Friedrich Minoux 1877-1945

Industrieller

  • 1877
    21. März: Friedrich Minoux wird als Sohn des Schneidermeisters Michael Minoux und dessen zweiter Frau Margaretha (geb. Reffert) in Mutterstadt (Pfalz) geboren.
  • ab 1887
    Minoux besucht die humanistischen Gymnasien in Speyer und Mannheim.
  • 1892
    Tod des Vaters.
  • 1893
    Minoux tritt in den Dienst der Großherzoglich Badischen Eisenbahnverwaltung ein.
  • 1894-1897
    Bei der 1. Reitenden Batterie des 5. Bayerischen Artillerie-Regiments in Landau leistet er seinen Militärdienst.
  • ab 1897
    Oktober: Minoux ist zunächst in Wiesbaden, später in Essen Stationsgehilfe bei der Preußischen Eisenbahnverwaltung.
  • 1900-1904
    Im Dienst der Stadt Essen steigt Minoux vom Bürogehilfen bis zum Buchhalter auf.
  • 1903
    Juli: Heirat mit Maria Karoline Hente. Aus der Ehe gehen zwei Töchter hervor.
  • 1904
    November: Minoux wechselt als Kassierer zu der städtischen Pfandleihanstalt und wird 1905 zum Rechnungsführer ernannt.
  • 1908-1912
    Minoux steht der Kaufmännischen Abteilung der Gas- und Wasserwerke Essen vor und wird 1910 deren Kaufmännischer Direktor. Er genießt innerhalb der städtischen Verwaltung einen hervorragenden Ruf.
  • 1912
    30. April: Hugo Stinnes beruft Minoux in die Verwaltung des Stinnes-Konzerns nach Berlin. Minoux hatte im Dienst der Stadt Essen einige Projekte von Stinnes zu Fall gebracht, durch seine Berufung löst Stinnes die Probleme mit ihm.
  • 1919
    Er wird zum Generaldirektor der Berliner Stinnes-Niederlassung ernannt. In dieser Funktion betreibt er die Ausdehnung des Unternehmens auf die Automobil - sowie die graphische und die Papier-Industrie.
    Minoux wird zum Vorstandsmitglied der Vereinigten Berliner Kohlenhändler AG (V.B.K.) ernannt.
  • 1920
    Oktober: Stinnes unterstellt Minoux die neu gegründete Koholyt AG, in der die Chemieunternehmen der Stinnes Gruppe zusammengefasst werden.
  • 1921
    Minoux erwirbt ein repräsentatives Wohnhaus am Großen Wannsee, das später durch die im Januar 1942 abgehaltene Wannsee-Konferenz zur Durchführung der Judenvernichtung bekannt wird.
  • 1923
    Minoux steht der Weimarer Republik ablehnend gegenüber. Er hat Kontakte zu rechtsradikalen Wehrverbänden und Politikern sowie zu Hans von Seeckt, Erich Ludendorff, Gustav Ritter von Kahr und Otto von Lossow. Sein Haus am Wannsee wird häufig für politische Zusammenkünfte genutzt.
    Juni: Minoux muss sich vor einem Untersuchungsausschuss des Reichstages wegen Devisenspekulationen des Stinnes-Konzerns, die zu einem weiteren Kursverfall der Reichsmark beitrugen, verantworten. Trotzdem beruft die Reichsregierung ihn als Sachverständigen bei der Bekämpfung der Inflation.
    Sommer/Herbst: Er engagiert sich stark in der Diskussion um die Überwindung der Inflation und verfasst u.a. unter dem Pseudonym Friedrich Pilot mehrere Aufsätze zur Währungsreform, in denen er ein eigenständiges Modell zur Stabilisierung der Reichsmark vorstellt, das von der Reichsregierung allerdings nicht verwirklicht wird.
    Oktober: Seine Vorschläge führen aber zum Streit und schließlich zum Bruch mit Stinnes. Minoux scheidet aus der Leitung des Stinnes-Konzerns aus. Er baut ein eigenes verschachteltes Firmenimperium auf, indem er eine Reihe von Firmen gründet und sich an einer Vielzahl anderer beteiligt. Wichtigstes Standbein und Haupteinnahmequelle wird seine Kohlengroßhandlung "Friedrich Minoux Gesellschaft für Handel und Industrie" (später umbenannt in Friedrich Minoux KG, Kohlengroßhandlung).
    Oktober: Nach dem Rücktritt der Regierung von Gustav Stresemann schlägt General Kurt von Schleicher Minoux als neuen Finanzminister vor. Er wird von rechten und rechtsradikalen Kreisen als Mitglied eines "Direktoriums" mit diktatorischen Vollmachten gehandelt. Minoux steht den Plänen jedoch eher ablehnend gegenüber.
    Den strikten Antisemitismus Ludendorffs und Adolf Hitlers und deren Putschpläne in Bayern missbilligt er. Minoux will ein isoliertes Vorgehen in Bayern vermeiden und setzt statt dessen auf ein Konzept der autoritären Regierungsführung mit stark technokratischen Elementen und Billigung durch den Reichspräsidenten.
