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In den späten 1980er Jahren zieht Bernhard Sallmann aus Salzburg nach Berlin Neukölln, wo er noch heute lebt. So gesehen ist der Portraitfilm, den er 2002 in seiner Wahlheimat dreht, eine Art Zwischenfazit, entstanden zu einer Zeit, als der Stadtteil im Berliner Süden noch eher als sozialer Brennpunkt denn als Gentrifizierungs-Hot-Spot Schlagzeilen machte. Die Vorboten der jüngeren Entwicklung sind dennoch schon zu erahnen, insbesondere in den Szenen, in denen eine junge Schriftstellerin dem jungen Filmregisseur ihren Blick auf den Stadtteil erläutert. Das Muster ist bekannt: Erst kommen die Künstler*innen, dann die Luxussanierungen.

Sallmanns Film allerdings will nicht auf Schlagworte hinaus, sondern porträtiert Neukölln als einen immer schon hybriden Ort, in dem sich verschiedene Gegenwarten und Vergangenheiten kreuzen. In der schönsten Szene des Films sehen wir, wie ein Junge in einem Garten steht, der nach dem Philosophen und Pädagogen Comenius benannt ist, und konzentriert einen mehrere Jahrhunderte alten Text desselben Autors über den Gartenbau vorliest. Seine Kumpels stehen drumrum und machen sich über ihn lustig, aber er lässt sich nicht beirren. Er scheint zu ahnen: Dieser Text und dieser Ort und auch ich – das alles gehört zusammen. (lf)