätigt Ermanno Olmis mit Preisen überhäufter Il mestiere delle armi die Nostalgie eines Genres, das seit Don Quijote von Männern handelte, deren Zeit vorüber ist, wenn Schwert- und Lanzenkämpfer in ein aussichtsloses Gefecht gegen moderne Feldgeschütze ziehen. Die Feuerwaffen beenden die Zeit der Ritterlichkeit. Der ehrenvolle Zweikampf ist längst von politischen Winkelzügen und modernen Vernichtungswaffen abgelöst worden.
Norditalien im Winter 1526: Das Mittelalter ist vorüber, die Renaissance ist angebrochen, die Reformation erschüttert Europa. Landsknechte des Kaisers Karl V., der die halbe Welt beherrscht, ziehen marodierend durchs Land. Ihr Ziel ist die Besetzung Roms, das einzige Hindernis der heldenhafte päpstliche Feldherr Giovanni De’Medici mit seiner Armee. Minutiös rekonstruiert Il mestiere delle armi die letzten Tage im Leben des „Meisters des Waffenhandwerks“, der am Fortschritt der Kriegsführung zugrunde geht, denn „neue Waffen verändern die Kriege, und die Kriege verändern die Welt“, wie es Giovannis treuer Berater Aretino formuliert.
„Es geht Olmi nicht darum den Krieg zu rechtfertigen oder ihn in Frage zu stellen. Olmi hat ein viel weiteres Thema im Visier: den unmerklichen Umschwung eines unmenschlicheren Umgangs miteinander.“ (Andrea Dittgen) (bt)

am 10.9.2010 um 21.00 Uhr

 

 

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Robin and Marian
Robin und Marian

USA 1976, R: Richard Lester, D: Audrey Hepburn, Sean Connery, Robert Shaw, Nicol Williamson, Richard Harris, Denholm Elliott, 107’ 35 mm, OF

Die Spätphase der klassischen Abenteuerfilme bestimmen traurige Ironie, gebrochene, gealterte Heldenfiguren und verlorene Träume. In Richard Lesters elegischem Robin and Marian finden ein ganzes Zeitalter ritterlicher Schwertkämpfer wie auch deren Verklärung ein Ende. Mehr den historischen Fakten als dem bisherigen Bild Hollywoods entsprechend, entpuppt sich Robin Hoods und Little Johns verehrter König Richard Löwenherz als blutberauschter Eroberer, der in der Fremde im Wahnsinn stirbt. Wieder ist es eine Rückkehr aus dem Kreuzzug, die Robin Hood und Little John eine veränderte Heimat vorfinden lässt. Die Rebellen vom Sherwood Forest sind nur noch Legende, Robins große Liebe Marian lebt mittlerweile im Kloster. Ihrer wieder aufblühenden Romanze scheint nur eine kurze Zeit beschieden, denn Robins alter Erzfeind, der Sheriff von Nottingham, fordert ihn zum Duell auf Leben und Tod.
Robin and Marian markiert einen krönenden Abschluss des Robin-Hood-Mythos, der einst mit Douglas Fairbanks und Errol Flynn begann und nach dem nichts mehr kommen konnte als Parodie und Neuaufguss. Richard Lesters Werk war der letzte Film eines Trios von Spät-Abenteuerfilmen, in denen Sean Connery erstmals ohne Toupet auftrat und mit denen es ihm gelang, das Image der von ihm verkörperten Genrefiguren neu zu definieren. „Trotz seiner Komik ist dies ein sehr wehmütiger, zuweilen sogar tragischer Film, erzählt er doch von Männern, die nicht einsehen wollen, dass ihre Zeit vorüber ist.“ (Britta Hartmann).

am 11.9.2010 um 18.30 Uhr
am 15.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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Monty Python and the Holy Grail
Die Ritter der Kokosnuss

GB 1975, R: Terry Gilliam, Terry Jones, D: Graham Chapman, John Cleese, Michael Palin, Eric Idle, Terry Gilliam, Terry Jones, Carol Cleveland, 92’ DVD, OmU

„Alle Namen sind frei erfunden”, behauptet der Vorspann, bevor zu pompöser Musik und dem Geklapper von Kokosnüssen der sagenhafte Artus und sein Knappe auf nicht vorhandenen Pferden ins Bild hüpfen. Wir schreiben das Jahr 932 n. Chr.: Britanniens König ist ausgezogen, um Ritter für seine Tafelrunde um sich zu scharen. Während Gott der illustren Truppe, die sich bald zusammenfindet, auferlegt, den Heiligen Gral zu suchen, geraten die tapferen Ritter mit respektlosen Normannen, mörderischen Zwerghasen und marxistisch indoktrinierten Bauern aneinander.
Die zweite Kinoproduktion der Monty Python Flying Circus Group wurde von der Kritik mit Kopfschütteln aufgenommen, aber auf Anhieb zu einem ihrer bekanntesten Streiche. Mit konsequenter Albernheit treiben die sechs britischen Komiker die anarchistischen Ansätze ihrer TV-Sketche auf die Spitze. Sie demontieren genussvoll die Motive dieses britischsten aller Genres. Zweikämpfe führt man bis zum Verlust aller Gliedmaßen und Debatten mit Zauberern, Geistern und Gott, die die Logik ad absurdum führen. Und immer wieder bricht sich der Mythos an den Klischees einer zwar spießigen, aber gemütlichen alten Zeit der Prä-Thatcher-Ära. (bt)

am 11.9.2010 um 21.00 Uhr
am 14.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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Lancelot du Lac
Lancelot, Ritter der Königin

