Als 1987 bei Bauarbeiten am ehemaligen Börneplatz in Frankfurt Fundamente von Häusern der sich ehemals dort befindenden Judengasse ausgegraben wurden, entbrannte eine öffentliche Debatte über den Umgang mit jüdischer Geschichte. In den darauffolgenden Jahren wurden ein Museum und eine Gedenkstätte errichtet. Der an den Platz angrenzende Jüdische Friedhof Battonnstraße wurde erhalten.
Peter Nestler erarbeitet auf dem Höhepunkt dieses Konflikts mit Hilfe von Bilddokumenten und alten Stadtplänen die Genese der Frankfurter Judengasse als eine Geschichte des Antisemitismus. „Die Geschichte der armen Juden hat keiner geschrieben“, heißt es im Off-Kommentar, der aufzeigt, wie stark Frankfurt eine von jüdischen Menschen erbaute Stadt ist. Nestler findet ein Stadtbild vor, das diese Geschichte verdrängt, aber nicht ganz verstecken kann. So filmt er einen Haufen, der aus Brocken der von Nazis zerschlagenen Grabsteinen am jüdischen Friedhof besteht, und er setzt gleichzeitig im übertragenen Sinn die sich ihm darbietenden Trümmer zusammen. Nestler tritt hier als Restaurator auf. Es überrascht deshalb nicht, dass er auch jene filmt, die jüdische Objekte instand setzen. Diese Arbeit ist schwer und von großer Bedeutung. Als großer Suchender der Filmgeschichte wird Nestler mit einer unheimlich gewordenen Heimat konfrontiert, die der Regisseur so wortgewandt wie sprachlos kommentiert: „Das ist alles weg.“ Gemeint ist das Leben eines ganzen Volkes. (ph)
Ute Adamczewski arbeitet als Videokünstlerin und Filmemacherin in Berlin.
Die Judengasse
- BRD 1988
- DCP
- OmeU
-
R/B/S/T: Peter Nestler, K: Rainer Komers, 44‘