Einführung
| Vormärz und Morgenröte
| Arbeit, Kapital und Wissen
Freude am Konsum
| Lebensträume - Gesellschaft und Kultur der Gründerzeit
Die Jagd nach dem Glück
| Gründerbiografien-Auswahl
Feierliche Firmenjubiläen unter Einbeziehung der Belegschaft und aller Familienmitglieder wurden mit großem Stolz begangen und sollten die Arbeiterschaft fester an das Unternehmen binden. Doch die im Frühsommer 1873 mit der Wiener Bankenkrise einsetzende allgemeine wirtschaftliche Depression einerseits, notwendige Investitionen für Modernisierungen und Erweiterungen der Unternehmen andererseits führten in den frühen 1870er Jahren zur Umwandlung vieler Familienbetriebe in Kapital bestimmte Aktiengesellschaften. Der wirtschaftliche Aufschwung in den späten 1860er Jahren und die Neureglung des Aktienwesens zu Anfang des Jahres 1870 führten zur Gründung zahlreicher neuer Aktiengesellschaften, von denen etliche den Bankenkrisen und dem wirtschaftlichen Schwierigkeiten seit der Mitte der 1870er Jahre nicht standhielten. Dem Gründerboom folgte eine allgemeine Gründerkrise, die vielen Zeitgenossen wie ein Taumel erschien. Das Bild des Unternehmers wandelte sich vom rechtschaffenen Kaufmann zum Börsenritter auf der »Jagd nach dem Glück«.
»In die politisch ruhigen Jahre nach der Revolution von 1848 falle, so Werner Sombart, die »Geburtsstunde des neuen Deutschlands«, dieses neue Deutschland sei ein Kind des kapitalistischen Geistes und seiner organisatorischen Kristallisierung, der Aktiengesellschaft. Dafür sprach manches. In der Tat schossen die neuen Unternehmen zwischen den 1850er und den 1870er Jahren nur so aus dem Boden - und das nach dem gewonnenen Krieg 1870/71 ausbrechende Gründerfieber, der Gründerboom, hatte schließlich alle Züge einer sogenannten Dienstmädchenhausse, der Spekulationsgeist erfasste jetzt auch das einfache Volk. Die großen spektakulären Unternehmensgründungen waren zumeist Aktiengesellschaften. Zwischen 1851 und der ersten Jahreshälfte 1870 wurden, nachdem es zuvor kaum eine nennenswerte Zahl derartiger Etablissements gegeben hatte, 295 Aktiengesellschaften mit einem Nominalkapital von knapp 2,5 Milliarden Mark gegründet.«
Die Leseprobe ist dem Katalog zur Ausstellung entnommen.
Werner Plumpe: Familienunternehmen und Aktiengesellschaften, S. 79