    Er beteiligt sich an dem Bankhaus Jacquier & Securius als Mitinhaber.
  • 1924
    Minoux gehört zu den 16 Gründern und Aufsichtsratsmitgliedern der Berliner Städtischen Elektrizitätswerke AG (Bewag).
    In den Aufsichtsräten der Städtischen Berliner Wasserwerke und der Berliner Gaswerke (Gasag) sowie der Berlin-Anhalter Maschinenbau AG (BAMAG) hat Minoux entscheidenden Einfluss.
  • 1926
    An der Deutsch-Rumänischen Petroleum-AG (Derupag), die in Mineralöle & Asphalt Werke AG (Mawag) umbenannt wird, erwirbt er die Hälfte des Aktienkapitals. Der Konzern errichtet große Destillations- und Raffinerieanlagen am Kaiser-Wilhelm-Kanal zur Herstellung von Benzin, Heizöl und Kunstharz.
  • ab 1927
    In seiner Funktion als Mitglied der Geschäftsführung und der Aufsichtsräte bei der Gasag und der ihr angegliederten Vertriebsunternehmen bereichert sich Minoux gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern der Geschäftsführung über mehrere Jahre. Er nutzt seine Macht- und Vertrauensstellung sowie die Konzentration mehrerer Ämter in seiner Person dazu aus, Tarnkonten einzurichten und Scheingeschäfte abzuschließen. Bis 1938 zweigt er insgesamt mindestens 7,4 Millionen Reichsmark ab.
  • 1930
    Minoux verkauft seine Anteile der Bank Jacquier & Securius, um sich wieder mehr auf seine Kohlengroßhandlung zu konzentrieren.
    13. November: Er lässt Reichskanzler Heinrich Brüning von ihm erarbeitete "Leitsätze zur Behebung der Arbeitslosigkeit" zukommen. Er befürwortet eine große Autonomie der Wirtschaft bei gleichzeitig starken staatlichen Eingriffsmöglichkeiten und einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zur Überwindung wirtschaftlicher Problem.
  • 1932/33
    Minoux ist Vorstandsmitglied der 1931 gegründeten "Gesellschaft zum Studium des Faschismus". Die Gesellschaft setzt sich für ein einheitliches Vorgehen aller rechtsextremen Kräfte ein und orientiert sich am italienischen Faschismus. Schwerpunkt der Organisation ist die Konzeption der künftigen Sozial- und Gewerkschaftspolitik. Die Mitglieder entstammen den Führungsgremien der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), der Wirtschaft und dem Großgrundbesitz.
  • 1933
    Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Minoux in die "Akademie für Deutsches Recht" berufen, die eine nationalsozialistische Rechtsreform vorbereiten soll.
    Juli: Gegen Minoux wird die Eröffnung eines Strafverfahrens wegen Bilanzfälschung bei der 1926 von ihm übernommenen Zigarettenfabrik August Batschari und der Rota Kessel- und Maschinenbau GmbH (Rota) beantragt. Das Verfahren wird im Rahmen einer Amnestie eingestellt.
  • 1938
    Dezember: Nach der Aufdeckung von Minouxs Unterschlagungen bei der Gasag durch eine Wirtschaftsprüfung wird ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet.
    Juni: Minoux kauft für weniger als eine Million Reichsmark Eigenkapital das Zellstoff- und Papierwerk Offenheimer im hessischen Okriftel, dessen jüdische Inhaber von den Nationalsozialisten zum Verkauf gezwungen werden. Der eigentliche Wert des Konzerns wird von den ursprünglichen Besitzern auf mindestens 12 Millionen Reichsmark beziffert.
  • 1940
    4. Mai: Minoux wird wegen des Betrugs gegenüber der Gasag verhaftet.
    Um vorhandene Schulden zu tilgen, verkauft Minoux das Haus am Wannsee an die "Stiftung Nordhav". Diese erwirbt das Haus für Repräsentationszwecke des Chefs der Sicherheitspolizei Reinhard Heydrich.
  • 1941
    15. August: Minoux wird zu fünf Jahren Zuchthaus und hohen Geldstrafen verurteilt.
  • 1942
    14. Mai: Eine von Minoux eingelegte Revision gegen seine Verurteilung wird vom Reichsgericht als unbegründet verworfen. Minoux wird in das Zuchthaus Brandenburg verlegt. Die Friedrich Minoux KG, Kohlengroßhandlung wird verkauft.
  • 1943
    Eine Eingabe an Adolf Hitler wird vom Oberreichsanwalt abgelehnt.
  • 1945
    April: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird im Rahmen der Befreiung des Zuchthauses Brandenburg auch Minoux freigelassen, er kehrt nach Berlin zurück. 16. Oktober: Friedrich Minoux stirbt in Berlin-Lichterfelde.
Vera Hierholzer
14. September 2014

lo