„DER GLOBUS WAR EINES DER ERSTEN CROWDSOURCING-PROJEKTE”

Mein Geschichtsstück: Der Aktivist Raúl Krauthausen stellt sein Lieblingsobjekt im Deutschen Historischen Museum vor.

Mein Geschichtsstück im Deutschen Historischen Museum ist die Kopie des Behaim-Globus aus dem Jahr 1492. Er ist die älteste erhaltene Darstellung der Erde in Kugelform. Interessant finde ich, dass dort ein wichtiger Teil der Welt noch fehlt: der amerikanische Kontinent.

Mit unvollständigen Karten kenne auch ich mich ein bisschen aus. Ich habe die Wheelmap mitbegründet, eine weltweite Onlinekarte für rollstuhlgerechte Orte. Nutzer können dort eintragen, ob öffentliche Orte für Rollstuhlfahrer zugänglich sind, zum Beispiel Cafés und Restaurants. Die Karte wächst ständig und ist damit immer unvollständig. Doch genau wie der Behaim-Globus hilft sie den Menschen, das schon Entdeckte mit anderen zu teilen.

AUCH WIR MÖCHTEN ZUM ENTDECKEN ERMUTIGEN

Ich habe gelesen, dass der Behaim-Globus Kaufleute motivieren sollte, eine eigene Schiffsexpedition zu starten. Da sehe ich eine ganz starke Parallele zur Wheelmap. Wir möchten auch dazu ermutigen, mit dem Erkunden und Entdecken weiterzumachen. So wie die Menschen damals immer auf der Suche nach unbekannten Küsten waren, sind wir jeden Tag auf der Suche nach neuen Orten, die für Rollstuhlfahrer zugänglich sind.

Ein Projekt wie die Wheelmap kann niemand alleine stemmen. Wir setzen deshalb auf das sogenannte Crowdsourcing: Unsere Karte entsteht durch die Beiträge zehntausender Nutzer auf der ganzen Welt. Ich glaube, der Behaim-Globus war eines der ersten Crowdsourcing-Projekte. Er ist zwar nach einem einzigen Mann, dem Nürnberger Tuchhändler Martin Behaim, benannt; gefertigt wurde er aber von zahlreichen Handwerkern, die wiederum auf das gesammelte Wissen unzähliger Schiffsleute, Kartographen und Denker zurückgriffen.

DIE WHEELMAP SOLL NICHT INS MUSEUM

Es muss ein erhebendes Gefühl für diese Menschen gewesen sein, anderen dabei zu helfen, sich in der Welt zurechtzufinden. Das ist etwas, das auch mich antreibt. Ich möchte Menschen in die Lage versetzen, die Welt zu entdecken.

Wenn ich den Globus betrachte, frage ich mich, ob seine Schöpfer damals wussten, dass er eines Tages im Museum stehen wird. Die Wheelmap wird wahrscheinlich nie im Museum landen, dafür ist sie ein bisschen zu groß. Eigentlich möchten wir dort auch gar nicht hin. Der Globus war vermutlich als herausragendes Kunstobjekt nur einer ausgewählten Elite zugänglich. Unser Ziel ist dagegen, ein ganz alltägliches Produkt zu schaffen, das jeder nutzen kann. Wenn genug Menschen mitmachen, wird unsere Wheelmap vielleicht eines Tage auch vollständig sein – so wie die Globen unserer Zeit.