5 Fragen an: Katrin Kunze

4. Februar 2022

Das Zeughaus des Deutschen Historischen Museums wird saniert und die Dauerausstellung „Deutsche Geschichte vom Mittelalter bis zum Mauerfall“ abgebaut. Gleichzeitig arbeitet das DHM an einer neuen Ständigen Ausstellung – ein Großprojekt, das das gesamte Museum betrifft. In der Interview-Reihe „5 Fragen an…“ kommen Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen zu Wort und berichten von ihren Erinnerungen an die frühere Dauerausstellung und derzeitigen Erlebnissen. Katrin Kunze, Ausstellungshandwerkerin am Deutschen Historischen Museum, stellte sich ebenfalls den Fragen.

Liebe Katrin Kunze, die Dauerausstellung ist seit Ende Juni 2021 geschlossen. Gab es für Sie ein Objekt oder einen Bereich in der Ausstellung, mit dem Sie eine besondere Erinnerung oder Geschichte verbinden?

Katrin Kunze: Es gibt einige Erinnerungen und Objekte, die mir da direkt in den Kopf schießen. Zum einen haben mich die realistischen bzw. lebensnahen Kompositionen, wie sie in der Biedermeier-Vitrine zu sehen waren, beeindruckt. Zum anderen sind mir einzelne Projekte wie die Präsentation von Objekten aus der Silberkammer der Luxemburger Dynastie im Jahr 2012 besonders in Erinnerung geblieben. Hierfür wurden vier Vitrinen komplett leergeräumt. Ein speziell dafür beauftragter Polsterer fertigte die unterschiedlichen Etagen mit einem Bezug aus dunkelblauem Samt an. Auf diesen wurden die kostbaren Objekte aus Silber präsentiert. Gemeinsam mit Mitarbeitenden aus Luxemburg wurde das Silber poliert und dafür gesorgt, dass der Samt komplett fusselfrei blieb bevor die Vitrinen verschlossen wurden.
Aber auch die meines Erachtens sehr schöne Intervention „Engel, Hakenkreuz, Felsendom. Christbaumschmuck vom 19. Jahrhundert bis heute“ ist mir noch sehr präsent. Aus verschiedensten Weihnachtsbaumornamenten fertigten der Künstler Ulrich Vogl und die Bühnenbildnerin Evi Wiedemann eine Installation in Form eines Weihnachtsbaumes.
Bei der Umsetzung solcher Projekte war ich beteiligt, da hierfür Vitrinen entfernt bzw. versetzt werden mussten.

Blick auf die Installation von Evi Wiedemann und Ulrich Vogel die im Rahmen der Intervention „Engel, Hakenkreuz, Felsendom. Christbaumschmuck vom 19. Jahrhundert bis heute“ in der Dauerausstellung zu sehen war. © DHM

Waren Sie 2006 beim Aufbau und der Eröffnung dabei? Ist Ihnen aus dieser Zeit etwas prägend in Erinnerung geblieben? Oder gab es für Sie einen Umbau oder Umgestaltung eines Bereichs, der Sie persönlich beeindruckt hat?

Um die Vielzahl an Büchern im Zeughaus zu präsentieren, wurden spezielle Buchstützen, sogenannte Dützer Wiegen, benötigt. Im Obergeschoss waren diese überwiegend mit Seide bezogen. Hierfür fertigte ich zunächst einen Prototyp an. Gemeinsam mit zwei Mitarbeiter*innen bezog ich schließlich rund 400 Wiegen. Michaela Brand, Buchrestauratorin am Haus, versorgte uns stetig mit Nachschub an Blanko-Wiegen. Diese Dützer Wiegen müssen nämlich für jedes Buch spezifisch eingestellt werden.

Ich selbst war erst einige Wochen vor der Eröffnung am Aufbau beteiligt und habe tagelang Objektbeschriftungen montiert und kontrolliert. Noch am Tag der offiziellen Eröffnung, quasi bis zur letzten Minute, haben wir an Details gearbeitet.

Nach der Eröffnung gab es zahlreiche Umgestaltungen, auch baulicher Art. Die Konzeption der Dauerausstellung sah vor, dass die Räume stringent komplett durchlaufen werden konnten. Im Verlauf der Jahre wurden dann einige Anpassungen vorgenommen und ganze Wände und Bauten abgerissen, unter anderem ein Rondell, welches im Themenbereich zu Goethe verbaut war und in dem die amerikanische Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 ausgestellt war. Nachdem dieses abgerissen wurde, hatte man schließlich einen freien Blick auf die dahinterliegende Empore. Für die Besucher*innen ermöglichte dies ein viel freieres und luftigeres Raumerlebnis.

Ebenso beeinflussten die vielen Interventionen, die immer wieder in verschiedenen Bereichen im Zeughaus integriert wurden, die Dauerausstellung in spannender Weise – wenn auch nur temporär. Das hat immer sehr viel Spaß gemacht.

Was stellt für Sie die größte Herausforderung beim Abbau der Dauerausstellung dar?

Die größte Herausforderung ist die Öffnung aller Vitrinen. Dabei ist zu bedenken, dass diese häufig im unteren Bereich aufgeschlossen werden, sodass ich viel Zeit auf den Knien verbringen muss.
Viele der Vitrinen in der Dauerausstellung haben zudem tatsächlich nur eine Glasscheibe und keine klassische Tür. Diese müssen dann mit einem Sauger rausgenommen werden.
Ein besonderer Fall ist die Vitrine im Erdgeschoss, in der eine DDR-Wohnzimmer zu sehen war, da die Scheiben hier jeweils fast 400 kg wiegen. In solchen Momenten zittere ich ein wenig.

Ein Blick hinter die Kulissen des Abbaus der Dauerausstellung im Zeughaus. © DHM

Um eine Größenvorstellung von der Ausstellung zu erhalten: Wie viele Vitrinen befanden sich in der Ausstellung?

Bis zuletzt befanden sich circa 650 Vitrinen in der Dauerausstellung im Zeughaus.

Gibt es etwas, das Sie relevant für die neue Ständige Ausstellung finden?

Aus der Erfahrung der letzten Dauerausstellung sollte darauf geachtet werden, dass Vitrinen wartungsfreier gebaut werden, damit diese leichter zu öffnen und auch besser zugänglich sind, z.B. wenn sie gereinigt oder Objekte ausgetauscht werden müssen.

Von Vorteil wäre außerdem ein flexibler gestaltetes Beleuchtungssystem, um die Objekte aber auch die entsprechenden Sequenztexte bestmöglich ausleuchten zu können.