F/I 1974, R: Robert Bresson, D: Luc Simon, Humbert Balsan, Laura Duke Condominas, Patrick Bernard, Vladimir Antolek-Oresek, 83’ 35 mm, OF

Die bis dahin sicher ungewöhnlichste Version der Sage um König Artus und die Ritter seiner Tafelrunde, die vor allem mit Sir Thomas Malorys Le Morte d’Arthur (1485) in die abendländische Literaturgeschichte einging und neben Walter Scotts Ivanhoe die wichtigste Vorlage für den Ritterfilm darstellte. In der Deutung Robert Bressons, der „von allen zeitgenössischen Regisseuren der Definition des ‚auteur’ vermutlich am nächsten kommt“ (E. Katz: The Film Encyclopedia), wird sie zur düsteren Meditation über Schicksal und Selbstbestimmung. Die magischen Motive der Sage außer Acht lassend, konzentriert sich Bresson ganz auf die ‚Amour fou’, die den königstreuen Lancelot, der nach zwei Jahren sinnloser Gralssuche an den Hof zurückkehrt, und die Königin Guinevère verbindet. Obwohl die Liaison von Artus geduldet wird, nutzt der missgünstige Mordred die Chance, die Tafelrunde zu entzweien und einen tödlichen Krieg anzuzetteln...
Mit minimalistischen Mitteln, Laiendarstellern und dem blutigen Realismus des Grand Guignol forscht Bresson nach der Wahrheit hinter dem Schein, die Pflicht als Tod, Recht als Ungerechtigkeit und Schlachtfelder als Schlachthöfe erkennen lässt. „Lancelot ist vielleicht Bressons konsequenteste Demonstration des völligen Verzichts auf Überfluss und Ausschmückung, der seinen filmischen Ansatz bestimmte.“ (Joseph Cunneen) – „Ich versuchte, die Märchenaspekte in Gefühlszustände umzuformen; aufzuzeigen, wie unser Gefühl sogar die Luft verändern kann, die wir atmen.“ (Bresson im Interview mit J. L. Godard und M. Delahaye). (bt)

am 12.9.2010 um 19.00 Uhr

 

 

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Perceval le Gallois
F/BRD/CH/I 1978, R: Éric Rohmer, D: Fabrice Luchini, André Dussollier, Arielle Dombasle, Marc Eyraud, Michel Etcheverry, 140’ 35 mm, OF

Neben Robert Bressons Lancelot die stilistisch wohl eigenwilligste Leinwandversion (einer Teilgeschichte) der Artussage. Wo sich Bresson dem harten Realismus verschreibt, wählt Éric Rohmer den spirituellen und artifiziellen Weg. Sein Perceval ist eine (Studio-)Bühnenadaption des Versepos von Chrétien de Troyes, das neben Wolfram von Eschenbachs Version als Urfassung des Parzival-Stoffes um Gral- und Gottsuche gilt. Arrangiert als eine Abfolge von meist statuarischen Stationen in symbolischen Kulissen, erzählt und besingt Perceval – den Erzähltext deklamiert ein Bühnenchor! – die Chronik einer Wanderschaft, die zum Lebensweg wird und die eine Quintessenz aller Ritterfilme darstellt: Ausgezogen als einfältiger Landjüngling, um Ritter am Hofe König Artus’ zu werden, muss Perceval eine Reihe von Prüfungen und Zweikämpfen bestehen, vor allem jedoch seine eigene Unzulänglichkeit überwinden, ehe er zu Glauben und Erkenntnis findet.
„Als er Perceval adaptierte, erklärte Éric Rohmer, warum er seine Ritter durch Sets reiten ließ, die von zeitgenössischen Bildern inspiriert waren: Nicht, weil sie nie durch richtige Wälder geritten wären, sondern weil auf diese Weise ein Ereignis entsteht, das für immer außerhalb der Möglichkeit einer filmischen Aufzeichnung liegt.“ (Cahiers du cinéma) (bt)

am 17.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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Excalibur
USA/GB 1981, R: John Boorman, D: Nigel Terry, Nicholas Clay, Helen Mirren, Cherie Lunghi, Nicol Williamson, Paul Geoffrey, 140’ 35 mm, DF

