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Am 11.07. Filmgespräch mit Harry Baer

In den Wochenend-Drehpausen von Fassbinders Psychodrama Chinesisches Roulette entstand unter Mitwirkung der fast identischen Schauspielerriege und Crew 1976 diese Groteske um das Privatleben von Adolf Hitler. Überwiegend ohne den markanten Bart verkörpert Kurt Raab den Diktator darin als launischen Langweiler, der seine Umwelt mit schwülstig-martialischem Dauergebrabbel ermüdet und an der unerwiderten Liebe zu Marlene Dietrich verzweifelt. Adolf und Marlene ist deutlich als überhöhte Karikatur angelegt, im Humortonfall aber überraschend lakonisch und abseits gewissensberuhigender Vergangenheitsbewältigung und Relativierung eine der ganz seltenen nicht verunglückten Parodien auf die NS-Zeit. Zum Veröffentlichungszeitpunkt sah man das indes anders: Dietrichs Anwälte erließen eine einstweilige Verfügung, Fassbinder sprach von einem faschistoiden Machwerk und auch die deutsche Filmkritik zeigte sich wenig begeistert. Positiver fiel hingegen die Resonanz auf Festivals in Montreal und Chicago aus, sodass Adolf und Marlene letztlich internationale Kinostarts erhielt. (Christian Lenz)