
Die Erkundung der Narben auf dem Körper ihres Mannes, Abidin Ertuğrul, bewegen Nathalie Borgers zu einer Spurensuche ihrer Geschichte. Dabei erfährt sie, dass die Verletzungen nicht nur diejenigen eines Aktivisten sind, „sondern die Narben eines Ereignisses, des Putsches vom 12. September 1980, der den Traum von einer Demokratie in der Türkei endgültig beendete.“ Von Wien aus macht sich die Filmemacherin auf, diesem Ereignis und seiner Vor- und Nachgeschichte bis in die heutige Türkei unter Recep Tayyip Erdoğan nachzugehen. Die Montage führt von Küchentischen in Wien und Ankara, an denen Menschen über persönliche Verlust- und Gewalterfahrungen in Folge des Militärputsches berichten, ins Weiße Haus und in den Buckingham Palace, wo man die Junta in den 1980er Jahren auf großer Bühne mit allen Ehren empfing. Während in der Türkei Menschen willkürlich inhaftiert, gefoltert und hingerichtet wurden, würdigte das Ausland den ehemaligen Generalstabschef und neuen Präsidenten Kenan Evren für seine neoliberalen Reformen.
Narben eines Putsches erzählt von Geschichte, die nicht vergangen ist, ferner von Gewalt, türkischer Demokratie und politischem Islam, von Protest und Widerstand der türkischen Zivilgesellschaft, aus dessen Mitte Sätze wie der Ruf von inhaftierten türkischen Revolutionären nachhallen: „Die Menschenwürde wird über die Folter siegen“. (hem)
Theodor Hemprich studiert Geschichtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und arbeitet für die Mosse Lectures. 2013/14 hat er ein Jahr als Austauschschüler in Istanbul verbracht.
Narben eines Putsches
- BEL/AT 2025
- DCP
- DF
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R/B: Nathalie Borgers, K: Klemens Koscher, S: Rudi Maerten, 102‘