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Kapitel 6

Die Rückerstattung des geraubten Besitzes

Bald nach Kriegsende erließen die Alliierten in den westlichen Besatzungszonen Gesetze, die das Recht der Verfolgten auf die Rückerstattung des „arisierten“ Besitzes festlegten. Diese Gesetze wurden später durch die Bundesregierung weitgehend übernommen und ergänzt, der Kreis der Anspruchsberechtigten und die Höhe der Forderungen, die sie anmelden konnten, wurden jedoch begrenzt.

 

Häufig hatten die Verfolgten große Schwierigkeiten zu belegen, welche Besitztümer ihnen geraubt wurden.
In diesem Fall hatte die Familie Guthmann Glück, dass sie dieses Photo als Beweismaterial vorlegen konnte.
Akte: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

Obwohl die rechtliche Stellung der Juden, die nach der Befreiung versuchten, ihren geraubten Besitz wiederzuerlangen, relativ gut war, stießen sie auf vielfältige Schwierigkeiten. Häufig war es für sie sehr schwer, zu beweisen, was ihnen genommen worden war. Wenn sie sich wegen ihres entzogenen Besitzes an die Finanzämter wenden mussten, waren sie dort zum Teil mit denselben Beamten konfrontiert, die an ihrer Enteignung beteiligt waren. Auch in den Entschädigungsbehörden und -gerichten zeigten sich manche Mitarbeiter den Verfolgten gegenüber wenig kooperativ, einige versuchten, Rückerstattungen mit allen Mitteln zu verhindern.

Nach dem Krieg versuchte der als Erbe eingesetzte Onkel von Erich Rose wenigstens einen Teil der Hinterlassenschaften zu retten. Das einzige was er von der wertvollen Wohnungseinrichtung noch fand waren einige Gemälde und der in diesem Schreiben genannte Teppich.
Akte: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

In großen Teilen der deutschen Bevölkerung wurde die Rückerstattung als eine Zwangsmaßnahme der Besatzungsbehörden angesehen, und viele Erwerber „jüdischen Eigentums“ leisteten beharrlich dagegen Widerstand. Auch unter den politischen Repräsentanten fanden sich nur wenige, die sich aktiv für die Rückerstattung einsetzten.
Das Bundesfinanzministerium, über die Einnahmen des Reiches aus der Enteignung der Juden wohl informiert, übernahm bei allen Wiedergutmachungsregelungen eine bremsende Funktion.
Auf dem Gebiet der DDR fand die Rückerstattung im Wesentlichen erst ab 1990 statt. Weder in West- noch in Ostdeutschland ist sie bis heute abgeschlossen.