Politiker
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1851
11. September: Hermann Molkenbuhr wird als viertes von fünf Kindern des Schneiders und Lebensmittelhändlers Hinrich Molkenbuhr und seiner Frau Anna Margaretha (geb. Biesterfeld) in Wedel in Holstein geboren.
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1862
28. März: Die Familie Molkenbuhr zieht nach Ottensen bei Hamburg. Ursache sind der Bankrott des Lebensmittelgeschäftes von Hinrich Molkenbuhr, die daraus resultierende Zwangsversteigerung des Familienbesitzes und vor allem die tief empfundene Schande über den sozialen Abstieg der Familie von einer kleinbürgerlichen in eine proletarische Existenz.
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1862-1864
Hermann Molkenbuhr ist als Kinderarbeiter in einer Fabrik beschäftigt, in der Kaffee-Ersatz bzw. sogenannter Gesundheitskaffee hergestellt wird. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 59 Stunden. Daneben besucht er die "Abendschule für die in Fabriken arbeitenden Kinder"; es wird fast ausschließlich Religionsunterricht gegeben.
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1864-1871
Zurichter (Hilfsarbeiter) bei verschiedenen Zigarrenmachern, bis er selbst dieses Handwerk erlernt, das er mit einer kurzen Unterbrechung bis 1891 ausübt.
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1872
August: Angeregt durch die Lektüre der Schriften Ferdinand Lassalles tritt Molkenbuhr dessen 1863 gegründetem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) bei und wird sofort als Agitator politisch aktiv.
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1874
Molkenbuhr wird Bevollmächtigter (Vorsitzender) des ADAV in Ottensen.
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1875
Molkenbuhr nimmt als einer der jüngsten Delegierten am Vereinigungsparteitag von Lassalleanern und Eisenachern in Gotha teil: Der ADAV und die von August Bebel und Wilhelm Liebknecht geführte Sozialdemokratische Arbeiterpartei schließen sich zur Sozialistischen Arbeiterpartei zusammen, die sich nach der Nichtverlängerung des "Sozialistengesetzes" 1890 als Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) neu gründet.
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1877
17. Oktober: Geburt des ersten Sohnes Max.
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1878
15. Januar: Nachdem das Kind das kritische erste Vierteljahr überlebt hat, heiratet Molkenbuhr seine Freundin Friederike Köster.
Nach Erlass des "Sozialistengesetzes" organisiert Molkenbuhr die Sozialdemokratie im Untergrund.
22. September: Sein zweiter Sohn Artur wird geboren
12. Dezember: Der erste Sohn Max stirbt an Diphtherie. -
1881
10. März: Der dritte Sohn Brutus wird geboren.
17. Mai: Auf der Grundlage des § 28 des "Sozialistengesetzes" wird Molkenbuhr aus dem "nördlichen Belagerungsgebiet" Hamburg, Altona und Umgegend ausgewiesen. Er entschließt sich kurzfristig, mit seinem Bruder in die USA auszuwandern, seine Frau und seine beiden Söhne muss er vorerst zurücklassen. -
1881-1884
Molkenbuhr lebt als Zigarrenmacher in den USA, hauptsächlich in New Haven, Connecticut, und engagiert sich in der Socialistic Labor Party.
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1884
Er kehrt nach Deutschland zurück. Grund ist das Scheitern seiner Ehe. Er lebt zunächst ein Jahr in Bremen, danach von 1885 bis 1890 in Kellinghusen in Holstein.
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1884-1890
Molkenbuhr kandidiert in mehreren Wahlkreisen des Hamburger Umlandes bei Reichstagswahlen.
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1886
26. März: Scheidung von seiner Ehefrau, die zwischenzeitlich eine andere Beziehung aufgenommen hat.
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1887
Molkenbuhr wird in einem Geheimbundprozess angeklagt und nach viermonatiger Untersuchungshaft freigesprochen.
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1890
1. März: Erstmalige Wahl in den Reichstag für den 6. schleswig-holsteinischen Wahlkreis (Elmshorn-Pinneberg).
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1890-1924
Molkenbuhr ist 34 Jahre lang Reichstagsabgeordneter und verfügt damit über eine der längsten Abgeordnetenkarrieren der deutschen Parlamentsgeschichte. Er ist führender Sozialexperte der SPD-Reichstagsfraktion und des Reichstags insgesamt.
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1891-1904
Molkenbuhr arbeitet als Redakteur bei der sozialdemokratischen Zeitung "Hamburger Echo".
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1891
Er ist Mitglied der Programm-Kommission, die das Erfurter Parteiprogramm berät.
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1892-1902
Mitglied der Reichskommission für Arbeiterstatistik, seit 1902 des Beirats für Arbeiterstatistik, der die Grundlagen für Reformen des Arbeitsrechts schaffen soll.
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1902
Molkenbuhr legt den ersten Entwurf einer staatlichen Arbeitslosenversicherung vor.
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1904
Er wird als Sekretär in den zentralen Parteivorstand der SPD gewählt, dem er bis zu seinem Tod angehört.
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1908
Molkenbuhr wird in die Exekutive der Sozialistischen Internationale, das Internationale Sozialistische Büro, gewählt, dem er bis 1914 angehört.
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1909
28. August: Heirat mit seiner zweiten Ehefrau Sabine Plumm (geb. Nicola).
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1911
Molkenbuhr wird als Nachfolger des verstorbenen Paul Singer zu einem der Vorsitzenden der SPD-Reichstagsfraktion gewählt. Gegen die Wahl Molkenbuhrs oder eines anderen gemäßigten Kandidaten zum Parteivorsitzenden inszeniert der radikale Parteiflügel eine Kampagne, die das Verhalten des Parteivorstands während der sogenannten Zweiten Marokko-Krise anprangert.
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1914
Molkenbuhr tritt für die Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten ein und unterstützt während des Ersten Weltkriegs die Politik des Burgfriedens der Parteimehrheit. Gleichzeitig wehrt er sich aber länger als jedes andere Mitglied der Parteiführung gegen die drohende Parteispaltung.
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1915
12. April: Er wird von der Stadtverordnetenversammlung von Schöneberg bei Berlin (seit 1920: eingemeindet), der er seit 1907 angehört, zum Stadtrat gewählt. Molkenbuhr ist der dritte Sozialdemokrat in Preußen, der ein solches Amt antreten darf.
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1917
Er ist Mitglied der SPD-Delegation, die sich in Stockholm um eine Friedensinitiative der Sozialistischen Internationale bemüht.
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1918
Molkenbuhr setzt sich während der Revolution 1918/19 konsequent für eine Republikanisierung und Demokratisierung Deutschlands ein. Als Sicherheitsgarant begleitet er Ende November die letzte deutsche Kaiserin Auguste Viktoria auf ihrem Weg ins Exil bis an die niederländische Grenze.
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1921
Vorsitzender der Programm-Kommission des Görlitzer Programms.
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1925
Mitglied der Programm-Kommission des Heidelberger Programms.
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1927
Auf dem SPD-Parteitag in Kiel, dem letzten, an dem er nach 52 Jahren Parteitagsgeschichte teilnimmt, wechselt Molkenbuhr vom Sekretär zum Beisitzer des Parteivorstands.
22. Dezember: Hermann Molkenbuhr stirbt in Berlin und wird unter großer Anteilnahme der Sozialdemokratie auf dem Friedhof in Friedrichsfelde beigesetzt. -
1950
Die Überführung seiner sterblichen Überreste erfolgt in die dortige "Gedenkstätte der Sozialisten".