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Ein ungewöhnlicher Film, der seine Existenz der weitreichenden Verbreitung von Mobiltelefonen mit Video-Funktion verdankt. Mit einem solchen filmte der irische Tourist Terry Diamond von dem obersten Deck eines Kreuzfahrtschiffes ein in Seenot geratenes Schlauchboot mit 13 Geflüchteten an Bord. Den dreieinhalb-minütigen Clip stellte er unter dem simplen Titel refugees auf Youtube, wo ihn der deutsche Regisseur Philip Scheffner entdeckte. Scheffners Dokumentarfilm Havarie zeigt auf der Bildebene ausschließlich das in einer einzigen ungeschnittenen Sequenz gefilmte Handy-Video, radikal verlangsamt auf einen Frame pro Sekunde und so auf Vollfilm-Länge gedehnt. Das Schlauchboot ist dabei meistens nur als ein schemenhafter Fleck in der Meeresweite zu sehen; das reduzierte Tempo verstärkt den gespenstischen Vibe der Originalaufzeichnung.

Über die Tonspur wird die Momentaufnahme kontextualisiert: Zu hören sind der reale Funkverkehr zwischen der spanischen Küstenwache und dem Kreuzfahrtschiff sowie O-Töne von fünf Menschen, deren Geschichten mit dem Gezeigten verbunden sind und die in ihren Erzählungen unterschiedliche Perspektiven auf das Geschehen entwickeln. (chl)