Direkt zum Seiteninhalt springen

Der Dokumentarfilmregisseur Peter Voigt (1933-2015) nahm in der Filmproduktion der DDR und auch danach eine Ausnahme- und Außenseiterposition ein. Als sehr junger Mann kam er zum Umkreis von Bertolt Brecht und des Berliner Ensembles und erlernte dort vor allem einen nicht-alltäglichen, dialektischen Umgang mit Bildern aller Art, insbesondere mit Fotos. Daraus entwickelte sich eine spezifische Begabung: alle Möglichkeiten von Tricks und der Kombination von Fotos und deren adäquate Umsetzung im Film. Voigt arbeitete einige Jahre beim DDR-Fernsehen und dann im Studio H&S (Walter Heynowski und Gerhard Scheumann). „Wenn ein besonderer Einsatz von Fotos und Bildern gefordert wurde, dann holte man mich, weil man wußte, daß ich das kann.“ (Peter Voigt). So gelang es ihm, eigene Filme zu produzieren. Sie zeichnen sich durch eine besondere, filmgerechte Kunstfertigkeit aus: ungewöhnliche Zuschnitte und Formate seltener Fotos, ihre phantasievolle Zueinander-Ordnung, dazu besondere Schrift-Gestaltungen für Zwischentitel und Kapitelüberschriften, essayistische Kommentartexte, ein exquisiter Musikeinsatz. Allein aufgrund ihrer ruhig-bedächtigen Erzählweise unterscheiden sich alle seine Filme schon formal erheblich vom Gros der Dokumentarfilme.

In der Themenwahl verfolgte Peter Voigt eine variantenreiche, oft verblüffende, insgesamt ungewöhnliche Verquickung von Biografischem und Zeithistorischem: mit Kriegsende und unmittelbarer Nachkriegszeit verortete er plastische Erinnerungen an seine eigenen Erlebnisse als Heranwachsender in seiner Nachbarschaft und ordnete sie zu übergreifenden historischen Zusammenhängen. Privates wurde so auf eigenwillige Weise zum Politischen, Individuelles zum Allgemeinen, die eigene Erinnerung zum Beispiel. Diese nicht alltäglichen Sichten, die zu DDR-Auffassungen nebenherliefen, machten Reiz und Besonderheit der Filme von Peter Voigt aus. Insofern blieb er ein Außenseiter. Seine resolute Art der Filmarbeit auf hohem Niveau konnte er nach der Wende fortsetzen. Alle Filme Voigts fordern ständig den aufmerksamen Zuschauer als wachen Partner, der mit einem besonderen Bild-Erlebnis und damit einem Genuss eigener Art belohnt wird. (Günter Agde)

Die von der DEFA-Stiftung unterstützte Werkschau wurde von Günter Agde kuratiert. Sie schließt an dessen Präsentation der Brecht-Filme von Peter Voigt an, die im Februar 2017 im Rahmen der Reihe Filmdokument zu sehen waren.

Rückblick