4711 – Erfrischt und beruhigt die Nerven

Was für den einen nur eine Zahl ist, lässt beim anderen allein bei der bloßen Erwähnung von „4711“ den charakteristisch herben Geruch in die Nase steigen. Dabei ist es kein Geheimnis, dass sich beim Duft des „Echt Kölnisch Wassers“ die Geister scheiden – und dennoch erfreut sich dieses Parfüm auch heute noch großer Beliebtheit. Trotz des regen Interesses, ist die Geschichte des Duftklassikers nur den wenigsten bekannt.

Die Ursprünge von „4711“ lassen sich auf das Jahr 1792 zurückdatieren. Damals habe der Kaufmann Wilhelm Mülhens die Rezeptur von dem Kartäusermönch Franz Maria Farina als Hochzeitsgeschenk erhalten. Inwiefern dies tatsächlich der Wahrheit entspricht, dazu gibt es verschiedene Auffassungen. Fakt ist jedoch, dass Mülhens das „aqua mirabilis“ – das heilende Wunderwasser – seit 1799 als Kölnisch-Wasser mit den Herkunftsnachweis „Franz Maria Farina – Klöckergasse No. 4711 in Cöln a. R.“ vertrieb. Auch wenn dieser Zusatz eine Art Gütesiegel repräsentierte, markenrechtlich war er überaus strittig, da zeitweise mehr als fünfzig verschiedene Produzenten existierten, die den Namen „Farina“ verwendeten. Infolge der Rechtsstreitigkeiten mit der Familie Farina wurde daher Jahrzehnte später vom Enkel des Firmengründers die neue Produktbezeichnung „Eau de Cologne Parfümerie-Fabrik Glockengasse 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferdinand Mülhens“ eingeführt. Im Jahre 1875 wurde „4711“ schließlich als Marke ins deutsche Handelsregister eingetragen.

Der Duft der Reformen

Doch woher kommt die Ziffernfolge, die als Markenzeichen des Eau de Cologne gilt? Den Namenszusatz und das typische Markenzeichen „4711“ erhielt das wohlriechende Destillat zur Zeit der französischen Besatzung im Jahre 1796. Die militärische Expansion der Franzosen im linksrheinischen Teil Deutschlands erstreckte sich damals über ein Gebiet, zu dem auch die Stadt Köln gehörte. Im Rahmen der territorialen Neugestaltung brachten unsere Nachbarn ihr modernes französisches Verwaltungsdenken in die Domstadt und führten sogenannte Konskriptionsnummern ein. Konkret bedeutete dies, dass alle Gebäude der Stadt fortlaufend nummeriert wurden, um dem ungeordneten Nebeneinander der Hausbezeichnungen ein Ende zu bereiten und die Einquartierung der Truppen zu erleichtern. Zuvor musste man sich zum Beispiel vom „Haus zum Bären“, über das „Haus zum Walfisch“ zum „Ochsenhaus“ durchfragen. Was amüsant klingt, brachte im Alltagsleben viele Nachteile mit sich und so schien es nur vernünftig, ein nachvollziehbares Nummerierungssystem als Orientierungshilfe einzusetzen. Das Haus von Wilhelm Mülhens in der Kölner Glockengasse wurde mit der Nummer 4711 versehen. Jahre später, als die durchlaufende Nummerierung wieder abgeschafft und die straßenweise Nummerierung umgesetzt wurde, änderte sich abermals die Adressbezeichnung. Auf den Namen des „Echt Kölnisch Wassers“ hatte dies allerdings keinen Einfluss. Der deutsche Duftklassiker hat also seinen Namen ausgerechnet den Franzosen zu verdanken.

Vom Elixier zum Aromatherapeutikum

Die Franzosen zeigten an der geheimen Rezeptur des Wunderwassers übrigens besonderes Interesse. Napoleon Bonaparte höchstpersönlich veranlasste im Jahre 1810 eine Preisgabe der Rezepturen aller innerlich (!) anzuwendender Pharmazeutika, zu denen auch das Kölnisch Wasser ursprünglich gehörte. Um dieser Anordnung auszuweichen und das Firmengeheimnis zu wahren, wurde „4711“ kurzerhand zum äußerlich anwendbaren Heilmittel erklärt. Zuvor als Gesundheitstrank beworben, der unverdünnt oder mit Wein vermischt eingenommen werden sollte, deklarierte die Parfüm-Manufaktur ihr Produkt seither als belebendes Erfrischungsmittel, das zu aroma-therapeutischen Zwecken verwendet werden konnte.

Rezeptur heute noch geheim

Die genaue Komposition der verschiedenen Essenzen und ätherischen Öle, die dem Duftwasser den unverwechselbaren Geruch verleihen, wird bis heute unter Verschluss gehalten. Bekannt ist nur, dass zu den Hauptbestandteilen Bergamotte, Zitrone, Orange, Neroli, Pettigrain, Lavendel und Rosmarin gehören. Ebenfalls erwähnenswert ist das einzigartige Design des Flacons, die sogenannte Molanus-Flasche. Benannt nach ihrem Erfinder, Peter Heinrich Molanus, erhöht auch sie den Wiedererkennungswert des Parfüms ungemein. Diese besondere Flaschenform erfüllt allerdings nicht nur eine ästhetische Funktion, sondern erweist sich als besonders praktisch, da sie die Lagerung und den Transport erleichtert. Der auffällige, am Flaschenhals angebrachte, Kropf begünstigt zudem die aromatische Entfaltung der Ingredienzien und steigert somit das olfaktorische Erlebnis.

Mittlerweile ist die Produktpalette um „4711“ signifikant gewachsen. Zu dem „Echt Kölnisch Wasser“ gesellen sich Seifen- und Parfümkreationen, die den erfrischend-herben Duft aufgreifen und ihn neu erfinden. Einige dieser Produkte finden sich in der Sammlung des Deutschen Historischen Museums, wie zum Beispiel das „Nelken Toilette Talkum Puder“ oder die „Sparta Creme“. Eine faszinierende Auswahl, bestehend aus verschiedenen Puder, Cremes und einem Flacon des echten Kölnisch-Wassers aus dem Hause „4711“ ließ sich zuletzt im Rahmen der Ausstellung „Strategien der Werbekunst von 1850 – 1933“ im Jahr 2004 bewundern.