„Es ist eine wesentliche Aussage der Legende, dass der Mensch seine magische Beziehung zur Natur verliert. Aber ohne diese magische Beziehung sind wir unvollkommen.“ (John Boorman im Interview) – John Boormans neoklassische Verfilmung der Artussage, die das moderne Fantasy-Kino mitbegründete und einen ganzen Reigen phantastischer Ritter- und Barbarenwelten eröffnete, führte die Magie, aber nicht den Heroismus in den Ritterfilm zurück. Sein fatalistisches, von Wagner und Orff umtostes Epos um Aufstieg, Glorie und Ende des sagenhaften Königs und seiner Tafelrunde, die verbotene Liebe der Königin zum Kämpen Lancelot und die Suche nach dem Heiligen Gral entfalten sich in einem von Zauberkraft und Animismus beherrschten Frühmittelalter, in dem alles einem Weltenplan untergeordnet scheint. Folgerichtig stehen im Mittelpunkt von Excalibur die Zauberer Merlin und Morgana, deren Intrigen das Geschick der Menschen bestimmen, während diese, wie die Könige Uther und Arthur oder die sich unglücklich Liebenden Lancelot und Guinevere, ihrem Schicksal nicht entrinnen können. „Eine Chronik von Aufstieg und Fall verdammter, schattenhafter Figuren, die keine Helden, sondern nur amoklaufende Giganten sind. Und doch großartig anzusehen.“ (Roger Ebert) (bt)

am 18.9.2010 um 18.00 Uhr
am 21.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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A Knight’s Tale
Ritter aus Leidenschaft

USA 2001, R: Brian Helgeland, D: Heath Ledger, Rufus Sewell, Paul Bettany, Shanynn Sossamon, Laura Fraser, Mark Addy, 132’ 35 mm, OmU

Der Titel kündigt eine Legende an, während der Film eine moderne Utopie in historisches Wams kleidet: Ein Knappe aus armen Verhältnissen nimmt, zunächst aus Not, die Identität eines Ritters an und besteht Turnier um Turnier. Der Wettstreit mit einem schurkischen Rivalen um die Liebe eines zauberhaften Edelfräuleins lässt ihn am Lügengebäude festhalten und wird ihm zum Verhängnis.
An der Seite von Gladiatoren, Samurai und karibischen Piraten hielten auch die Ritter ihren Wiedereinzug ins Familienkino Hollywoods. Brian Helgelands gelungene Modernisierung klassischer Themen schuf erstmals so verrückte wie bezaubernde Analogien zwischen mittelalterlichen Turnieren und zeitgenössischen Medienereignissen. In Volksfeststimmung werden Brot und Spiele zelebriert. Man tanzt zu David Bowie, rockt zu Queen und die Minne sucht ihren Superstar: Nie zuvor war der Ritterfilm so cool, nie zuvor so neo-amerikanisch. Trotz seines Verzichts auf magische Elemente und angesiedelt um das Jahr 1356, spielt A Knight’s Tale in einer phantastischen Gesellschaft, in der der soziale Aufstieg aus dem Proletariat in den Hochadel nur eine Frage des nötigen Ehrgeizes ist. (bt)

am 18.9.2010 um 21.00 Uhr
am 22.9.2010 um 20.00 Uhr

 

 

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Die Nibelungen
D 1924, R: Fritz Lang, B: Thea von Harbou, D: Paul Richter, Margarethe Schön, Theodor Loos, Hans Adalbert von Schlettow, Rudolf Klein-Rogge, 142’ (Teil I: Siegfried), 151’ (Teil II: Kriemhilds Rache) 35 mm, restaurierte Fassung

„Ein geschlagenes Volk dichtet seinen kriegerischen Helden einen Epos in Bildern, wie ihn die Welt bis heute noch kaum gesehen!“, bejubelte Die Filmwoche 1924 den zweiteiligen, fast fünf Stunden Laufzeit umfassenden Film und gibt damit die Linie einer berüchtigten Fehldeutung vor. Lange als nationalistische Heldenverklärung abgetan, ist Fritz Langs monumentaler Klassiker das Gegenteil eines Heroengemäldes. Die Nibelungen beschreibt vielmehr den unausweichlichen Untergang einer Königsfamilie, den menschliche Eifer- und Rachsucht und eine unaufhaltsame Spirale der Gewalt verschulden. Siegfried, der arglose Tausendsassa, wirbt um Burgunds schöne Prinzessin Kriemhild und wird von deren Bruder König Gunther wider besseres Wissen zur Beihilfe bei einer List überredet. Die starke Königin Brunhild gilt es körperlich zu brechen, die dafür ebenso grausam Rache nimmt wie Siegfrieds treue Kriemhild für dessen Ermordung. Wenn Frauen hassen, können ganze Dynastien versinken. Die frühen Rittersagen sind immer auch Metaphern auf einen Machtkampf der Geschlechter.
Obwohl im berühmten Drehbuch von Thea von Harbou „dem deutschen Volke zu eigen“ erklärt, wird die Saga der Nibelungen in der skandinavischen Edda wie auch im deutschen Nibelungenlied erzählt. Fritz Langs schwarz romantisches, von Gemälden Arnold Böcklins und Max Klingers beeinflusstes, bis ins letzte Detail stilisiertes Fresko macht aus dem nordischen Pendant zur Artussage einen nihilistischen Totentanz.
Wir zeigen die neu restaurierte Fassung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. (bt)

Klavierbegleitung: Stephan von Bothmer
Eintrittspreis: 12,- €
am 19.9.2010 um 16.00 Uhr

 

 

 

 
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