Politiker, Schriftsteller
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189416. November: Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi wird als Sohn des österreichisch-ungarischen Gesandten in Japan, Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi, und dessen Frau Mitsu (geb. Aoyama) in Tokio geboren. Er wächst im elterlichen Schloss Ronsperg in Westböhmen auf.
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1903-1913Besuch des Wiener Theresianums, eines Gymnasiums zur Ausbildung künftiger Staatsbeamter und Diplomaten.
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1913-1917Studium der Geschichte und Philosophie an den Universitäten Wien und München mit Promotion zum Doktor der Philosophie.
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1915Hochzeit mit der österreichischen Schauspielerin Ida Roland (geb. Klausner), gemeinsam adoptieren sie zwei Kinder.
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1919Coudenhove-Kalergi nimmt die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft an, lebt aber weiterhin in Wien.
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1922Mitgliedschaft in der Wiener Freimaurer-Loge "Humanität".
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1923Oktober: Veröffentlichung seines programmatischen Buches "Paneuropa - ein Vorschlag". Darin beschreibt Coudenhove-Kalergi seine Vision eines geeinten Europas als Gegenkonzept zu den Nationalstaaten. Der politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenschluss aller europäischen Staaten - mit Ausnahme Großbritanniens und der Türkei - soll den Namen "Paneuropäische Union" tragen.
Gründer der überparteilichen Paneuropa-Union mit Sitz in Wien. Die Union stößt in demokratischen, liberalen und pazifistischen Kreisen auf ein positives Echo. Zu den zeitweiligen Mitgliedern gehören Konrad Adenauer, der spätere österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky (1911-1990), der französische Außenminister Aristide Briand, die Schriftsteller Thomas Mann und Franz Werfel (1890-1945) sowie der Nobelpreisträger Albert Einstein. -
1924-1938Herausgabe der Zeitschrift "Paneuropa" auf deutsch und französisch, erste Vortragsreisen durch Europa und die USA.
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1925Gründung der deutschen Paneuropa-Sektion; Ernennung des SPD-Politikers Paul Löbe zu deren Präsidenten.
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19263. Oktober: Erster internationaler Paneuropa-Kongress in Wien mit 2.000 Teilnehmern. Coudenhove-Kalergi wird zum Präsidenten der Paneuropa-Union gewählt. Als Symbol der Bewegung fungiert in Anlehnung an die Kreuzzüge ein rotes Kreuz auf goldener Sonne.
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1928Die deutsche Sektion der Paneuropa-Union wird mit der Wiener Zentrale durch Coudenhove-Kalergi in Personalunion verbunden. Als Folge der Zentralisierung der Paneuropa-Union und in Ablehnung des autoritären Führungsstils von Coudenhove-Kalergi treten zahlreiche Mitglieder, darunter Paul Löbe, aus der deutschen Sektion aus.
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1933Mai: Sämtliche Schriften Coudenhove-Kalergis werden auf die Schwarze Liste der vom NS-Regime verbotenen Bücher gesetzt. Coudenhove-Kalergi steht dem NS-Regime ablehnend gegenüber. Nachdem er zunächst gegen eine politische Isolation des Deutschen Reiches und für dessen Eingliederung in ein europäisches System plädiert hatte, versucht er nun mehrfach vergeblich, Mussolini für ein italienisch-französisches Bündnis zu gewinnen.
Oktober: Nach starkem Mitgliederschwund kommt es zur Selbstauflösung der deutschen Paneuropa-Sektion. -
1938März: Nach dem "Anschluss Österreichs" flüchtet er mit seiner jüdischen Frau Ida Roland aus Wien über die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien und Italien nach Bern, wo er die neue Zentrale der Paneuropa-Union errichtet.
Nach dem Münchner Abkommen emigriert er mit seiner Frau nach Frankreich, dessen Staatsbürgerschaft er annimmt. Verlegung der Zentrale der Paneuropa-Union nach Paris. -
1939-1940Herausgeber der Zeitschrift "Europäische Briefe" als Nachfolge der "Paneuropa"- Zeitschrift.
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1940August: Nach dem deutschen Einmarsch in Paris flieht er mit seiner Familie über Spanien und Portugal in die USA.
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1941Lehrauftrag am neugegründeten Forschungsseminar zur europäischen Nachkriegsföderation an der New York University.
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1943März: Fünfter Paneuropa-Kongress in New York. Coudenhove-Kalergi plant weiterhin die Integration Deutschlands in einen europäischen Staatenbund zur Eindämmung der sowjetischen Expansion.
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1946Juni: Rückkehr in die Schweiz.
19. September: Coudenhove-Kalergi ist Autor der berühmten Rede Winston Churchills vor der Akademischen Jugend in Zürich, in der seine zentrale Forderung zur Bildung der Vereinigten Staaten von Europa auf der Basis einer deutsch-französischen Partnerschaft zum Ausdruck kommt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhält die Europäische Bewegung vor allem von Jugendlichen enormen Zuspruch. -
1947Gründung der "Europäischen Parlamentarier-Union" (EPU) in Gstaad (Schweiz), die inhaltlich an die Paneuropa-Bewegung anknüpft und ihn zum Generalsekretär wählt.
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1949September: Die Gründung des Europarates führt zum Bedeutungsverlust der EPU.
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19503. August: Coudenhove-Kalergi schlägt Beethovens Vertonung von Schillers "Ode an die Freude" als europäische Hymne vor, die später offiziell vom Europarat und der Europäischen Union anerkannt wird.
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195127. März: Tod seiner Frau Ida Roland.
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1952Neugründung der Paneuropa-Union nach dem Scheitern der EPU. Zu den bekannten Mitgliedern gehören die bayrischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel (1905-1991) und Franz Josef Strauß, der französische Staatspräsident Georges Pompidou (1911-1974) und der französische Ministerpräsident Raymond Barre (geb. 1924).
Hochzeit mit Gräfin Alexandra von Tiele-Winkler (geb. Bally). -
1954Ernennung zu einem der Ehrenpräsidenten der Europäischen Bewegung, neben Léon Blum, Winston Churchill, Alcide de Gasperi (1881-1954) und Paul-Henri Spaak (1899-1972).
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1959Coudenhove-Kalergi fordert die Bundesrepublik Deutschland auf, eine auf die Wiedervereinigung zielende Politik aufzugeben und die Deutsche Demokratische Republik offiziell anzuerkennen.
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1965Das Generalsekretariat der Paneuropa-Union wird von Basel in die Hauptstadt der Europäischen Gemeinschaft nach Brüssel verlegt. Coudenhove-Kalergi zieht sich zunehmend aus seinen politischen Ämtern zurück. Er bestimmt den Vizepräsidenten der Paneuropa-Union, Otto von Habsburg (geb. 1912), zu seinem Nachfolger.
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1969Hochzeit mit der Österreicherin Melanie Benatzky Hoffmann (geb. Donath) nach der Scheidung von Gräfin Alexandra von Tiele-Winkler.
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197227. Juli: Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi stirbt im österreichischen Schruns (Vorarlberg).
Miriam Schriefers
© Deutsches Historisches Museum, Berlin
14. September 2014