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Im Anschluss: Publikumsgespräch mit Tobias Nagl

Von Hamburg aus macht sich Renate (Marianne Hoppe) auf die Reise zu ihrem Verlobten in Zentralafrika. Gegen den Willen ihrer großbürgerlichen Familie will sie den geliebten Gaston (René Deltgen) wiedersehen, einen ziemlich heruntergekommenen Buschpiloten. Auf der Fahrt im Kongo-Express begegnet ihr ein Fremder, Viktor Hartmann (Willy Birgel), auf den sie großen Eindruck macht und den sie später erneut trifft. Es entspinnt sich ein Männermelodram, das sich um Einsamkeit und Eifersucht, Kameradschaft und Opfermut dreht. Auf dem Höhepunkt des Films rasen zwei Züge aufeinander zu, und die Rivalen tun sich zusammen, um die Katastrophe abzuwenden. „Kongo-Express ist ein Reißer. Glänzend gemacht, farbig, bunt, aufregend. Er hat nicht nur Schmiß und Schwung, sondern auch Stil“, rühmt der Berliner Lokal-Anzeiger im Dezember 1939.

So packend er inszeniert ist, so sehr spiegelt der Abenteuerfilm doch zuallererst eine koloniale Fantasie. Afrika ist hier jener Ort, wo Männlichkeit und Tapferkeit zählen, wo sich Europäer bewähren können und als Herren über die schwarze Bevölkerung und deren Land bestimmen. Der kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs herausgebrachte Film, dessen Außenaufnahmen in der Nähe von Celle stattfanden, hat für die zahlreichen afrodeutschen Komparsen kaum einen Blick übrig. Ihre Existenz ist im „Dritten Reich“ in vieler Hinsicht bedroht, sie erleiden Ausgrenzung und Entrechtung. Unter diesen fast immer ungenannten Komparsen befindet sich neben dem 14-jährigen Theodor Michael, Mohamed ben Ahmed und dessen Sohn Günther auch der Deutsch-Kameruner Victor Bell (Dei Ndumbe), eine zentrale Gestalt innerhalb der afrodeutschen Community. Bell lebt seit 1908 in Berlin und betätigt sich auf vielfältige Weise im antikolonialen Kampf von in Deutschland lebenden Menschen afrikanischer Herkunft. Unter anderem ist er Präsident einer Gesellschaft, die für die Rechte von Schwarzen in Deutschland eintritt. In Kongo-Express spielt Victor Bell den Heizer Balthasar, ohne den der Zug gar nicht erst losführe. (ps)

Tobias Nagl ist Professor für Film Studies an der University of Western Ontario (Kanada). Er forscht zur Geschichte Schwarzer Deutscher und des deutschen Kolonialismus im Film.

Kongo-Express


D 1939
35mm

R: Eduard von Borsody, B: Ernst von Salomon, Eduard von Borsody, K: Igor Oberberg, M: Werner Bochmann, D: Marianne Hoppe, Willy Birgel, René Deltgen, Hermann Speelmanns, Victor Bell, 92‘

Schienenweg nach Rußland


D 1941
35mm

R: Franz Klein, Walter Lüddecke, Markwart Müller-Hillebrand, 17‘