Egon Erwin Kisch 1885-1948

Journalist und Schriftsteller

Seine literarischen Reportagen machen den in seinem eigenen Buchtitel so benannten „rasenden Reporter“ weltbekannt. In Prag wird er zum Lokalreporter, in Wien zum Kommunisten und vom Berlin der 1920er Jahre aus bereist er die Welt. Nach dem Reichstagsbrand wird er verhaftet und nach Prag abgeschoben. 1934 ist er mehrere Monate in Australien unterwegs, kehrt 1935 nach Europa zurück, engagiert sich in Paris in der Internationalen Arbeiterhilfe, im Schutzverband Deutscher Schriftsteller und gehört zum Vorstand des Internationalen Schriftstellerkongresses. 1937 berichtet er vom Spanischen Bürgerkrieg. 1939 flieht Kisch nach Mexiko, ist dort Mitbegründer des Heinrich-Heine-Klubs, schreibt für Exilzeitschriften und gründet den Verlag El Libro Libre (Das Freie Buch). 1946 kehrt er nach Prag zurück.

  • 1885

    29. April: Egon Erwin Kisch wird als Sohn des Tuchhändlers Hermann Kisch und dessen Frau Ernestine (geb. Kuh) in Prag geboren.

  • 1903

    Nach dem Abschluss der Realschule studiert er an der Technischen Hochschule in Prag und an der Prager deutschen Universität.

  • 1904

    Kisch meldet sich als Einjährig-Freiwilliger.

  • 1906

    Nach dem Besuch einer Journalistenschule in Berlin wird er Volontär des "Prager Tagblatts".

  • 1906-1913

    Kisch arbeitet als Lokalreporter bei der Prager Tageszeitung "Bohemia", in deren Feuilleton er seine ersten Reportagen, meist Schilderungen aus dem Milieu der Armenviertel, veröffentlicht.

  • 1913

    Übersiedlung nach Berlin, wo er als Dramaturg am "Künstlertheater" arbeitet und für das "Berliner Tageblatt" schreibt.

  • 1914

    Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wird Kisch als Korporal der österreichisch-ungarischen Armee an die serbische Front geschickt.

  • 1915

    Nach einer Verwundung leistet er u.a. Kanzleidienste.
    Seine Entwicklung zum Pazifisten schildert er in seinem 1922 erschienenen Kriegstagebuch "Soldat im Prager Korps" (später unter dem Titel: "Schreib das auf, Kisch!").

  • 1917

    Kisch wird als Oberleutnant zum Kriegspressequartier nach Wien berufen.

  • 1918

    Januar: Noch während seiner Arbeit für das Kriegspressequartier wird er Mitglied in einem illegalen Arbeiter- und Soldatenrat und beteiligt sich am Wiener Januarstreik, mit dem Friedensverhandlungen erzwungen werden sollen.
    1. November: Nach der Gründung der Roten Garde in Wien wird Kisch deren Erster Kommandant.
    18. November: Er tritt als Kommandant zurück und wird Redakteur der Zeitschrift "Der Freie Arbeiter".

  • 1919

    Während seiner Arbeit bei der Tageszeitung "Der Neue Tag" begegnet er Joseph Roth, mit dem er lebenslang eng befreundet ist.
    Eintritt in die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ).

  • 1920

    Nach seiner Ausweisung aus Österreich kehrt er nach Prag zurück, wo er an den "Revolutionären Bühnen" mitarbeitet und den Reportagenband "Die Abenteuer in Prag" veröffentlicht.

  • 1921

    Umzug nach Berlin. Als freier Schriftsteller schreibt er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, vom "Berliner Börsen-Courier" bis hin zur "Roten Fahne".

  • 1922-1926

    Reisen durch Europa, Nordafrika und die Sowjetunion.

  • 1924

    Kisch wird Mitglied im "Schutzverband Deutscher Schriftsteller" (SDS).

  • 1925-1929

    Redaktionsmitglied der "Neuen Bücherschau".

  • 1925

    Wechsel zur Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).
    Der Titel seines Buches "Der rasende Reporter" wird zu einem Synonym für ihn selbst.

  • 1926

    Sein Reportagenband "Hetzjagd durch die Zeit" erscheint.
    Seinen neuen Reportagestil entwickelt er inhaltlich und formal kontinuierlich weiter. Von seiner noch 1920 formulierten Definition der Reportage als neutrale Tatsachenberichterstattung rückt er ab, indem er die Parteilichkeit der Reportage in den Vordergrund stellt und sie als revolutionäres Kampfmittel begreift. Er thematisiert zunehmend Ausbeutungsverhältnisse und Entfremdungsprozesse in der modernen Gesellschaft.

  • 1928

    Mitbegründer des "Bunds proletarisch-revolutionärer Schriftsteller" (BPRS).
    Mit falschen Papieren reist Kisch in die USA, deren politische und kulturelle Situation er in "Paradies Amerika" schildert.

  • 1929

    Reisen durch die Sowjetunion und Südwesteuropa.

  • 1931/32

    Nach einem Lehrauftrag für Journalistik an der Hochschule in Charkow (Sowjetunion) reist er illegal nach China, worüber er den Bericht "China geheim" verfasst.

  • 1933

    30. Januar: Rückkehr nach Berlin.
    28. Februar: Nach dem Reichstagsbrand wird er verhaftet, aber nach zwei Wochen durch die Intervention der Tschechoslowakei nach Prag abgeschoben.
    Juni: Kisch geht nach Paris ins Exil, wo er in der "Internationalen Arbeiter-Hilfe" sowie im Exil-SDS mitarbeitet.

  • 1934

    Seine illegale Reise zum Weltkongress gegen Krieg und Faschismus nach Melbourne (Australien) beschreibt er in der "Landung in Australien".

  • 1935

    Nach Paris zurückgekehrt, ist Kisch zusammen mit Heinrich Mann im Vorstand des "Ersten Schriftstellerkongresses zur Verteidigung der Kultur", auf dem er den Vortrag "Reportage als Kunstform und Kampfform" hält.

  • 1936-1938

    Aufenthalte in Prag und Ostende (Belgien) sowie als Berichterstatter der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg.

  • 1938

    Oktober: Heirat mit Gisela Lyner in Versailles.

  • 1939

    Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs flieht Kisch von Paris nach Mexiko.

  • 1941

    In Mexiko-City arbeitet er als Redakteur der Zeitschrift "Freies Deutschland" und gründet den Verlag "El Libro Libre" (Das Freie Buch).
    Seine Reise-Eindrücke schildert er in dem Buch "Entdeckungen in Mexiko", das 1945 erscheint.

  • 1942

    Sein Erinnerungsbuch "Marktplatz der Sensationen" erscheint in Mexiko.

  • 1946

    Kisch kehrt über New York und London nach Prag zurück.

  • 1948

    31. März: Egon Erwin Kisch stirbt in Prag an einem Herzschlag.

Levke Harders, Antonia Meiners
Stand: 19. März 2021
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