„Von der Krippenfigur bis zum Barockgemälde – wir bearbeiten alles“: Über den Bereich Gesamtinventar und Erstinventarisierung in der Zentralen Dokumentation

Nina Bätzing und Liane Marr de Arenas | 2. August 2023

Eine Museumssammlung ist nicht statisch und abgeschlossen, sie wächst stetig an. Dabei verfügt das Deutsche Historische Museum (DHM) über ein sehr breites Sammlungsspektrum und einen ausgedehnten Zeit- und Materialkontext, was sich auch in der großen Objektvielfalt niederschlägt. Jährlich werden am DHM bis zu 7.000 Objekte neu in die Sammlung aufgenommen. Im Bereich Gesamtinventar und Erstinventarisierung wird dabei zentral die Registrierung aller neuen Museumsobjekte in der Sammlungsdatenbank vorgenommen, sodass die neuen Objekte im Stiftungsvermögen registriert sind. Mit weitgefächertem Objektverständnis befassen sich die Registrars Nina Bätzing und Liane Marr de Arenas in ihrer Tätigkeit mit unterschiedlichsten historischen Gegenständen: von Brautschuhen über Krippenfiguren bis zu Papiertüten und Barockgemälden. Die Übergabe von der langjährigen Mitarbeiterin Liane Marr de Arenas an Nina Bätzing nehmen wir zum Anlass, einen Einblick in das weitgefächerte Aufgabenspektrum „Erstinventarisieurng und Gesamtinventar“ zu geben.

Alle Neuzugänge werden im Museumsmanagementsystem registriert. Im Rahmen dieser Erstinventarisierung werden die Schenkungs- oder Ankaufsunterlagen zum jeweiligen Objekt zusammengeführt und alle Informationen zur eindeutigen Identifikation des Objekts wie eine kurze Bezeichnung und einem Sachbegriff, Datierung, Zuweisung der Sammlungs- und Restaurierungsabteilung, Herkunft und Vorbesitzer sowie Urheber,- Personen- und Nutzungsrechte erfasst. Das jährlich gedruckte Inventarbuch dokumentiert dabei rechtlich bindend den Sammlungszuwachs des Deutschen Historischen Museums.

Ein Fotoalbum und der Schenkungsvertrag mit Zugangsnummer zur grundsätzlichen Objekterfassung.

Nach der Vergabe der Zugangsnummer und der grundsätzlichen Objekterfassung wird das Objekt mit dem dazugehörigen Objektfoto für die Bearbeitung an den jeweiligen Sammlungsbereich weitergegeben. Dort wird die sammlungsspezifische Inventarnummer vergeben, der Standort im Depot festgelegt und der Datensatz zum Objekt mit weiteren Inhalten und Kontextinformationen ergänzt.

Das Bild zeigt die Zugangsnummer, die jedes Objekt bekommt, wenn es neu erworben wurde und auf dem Schreibtisch der Registrars landet.

Museale Objekte können dabei über ganz verschiedene Wege in die Sammlung des DHM kommen: als Ankauf, Schenkung oder Übergabe z.B. von Bundesinstitutionen oder auch durch Rückgaben im Zuge von eigener, proaktiver Provenienzforschung. In den Erwerbungsverträgen werden alle rechtlichen Aspekte berücksichtigt, um das Objekt u.a. ausstellen oder an andere Museen verleihen zu können. Das bedeutet, dass in den Ankauf- und Schenkungsverträgen neben den Eigentums- und Besitzrechten auch Urheber- und Nutzungsrechte definiert sind, die es u.a. ermöglichen, das Objekt in gedruckter oder digitaler Form zu veröffentlichen. In der Zentralen Dokumentation werden diese Rechteverhältnisse dauerhaft dokumentiert, in der Sammlungsdatenbank erfasst und damit auch für alle weiteren Nutzer*innen am DHM, wie für Mitarbeitende des Lebendigen Museums Online, in den verschiedenen Ausstellungsprojekten oder der Kommunikations- und Vermittlungsarbeit. Nur Sammlungsobjekte, bei denen das Recht zur Veröffentlichung geklärt ist, dürfen mit Abbildung online gezeigt werden. Bei Ankäufen von zeitgenössischen Künstler*innen müssen die Registrars außerdem beachten, dass Abgaben an die Künstlersozialkasse zu leisten sind, die einmal jährlich von uns zusammengestellt und abgerechnet werden.

Schenkungsvertrag und das dazugehörige Objekt, das in die Sammlung des DHM aufgenommen wird.

Der Ankaufsetat der Sammlungen für Objektzugänge wird jährlich mit der Finanzbuchhaltung des DHM „auf Heller und Pfennig“ abgerechnet und ein Rechnungsband bereitgestellt. Ankäufe über Drittmittel oder Schenkungen mit Spendenquittung sind wegen der Nachweispflicht gesondert abgerechnet. Die Zentrale Dokumentation informiert zusätzlich die Restaurierungsabteilung über besonders bedeutende und wertvolle Zugänge, da diese Objekte gesondert auf ihren konservatorischen Zustand und ggf. auf Echtheit begutachtet werden.

Das Führen des Gesamtinventars umfasst zudem die rechtlich einwandfreie und standardisierte Verzeichnung der Objekte, die die Sammlung dauerhaft verlassen. In seltenen Fällen kommt es z.B. durch Diebstahl von Museumsobjekten zu Verlustmeldungen oder bei zu starkem Verfall oder eingetretener Zerstörung von Objekten zur Aussonderung aus der Sammlung. Im Zuge von Provenienzforschung, d.h. der Recherche nach möglichen unrechtmäßigen Enteignungen eines Objektes, kommt es immer wieder vor, dass die rechtmäßigen Eigentümer ermittelt und Sammlungsobjekte restituiert, d.h. zurückgegeben werden, wie z.B. jüngst das Gemälde von Hermann Knackfuß, für das ein Entzug während der NS-Zeit erkannt wurde. Die Dokumentation zu diesen ehemaligen Sammlungsobjekten wird neben den Erwerbungsunterlagen der neuen Objekte ebenfalls dauerhaft in der Zentralen Dokumentation aufbewahrt. Sie sind damit weiterhin intern digital und analog recherchierbar und bleiben damit als Teil der Sammlungsgeschichte nachweisbar.

Ansicht auf vergangene Erwerbungsordner des DHM.

Alle Objekte – Neuerwerbungen wie Aussonderungen – müssen also von der Registrar, die eben für das gesamte Inventar des DHM zuständig ist, bearbeitet werden – zweifelsohne eine komplexe und abwechslungsreiche Aufgabe!

Inventarbücher des DHM

© DHM/Thomas Bruns

Nina Bätzing

Nina Bätzing ist Registrar im Fachbereich Zentrale Dokumentation beim Deutschen Historischen Museum für Gesamtinventarisierung und Erstinventarisierung zuständig.


© DHM/Thomas Bruns

Liane Marr de Arenas

Liane Marr de Arenas ist Registrar im Fachbereich Zentrale Dokumentation beim Deutschen Historischen Museum für Gesamtinventarisierung und Erstinventarisierung zuständig.