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Nie wieder schlafen ist ein selten gezeigtes mäanderndes Berlin-Drama, in dem drei Freundinnen (Lisa Kreuzer, Gabi Herz, Christiane Carstens) durch das Nachwende-Berlin ziehen, den Osten der Stadt erleben, neue Menschen kennenlernen und dabei immer wieder auf Spuren der deutschen Geschichte stoßen.

„‚Hier stehe ich und verhalte mich nicht!’ Immer wieder skandiert Roberta (Gaby Herz) den Satz, während sie mit ausgebreiteten Armen rückwärts über den Acker tänzelt und sich schließlich vor Gropiusbau und Abgeordnetenhaus übermütig in den Staub wirft. Das Nichtverhalten gilt dem monumentalen Gebäude gegenüber und seinen früheren Belegschaften: Görings Reichsluftfahrtministerium, die DDR-Regierung, heute die Treuhand, wie ihre Freundin Lilian (Christiane Carstens) ihr gerade erklärt hat, während im getragenen Score die Streicher nervös auffahren. Was man denn also mit dem Gebäude machen und wie sie sich dazu verhalten solle, fragt Roberta. ‚Man muss sich nicht immer zu allem verhalten!‘, gibt Lilian unwirsch zurück, und Roberta beginnt ihren Moonwalk. Um die Ecke, wo einst das Gestapo-Hauptquartier stand, habe Lilian übrigens Autofahren gelernt – ohne Führerschein, zwinker, zwinker. Die Freundinnen hat’s beim Durchstreifen der Stadt mehr zufällig hierher verschlagen, und im Gestus des Nichtverhaltens, der leicht verschrobenen Art, ihre persönlichen Befindlichkeiten mit der geschichtsdurchwehten Gegenwart des Nachwendeberlins zu überschneiden, ist die Szene exemplarisch für Pia Frankenbergs Film Nie wieder schlafen.“ (Maurice Lahde, Berlin Visionen)