Mickey-Mouse- und Tapeten-Mark – Zur Gründung der Bank deutscher Länder 1948

Vor 70 Jahren, am 1. März 1948, wurde die Bank deutscher Länder in Frankfurt am Main gegründet. Ihre Aufgabe war es, die Geldpolitik in den westlichen Besatzungszonen zu regeln. Dr. Michael Kunzel, Leiter der numismatischen Sammlung am Deutschen Historischen Museum, schildert die Vorkehrungen für die Währungsreformen in den Besatzungszonen, die der Teilung Deutschlands vorausging.

In der Dauerausstellung im Bereich Kalter Krieg und Währungsreform befinden sich Banknoten sowie eine Transportkiste, die 1992 aus Bad Homburg als Schenkung in die Sammlung des Deutschen Historischen Museums gelangte. In insgesamt 23.000 dieser Holzkisten, von denen noch drei existieren, wurden in der streng geheimen Operation „Bird Dog“ die seit Oktober 1947 in den USA für Deutschland gedruckten Banknoten über den Atlantik nach Bremerhaven und von dort per Lastwagen in die alte Frankfurter Reichsbank transportiert. Dort wurden sie bis zum 20. Juni 1948 eingelagert, der Tag an dem die Währungsreform in den drei Westzonen stattfand.

 Transportkiste für Geldscheine der Währungsreform in den Westzonen Deutschlands, 1948 © DHM

Transportkiste für Geldscheine der Währungsreform in den Westzonen Deutschlands, 1948 © DHM

Eine Währungsreform gegen den Versorgungsnotstand

Im völlig zerrütteten Wirtschafts- und Finanzsystem Nachkriegsdeutschlands hatte die alte Reichsmark erheblich an Wert verloren. Der Schwarzmarkt florierte, Zigaretten waren das anerkannte Tauschmittel. Bald schon herrschte bei allen Besatzungsmächten Einigkeit darüber, dass ohne eine Währungsreform der Versorgungsnotstand nicht zu beheben sei. Die Banksysteme waren inzwischen dezentralisiert, seit 1945 gab es keine deutsche Zentralbank mehr und jede Besatzungszone hatte eigene zentrale Länderbanken eingerichtet. Die Sowjetunion begann bereits mit der Verstaatlichung der Wirtschaft und deren Umbau nach sozialistischem Muster.
Pläne für eine gemeinsame Währungsreform in Deutschland wurden seit 1946 geschmiedet, doch zerstritten sich die Alliierten über die Frage einer zentralen deutschen Finanzverwaltung. Da die Währungsreform und die Ausgabe von neuem Geld aber eine Zentralbank erforderte, schufen sich die Alliierten für ihre föderative Bankenlandschaft übergeordnete Zentralen. In den westlichen Besatzungszonen stand schließlich das in Großbritannien bewährte System der Bank of England Pate, als am 1. März 1948 die Bank deutscher Länder mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet wurde. Die Sowjetunion richtete sich das Pendant für ihre Besatzungszone mit der Deutschen Emissions- und Girobank im Mai 1948 ein.

„Mickey-Mouse-Mark“, Banknote 20 D-Mark, ausgegeben am 20. Juni 1948, 1948 © DHM

„Mickey-Mouse-Mark“, Banknote 20 D-Mark, ausgegeben am 20. Juni 1948, 1948 © DHM

Am 20. Juni 1948, dem geheim gehaltenen Tag X zur Einführung der neuen Währung, wurden schließlich 500 Tonnen neuer Geldscheine in den Westzonen verteilt. Jeder erhielt sein Kopfgeld von 60 D-Mark – 40 D-Mark sofort, den Rest später. Der Währungsschnitt war tiefgreifend, 93,5 % des Altgeldes waren verloren. Anfänglich wurde das neue Geld aufgrund seines einfachen Drucks als Mickey-Mouse-Mark verspottet. Niemand ahnte damals, dass die neue D-Mark einst eine der stabilsten Währungen der Welt werden sollte. Da 1948 noch kein Münzgeld in ausreichender Menge zur Verfügung stand, ließ die Bank deutscher Länder erste eigene Geldscheine im Wert von 5 und 10 Pfennig drucken. Später folgten Banknoten von 5 bis 100 D-Mark, die bis 1966 im Kurs blieben.

Kleingeldscheine 5 und 10 Pfennig, 1948 © DHM

Kleingeldscheine 5 und 10 Pfennig, 1948 © DHM

Bereits am 24. Juni folgte die Sowjetunion mit der Einführung der Währungsreform und Umbewertung des Altgeldes in der sowjetischen Besatzungszone. Da neue Geldscheine erst ein paar Wochen später bereitstanden, behalf man sich mit eilends gedruckten briefmarkenähnlichen Wertmarken, die, auf die umgestellten alten Reichs- und Rentenmarkscheine geklebt, von der Bevölkerung als Tapeten-Mark verspottet wurden. Nun gab es in einem Deutschland zwei Währungen mit gleicher Bezeichnung: Deutsche Mark.

„Tapeten-Mark“, Kupon 1948 auf 5 Reichsmark, 1942 © DHM

„Tapeten-Mark“, Kupon 1948 auf 5 Reichsmark, 1942 © DHM

Auf die Ausdehnung der Währungsreform auf ganz Berlin durch die Sowjets, antworteten die Westalliierten mit der Einführung ihrer D-Mark in ihren drei Berliner Sektoren. Der Währungsstreit eskalierte, die Sowjets blockierten Berlin, und die Westalliierten versorgten Westberlin schließlich mittels einer Luftbrücke, bei der alle 90 Sekunden eine Transportmaschine landete. Die bis in den Mai 1949 andauernde Blockade festigte nicht nur die Währungsspaltung. Sie kündigte auch die deutsche Teilung an.