
Der titelgebende lange Abschied der alleinerziehenden Mutter Jewgenija von ihrem heranwachsenden Sohn Sascha ist das Thema von Kira Muratowas Film Dolgije prowody aus dem Jahr 1971. In wunderbaren Bildern erzählt der Film von einem langwierigen, unaufhaltsamen Prozess des Erwachsenwerdens. Als solle der Abschied hinausgezögert werden, findet Dolgije prowody immer neue Facetten, Einstellungen und Variationen der alltäglichen Szenen. Die geflüsterten Namen und Worte in ständiger Wiederholung sind wie ein Gebet: eine Beschwörung, den Moment länger festzuhalten. Ebenso steht auch die Mutter und Übersetzerin Jewgenija im Zentrum. Ihren Ängsten, Sorgen und Sehnsüchten gibt sich der Film hin. Sie scheint sich ebenfalls aus ihren Rollenbildern allmählich herauszulösen. „Sinaida Scharko‘s delivery of repeated lines, stammered phrases, and circular thought patterns is not mere redundancy—it is a performance reflecting Jewgenija‘s inner state: her anxiety, obsession, and inability to let go of her son.“ (Vivian Ostrovsky) (ejk)
Dolgije prowody
- Ukrainische SSR 1971
- 35mm
- OmU
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R: Kira Muratowa, B: Matalja Rjasenzewa, K: Gennadi Karjuk, D: Sinaida Scharko, Oleg Wladimirski, Juri Kajurow, 90‘