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Die Filmkultur der jungen Bundesrepublik Deutschland ist gezeichnet von Eingriffen aller Art: Ausländische Produktionen wurden formal wie in ihren Geschichten an die angenommenen Geschmäcker und Sensibilitäten des hiesigen Publikums angepasst, einheimische Arbeiten in den unterschiedlichsten Stadien im allerweitesten Sinne zensurgleichen Eingriffen unterworfen. Konkret bedeutet dies zum Beispiel Casablanca ohne Nazis, um sich nicht durch zu viel Vergangenheit das Saisongeschäft vermiesen zu lassen; Die Diktatoren mit weniger Franco, um die diplomatischen Beziehungen mit dem faschistischen Spanien nicht zu belasten; Anders als Du und ich (§ 175) mit zusätzlicher Homophobie, um der Schwulenfeindlichkeit der Bevölkerung Rechnung zu tragen; Bronenosec Potemkin mit einem beschwichtigenden Kommentar, damit auch nach dem KPD-Verbot weltweit kanonisierte Filmkunst klassenkämpferischer Art in der Bundesrepublik einen Platz finden konnte. Denkt man die Idee der Umschreibung und Anpassung weiter, so gehört auch etwa Ferien vom Ich in diesen Kontext: Hans Deppe bearbeitete hier einen Stoff, den er in den 1930er Jahren schon einmal adaptiert hatte, neu für die veränderten politischen Umstände.

Im Gegensatz zu den ersten drei Teilen unseres Zyklus zum Kino der Adenauer-Ära wird Umschreibungen auch von einem Workshop begleitet. Stefanie Mathilde Frank und Olaf Möller laden am zweiten November-Wochenende in das Medientheater des Institus für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin ein, um mit einer Vielzahl von Gästen die Filme dieser Tage und die Seh-Erfahrungen der früheren Programme zu diskutieren – und so vielleicht auch weitere Perspektiven auf den Umgang mit dieser Epoche des bundesrepublikanischen Films zu entwickeln.

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